Das Filmbett
Ehefrauen.
Swantje ging bei ihren Operationen nach Grundsätzen vor, die sie ihrer Erfahrung verdankte. Die durchaus wichtigen niederen Chargen wurden mit der Kumpelmethode absolviert. Dies bedeutete, die sexuelle Contrahage kameradschaftlich, ganz nebenbei, als Abfallprodukt freundschaftlicher Herzlichkeit und burschikoser Sympathie herunterzuspielen, als besage sie weiter nichts. Sie blähte das männliche Selbstwertgefühl nicht übermäßig auf, hielt es auf Sparflamme, ohne es zu ersticken, und das Scharmützel war leichthin wieder abzubrechen, wenn es seinen praktischen Zweck erfüllt hatte. Für die postpubertären jungen Redakteure und Abteilungsleiter in bedrängter Seelenlage empfahl sich die Pflegeschwestermethode: das verständnisvolle Eingehen auf ihre sexuellen Verklemmungen und Potenzschwierigkeiten, die mitleidenden Versuche, sie hingebungsvoll zu beheben, die aber nicht dazu führen durften, daß die männlichen Minderwertigkeitskomplexe endgültig abreagiert wurden. Denn sie boten später die besten Ansatzpunkte für den erwünschten Rückzug der Betroffenen von der kämpfenden Front auf vorbereitete Stellungen in der häuslichen Etappe. Gleich gewissenlosen Ärzten reicher Patienten mußte man vorgeben, das Übel zu heilen, während man es klug existent erhielt.
Bei den Herren der oberen Dienstränge war die Barfrauenmethode am Platz. Das Schlachtfeld für sie waren Luxusrestaurants mit empfohlener Haute Cuisine und ledergebundenen Speisekarten im Format von Telefonbüchern. Als Kampfuniform eigneten sich hochgeschlitzte Abendkleider mit tiefen Dekolletes. Während der exquisiten Speisenfolge, die der Herr natürlich auf Geschäftsspesen buchte, kam es darauf an, durch geschicktes Hinlenken der Konversation auf die intimen Lebens- und Berufsumstände sich unversehens in die Situation einer Beichtfrau zu versetzen und die Seelsorge eines havarierten Männerherzens zu übernehmen. Etwaige sexuelle Erwartungshaltungen fielen dann in kürzester Zeit zu heulendem Elend über ein verkorkstes Dasein zusammen. Gelegentlich ergaben sich aus dem zwanghaften Beichtbegehren der berufsgestreßten Funk-Funktionäre Informationen und Eingeständnisse, die sich trefflich dazu eigneten, einen leichten Druck - beileibe keine Erpressungen - auszuüben.
Die Hohe-Frau-Methode wandte man hingegen am besten bei Inhabern der Chefetagen an, jenen Herren, die Hof hielten und Hof machten, galant, aber mit der heimlichen Angst, man würde ihrem diskreten Drängen nachgeben. Diese Masche bediente sich der Stilformen des weiblich intendierten Minnezeitalters. Sie reizten durch distanzierte Haltung und verständnisinnig lockende Hinhaltung. Man äußerte die Verachtung der wertfreien kommunen Sexualität, pries die Seelenfreundschaft, übte würdige Verweigerung, die schmeichelte statt zu verletzen, und speiste das hungrige männliche Selbstgefühl mit erotischen Desserts von leckeren Petitessen ab. Übrig blieb blasses Erstaunen über die innere Qualität einer öffentlich sich so fragwürdig gebenden Persönlichkeit.
Über allen diesen Praktiken stand aber eine Präambel, die Swantje einem klugen Talententdecker der Showbranche verdankte und die bei ihr Grundgesetzcharakter hatte: »Mee-chen, sei nich blöd, schlaf mit wem du willst, aber nie mit dem obersten Chef, dem, der die ganze Macht hat. Det is verlorene Liebesmüh, der kann dich irgendwann mal durchdrücken, dir 'ne Chance geben. Aber wenn det dann nicht gleich hinhaut, biste verloren. Wech vom Fenster. Der is nämlich selber sehr gefährdet und kann dir 'n zweetesmal nicht helfen. Dann fällt er nämlich selber uff die Neese, exponiert wie er is. Dann beginnen die vielen Kleenen stärker und stärker gegen ihn zu asten, zu mauern und sticke zu meutern. Und du guckst in'n Eimer. Denk an Goebbels. Er hat et ooch nicht geschafft mit seiner Lida Baarowa. Oder an Hearst mit seine viele Dollars -eene Marion Davies brachte er nicht hoch. Und Skouras von der 2oth-Century Fox hatte Angst vor den Banken und seiner griechischen Mischpoche. Nimm dir den Zweeten - nie den ersten. Dem Zweeten tut man gern immer wieder eenen Gefallen, weil er selbst mal gefällig sein kann. Mit dem Zweeten machst du Karriere, die setzen sich ein, riskieren auch wat, wenn die an dein Einjemachtes wolln. Beim Obersten bist du höchstens maitresse en tître - und er bumst dich, ohne dir 'ne Karriere zu bieten. Tja, die Ohnmacht der Allmächtigen. Denk dran, was der Göttervater im Ring für ein
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