Das Filmbett
... Komm heim, Husar«, sagte sie und öffnete ihre Knie. Sie zupfte mit spitzen Fingern an den krönenden Haarlocken ihres rotblonden Heidschnuckenpelzchens. »Schau mal, wer da ist«, sagte sie, neigte den Kopf ihrem Schoß zu und teilte mit der einen Hand ihre rosigen Schamlippen. »Kannst du di noch erinnern, du Nimmersatt?« Mit dem anderen Arm hob sie ihren Busen höher, so daß die Brustspitzen mit ihren braunen Aureolen vorwitzig über ihren Unterarm linsten.
»Busen ist - bittä - voller worn, aber das wird den Herrn Rittmeister net stör'n, weil ist besser als Kopfkissen, wenn Mann ist mide. Aber das Fotzerl ist womeglich noch bremsiger als in holder Jugendzeit, weil Gier kommt mit Alter, oder, wie zweideitlicher Franzos' sagt: ›La Petite vient en mangeant.‹ No, was meint's denn, die Kleine?« Sie neigte horchend den Kopf. Dann nickte sie bestätigend. »Wenn gefellig, mechte der Herr Rittmeister seinem dicken Hosenstallburschen befehlen, er soll recht bald wieder bei ihr hineinschauen.« Sie lachte verschmitzt und beugte sich einladend zurück.
Und während Cremedosen, Parfümflaschen und Schminkstifte durcheinanderpurzelten, empfing den Ungetümen wiederum die sanfte und wollüstige böhmisch-mährische Hügelkette ihres Leibes, nahm ihn die fruchtbare, dunkelfeuchte Ackerfurche auf, ließen Hitzegewitter die slawische Muttererde erbeben. Und noch einmal erlebte Bela in dem republikanischen Grau Wiens den Charme der österreichischen Kaiserstadt, in der sich solange das königliche Böhmen und Ungarn mit ihren lebensbejahenden Qualitäten durchdrungen hatten - Viribus unitis, wie es die zerbrochene Habsburger Staatsdevise einst verhieß: Mit vereinten Kräften!
Es ging auch wieder ohne die »akrobatischen Kunststickel«, wie Ludmilla nachher, vor Befriedigung schmatzend, selig konstatierte und mit ihrem Fotzerl einverständlich beschloß: »Gell, den Herrn Rittmeister nehmen wir ins Repertoir!«
Sie wurden ein gutes Gespann, denn es ist nicht wahr, daß die Herren Offiziere der kaiserlichen Armee nichts anderes gelernt hatten als zu schießen, zu reiten, zu kommandieren und den Walzer links herum zu tanzen.
Sie hatten genug gelernt in den Stehparterren von Lubljana und Zagreb, auf den Sperrsitzen von Przemyl und Leitmeritz, hinter den Kulissen von Brno und Praha, in den Damengarderoben von Pola, Abbazia und Ragusa, in den Kaffeehäusern von Buda, Ofen und Pest. Sie hatten die Pußtaoperette in Budweis und Pilsen, das Wiener Singspiel in Slavisch-Brod und Bratislawa ins Blut bekommen, die Lustspieltechnik der Boulevardstücke in Mährisch-Ostrau, Znaim und Iglau, die der Cabaretsketche im Orpheum in Leoben, im Colosseum in Linz, im Mirabell in Salzburg gelernt, sie kannten die dramaturgischen Tricks von Feydeau und Birabeau, wie die von Schönthan und Kadelburg, Bus-Fekete und Molnar Ferencz -und sie wurden Drehbuchautoren. Sie kannten die ältesten Herrenwitze und Volkssänger-Scherze - und wurden Gagmen. Sie verstanden alles von Schlagern und Liedern, die man zum Tanztee spielte. Sie konnten notfalls einen Geiger am Klavier und einen Pianisten mit der Geige begleiten.
Die Gezas und Belas, die Ferneczs, Ödöns und die Istvans, sie blieben keine Gigolos. Die kleinen Gardeoffiziere - sie waren angeblich alle vitéz, d. h. vom tapferen Militäradel Ungarns -, traten rasch an zur großen Attacke auf die Vergnügungszentren der westlichen Welt. Sie wurden Produzenten, Produktionsleiter, Chefs der Scriptdepartements, obwohl sie die Sprache ihres Gastlandes kaum beherrschten, oder, wie unser Bela, Filmregisseur.
Und wie so oft in der Geschichte: die Besiegten wurden Sieger. Sie unterwarfen sich Sievering und den Rosenhügel in Wien, die Ufa in Tempelhof und Neubabelsberg, Geiselgasteig in München, sie eroberten Gaumont und Pathe in Paris, in London wurde einer von ihnen sogar zum Sir Alexander geadelt und als Retter des britischen Films gefeiert. Sie nahmen vom Broadway Besitz und okkupierten nicht zuletzt Hollywood, so daß bedrängte Amerikaner chauvinistische Transparente an die Studiomauern aufhängten: »Ungarisch allein genügt nicht!« -
Infolge Fleiß, leichtem Lebenssinn und musischer Begabung wurden sie die besten Erzähler jener süßen Trivialmärchen, die das neue Medium Film bevorzugte und für die die Sachertorte nicht nur ein einprägsames und wohlschmeckendes Symbol war, sondern in ihrer glänzenden Schwärze mit der Filmrolle auch ihre äußere Gestalt teilte.
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