Das Filmbett
man ohnehin in kürzester Zeit verschlissen. Und zahlen tun die Brüder auch nicht richtig. Da kam dann der Moment, wo ich einsah, daß ich hier für jede beschissene Gage in Naturalien blechen mußte. Da konnte ich ja gleich auf den Strich gehen, ohne mir zehn Stunden im Atelier die Füße vertreten oder in der Garderobe herumsitzen zu müssen. Aber Callgirl der Superklasse wollte ich nicht werden - das war nicht drin - ist ja auch zu gefährlich, was man da in den Zeitungen liest, von Morden und so. Die Jet-setterei war sogar mir auf die Dauer zu doof - die ewige Jagd von einem kalten Büffet zum anderen gleichen kalten Büffet und immer dieselben Leute, kein bißchen Abwechslung. Saint Tropez, Sylt, Kitzbühel, Gstaad - immer dieselbe schnieke Bar, die gerade »in« ist... der ganze Betrieb kann mir gestohlen werden. Und nur um in die Klatschspalte zu kommen, gab ich die meinige nicht her, wenn sie verstehen, was ich meine ... Machen Sie kein so grimmiges Gesicht, Doktor, macht schließlich Spaß, zwischendurch mal richtig ordinär zu werden ... Naja, um es kurz zu machen, da heiratete ich eben. Prächtige Partie natürlich - Liebe: Nebensache. Ziemlich langweilig so 'ne Ehe. Aus Langeweile kriegte ich dann ein Baby. War wohl zu faul gewesen, die Pille zu nehmen - vielleicht wollt' ich das Kind auch. Oder mein Mann überraschte mich mit einem plötzlichen Anfall später Leidenschaft. Aber ehelich is das Gör, ehrlich, das schwöre ich Ihnen. Ein Wonneproppen von einem Mädelchen. Ganz die Mama, wie man so sagt. Dann kam die Scheidung - kein Problem ... Großartige Abfindung ... da fehlt nichts - Ihr Honorar kann ich immer noch zahlen, Doktorchen, ehrlich, ich kann Sie mir leisten, hihihi. Und jetzt kommt der Moment, wo der Frosch ins Wasser springt. Doktor, jetzt passen Sie auf!
Dat Gör - sieben ist sie - will unbedingt Schauspielerin werden. In der Schule spielt sie schon Theater und ich soll sie partout zum Tevau bringen. Der Racker läßt und läßt mir ums Verrecken keine Ruhe. Der is von der Mattscheibe nicht wegzubringen. Und ins Kino muß ich ihn auch führen ...
Also, unter uns, ich könnt' schon was für das Kind tun ... Hab' da einen höheren Fernsehfritzen ganz zufällig kennen gelernt, 'nen richtigen Tevau-Holofernes ... verheiratet natürlich ... aber das macht ja nichts ... Der ist sehr nett ... würde mir sicher gern einen Gefallen tun ... nö, Bedingungen hat er keine gestellt. Zu vornehm dazu. Aber man sieht es ihm an, wonach ihm der Sinn steht ... Aber das Tollste ist, ich hätte tatsächlich Lust dazu. Das war doch vielleicht eine Aufgabe ... Ich tät's natürlich nur für meine Tochter. Könnt ja sein, sie wird vielleicht was Besseres als ich und wirklich eine große Schauspielerin ... weiß man's? Is ja verdammt schwer, das Showbusineß und wenn ich ihr damit den Einstand erleichtere ... Was meinen Sie, Doktor? ... Und der Mann ist tatsächlich sehr nett... Und ich hab' mich doch gut gehalten, oder? Ich seh doch noch ganz gut aus, oder? Wat meinen Sie, Doktor ... bin ich erblich belastet ...?
Das Double
Für Hildegard und Robert Lotz
Einer sagte in eine Denkpause hinein: »Wenn ich vor diesem Kitsch hock', denk traurig ich an Hitchcock.« Aber er hatte mit seinem müden Schüttelreim keinen rechten Erfolg. Wie viele Drehbuchkonferenzen begann auch diese in Albernheiten auszuufern.
»Was haben Sie gegen Zufall«, verteidigte sich einer der beiden Autoren mit dem Rücken gegen die Wand.
»Der Zufall in der Dramaturgie spielt dieselbe Rolle wie das, was Biologen unter Kanalisation des Zufalls verstehen. Ohne zufällige Fügung keine Dramatik.«
»Auf die Glaubwürdigkeit des Zufalls kommt es an, je glaubwürdiger ein Zufall ist, um so weniger wirkt er als Zufall, sondern als Glied einer Kausalkette«, sagte ein anderer, »man vergißt den Spieltrieb der Natur.«
Die Luft im Salon war zum Schneiden, das Eis in der Wasserkaraffe längst geschmolzen, die Aschenbecher voll von stinkenden Kippen, der Whisky ausgetrunken, die leeren Perrierflaschen (ich bevorzuge Vichy) standen unregelmäßig auf dem Konferenztisch, wie geschlagene Schachfiguren. Der eine der Herren mußte schnell mal raus, der andere kurz telefonieren, dem dritten machte die Bandscheibe zu schaffen. Ich hatte von dieser Filmstory einer deutsch-französischen Co-produktion die Nase voll: die übliche Widerstandsgeschichte mit bösen SS-Schergen und blonden edlen normannischen Schränken als Parzifale in Wehrmachtsuniform.
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