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Das Feuer das am Nächsten liegt

Das Feuer das am Nächsten liegt

Titel: Das Feuer das am Nächsten liegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cherry Wilder
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fremde Wesen stand, wobei es den Blick fest auf mich richtete, langsam auf und nahm eine sonderbare Haltung ein. Seine kleinen weißlichen Hände streckte es von seinem Körper geöffnet aus. Das besagte mir wenig, aber freiwillig legte ich meinen Stab und das in meinem Gürtel steckende Messer hin. Ich verschränkte meine Hände auf der Brust, um anzudeuten: „keine Waffen“.
    Ich starrte vor mich hin und erstattete in meinem Geist Tsorl-U-Tsorl bereits Bericht. Was ich vor mir sah, war ein Wesen von ungefähr der gleichen Größe wie ein Moruianer, aber mit anderen Proportionen, mit abweichenden Körperformen, mit einem sonderbaren Pack Muskeln und Knochen. Um einen Kopf kleiner als ich selbst, schlank, aber ausgewogen. Es stand in schweren Stiefeln aus irgendeiner unbekannten Legierung mit Metallschnallen vom Spann bis zur Spitze da. Es trug eine enge, braune, halblange Hose und eine weite grünlichbraune aus festgewobenem Stoff angefertigte Tunika, mit dicken Säumen und merkwürdigen viereckigen Taschen.
    Ein schlanker Hals und ein runder Kopf unter dem Kinderhaar. Plötzlich sprach das Wesen. Es hob die Hand, legte sie auf seine Brust und stieß zwei Laute aus. Die Stimme klang so fremdartig, daß ich anfangs die Laute nicht verstand. Eine nicht tiefe, aber wohlklingende und melodische Stimme; aber der Laut einer Menschenstimme ist schrille Melodie. Zwei wiederholte Laute, ein zweiklängiges Wort?
    „Ka-rin …“
    Ich verstand nichts. Ich stand entgeistert da, dann raffte ich meinen ganzen Mut zusammen, streckte die Hände zum Zeichen einer ersten Begrüßung aus und senkte höflich den Kopf. Das erfreute das Wesen, es lächelte unverkennbar und zeigte dabei seine weißen Zähne. Es nickte mit seinem flachshaarigen Kopf, streckte die Hände aus und verbeugte sich.
    Es wiederholte das Wort „Ka-rin!“ Es zeigte auf mich, und ich wich einen Schritt zurück.
    Ich sagte: „Ta van!“
    Das ist ein formeller Gruß: „Guter Wind!“ Das fremde Wesen versuchte den Laut nachzuahmen, aber es gelang ihm kaum, und zum ersten Mal lächelten wir uns an und lachten zusammen.
    Das fremde Wesen bewegte sich langsam und holte aus einer seiner Taschen eine kleine graue Schachtel. Es sprach in die Schachtel, und zu meiner Verblüffung erklang eine antwortende Stimme aus der Schachtel. Einen Augenblick befiel mich Panik, aber dann fiel mir der Stimmen-Draht ein. Sicherlich war es etwas ähnliches, wenn auch drahtlos. Das Gespräch dauerte nur kurz, und ich dachte, daß mein fremdes Wesen die gackernde Stimme mitten in einem erregten Satz abschaltete.
    Dann wandte es sich von mir ab und machte ein paar Schritte auf der Tsatroy-Straße, wobei es mir unmißverständlich einen Wink gab: ich sollte ihm folgen. Ich blieb erst nachdenklich stehen, dann folgte ich ihm in gehörigem Abstand. Ich hob mein Messer auf, ließ aber den Rotholzstab auf dem Weg liegen. Ich überlegte mir, daß wenig Gefahr bestehen könnte, wenn die Fremden alle so klein und wohlgesinnt waren.

 
Erster Kontakt
     
    Wir schritten forsch aus, und ich sah, daß die Bäume einer weiten Lichtung wichen, dem Kai der Tsatroys. Jetzt glich er einem von hohen Gräsern und spitzenhaften Blätterranken bewachsenen Feld. Der Anblick der Lichtung, der Überreste des Pflasters und der Mauern der Tsatroys, des abgeschlossenen Hafens von Tsabeggan hätte fremdartig wirken können, aber die Fremden hatten den Ort traumartig umgewandelt.
    Gras kreuzte die Pfade; überall tüpfelten weiße und rote und gelbe Flecken die Grasflächen. Die Bäume und Ranken waren mit Papier zusammengebunden worden; durchsichtige Kuppeln, Ballons jeder Größe wölbten sich neben den Pfaden. An einer Stelle war das Gras gemäht worden, und dort stand ein Zelt. Es war rund und perlmutterblau; seine Plane setzte sich aus Dreiecken zusammen. Seine Größe, die eines beachtlichen Hauses in Tsagul, ließ mich zur Seite treten.
    Ich beobachtete, wie mein fremdes Wesen die Lichtung betrat, ich begriff die Bedeutung der Pfade: alle Fremden scheuten es, über Gras zu gehen. Alles, was auf Torin wuchs, war kostbar. Wenn sie es gekonnt hätten, wären sie über den Boden geschwebt, um keinen einzigen unbekannten Grasbüschel niederzutreten. Mein fremdes Wesen ging auf Zehenspitzen den Pfad entlang, und ich folgte sehr behutsam.
    Rechts und links sah ich in bunte Netze gebündelte Grashalme. Darunter befanden sich Sprößlinge, Blumen, vielleicht Insektenfamilien. Unter einem großen Netz hauste ein Paar

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