Das Feuer Kabals
Eindrücke.
Mehmoods Neugier war geweckt. Er schlich ins Gebäude, folgte den Spuren und stellte nebenbei fest, dass hier eine Menge Material und Gegenstände gelagert worden waren. Hohe Regale säumten die Wände doch fast alle waren leer. An einer Stelle, wo die Fußspuren verrieten, dass sich die Person, der er folgte, eine Weile aufgehalten haben musste, untersuchte er das Regal genauer. Hier hatte etwas gelegen, das er nach den Umrissen im Staub für eine Armbrust hielt.
Ich muss mich vorsehen.
Er zog seinen Dolch und folgte schleichend den Fußspuren. Sie schienen keiner spezifischen Richtung zu folgen, sondern führten mal in die eine, dann wieder in die andere Richtung. Wer auch immer hier eingedrungen war, hatte den Ort ebenfalls untersucht. In einem großen Raum voller eigentümlicher Tische mit gläsernen Scheiben darauf hielt er inne. Er ging in die Knie und einen Moment später hörte er ein Geräusch. Es war ein Knacken und Bersten, dann das Splittern von Glas. Vorsichtig lugte er um eine Ecke.
Nichts zu sehen.
Gebückt schlich er von einem Tisch zum nächsten, nutzte jede Deckung aus und lauschte immer wieder. Es war jetzt still und er verfluchte das kleinste Geräusch, dass seine Bewegungen machten. Dann hörte er eine Stimme, die leise vor sich hinmurmelte. Die Sprache war hart und unmelodisch.
Die Hochsprache der Frostreiche!
Mehmood schlich angespannt weiter und blieb wie angewurzelt hocken, als sein Blick auf eine dürre Gestalt fiel, die eine Art Karte in der Hand hielt, und konzentriert darauf blickte. Er sah lange in das Gesicht und versuchte das Rauschen seines Blutes in den Ohren zu ignorieren. Doch sein Herz pochte. Er steckte den Dolch fort und erhob sich langsam. Sie hatte ihn noch nicht bemerkt und Mehmood sah, dass die Armbrust auf einem Tisch in seiner Nähe lag. Er würde also keinem Bolzen zum Opfer fallen, wenn er sie erschrecken sollte.
»Julana?«
Die dürre Gestalt wirbelte mit einem Aufschrei herum. In einer anderen Sprache drang ein Singsang von ihren Lippen und leuchtende Kugelblitze formten sich in ihren Händen. Sie wirkte zu Tode erschrocken und streckte die Arme von sich, bereit Mehmood mit der Gewalt des Luftelementes zu vernichten. Er hob die Hände beschwichtigend und ließ sich auf die Knie fallen.
»Julana! Bitte! Hör mir zu!«
Sie sah ihn verblüfft an, als er auf die Knie ging. Mit ihrem kahlen Schädel und den eingefallenen Wangen machte sie einen zerbrechlichen Eindruck. Sie wirkte aber kräftiger und gesünder, als das Bild, das Mehmood von ihr gewonnen hatte, als er sich im Tempel Idrak in ihre Gestalt verwandelt hatte.
Sie erkennt dich nicht, du Schwachkopf! Rede!
Er wechselte in die Hochsprache der Frostreiche. »Warte, Julana! Ich weiß, du kennst mich nicht, doch ich kenne dich! Wir waren beide beim Thronsaal der Sidaji. Du bist gestürzt und hast dich verletzt!«
Julana ließ einen der Kugelblitze vergehen und griff wie in Erinnerung an eine Stelle auf ihrer Stirn, wo die Haut rosig wirkte. »Wer bist du?«
»Mein Name ist Mehmood. Ich bin … war Serals Torwächter. Nun bin ich der Herr des Schwarzen Labyrinths, auch wenn ich es noch nie gesehen habe.«
Julana legte die Stirn in Falten. »Du gehörst zum Orden des Brennenden Blutes?«
Mehmood schluckte und versuchte nicht auf die Blitze zu achten, die gierig aus Julanas rechter Hand nach Tischen und und anderen Gegenständen in ihrer Nähe leckten. Das beißende Geräusch ihrer Entladungen machte ihn äußerst nervös. »Kannst du den nicht wieder wegnehmen, ich knie hier vor dir …«
Julana betrachtete Mehmood mit einem eigentümlichen Blick und zögerte. Sie beobachtete ihn.
»Bitte?«
Endlich ließ sie den letzten Kugelblitz in ihrer Faust verschwinden und Mehmood atmete auf. Er wollte aufstehen.
»Bleib, wo du bist!«
Mehmood ignorierte seine würdelose Stellung auf dem Boden und zog eine Grimasse. »Wenn es sein muss. Hör zu! Ich weiß, das klingt jetzt komisch, aber ich kenne dich. Ich weiß, dass du dich nicht freiwillig ins Reich der Sidaji begeben hast.«
Julana verengte ihre Augen zu gefährlichen Schlitzen. »Wie kannst du auch nur im Geringsten eine Ahnung davon haben, wer ich bin?«
Mehmood zögerte. »Ich … habe deine Gestalt angenommen, um die Königin des Frostturms auszuspionieren, als du bewusstlos warst.«
Julana musterte ihn verständnislos, als ob irgendetwas an seinem Körper seine Worte erläutern half. »Wovon redest du da?«
Mehmood konzentrierte sich.
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