Das Filmbett
nicht allzu füllige Schenkel mit einem erregenden Schenkelschluß, einen flachen, sanft gewölbten Bauch, der sich in einem freundlichen Bogen dem Delta zuneigte: einem Venusberg, der, wie ein zynischer Liebhaber behauptete, dem Idiotenhügel von Kitzbühel ähnelte und der in einem Unterholz von schwarzen Schamhaaren auslief. Die schlanke Taille, die sich nach oben wie ein Kelch öffnete, die beiden makellosen Halbkugeln von Brüsten, die wie zwei Kastanien glänzten, die lange genug in den Hosentaschen von Straßenjungen poliert worden waren: zwei Wunderwerke göttlicher Drechslerhände, deren spitze Brustknospen wie ein accent d'aigue auf ihre vollendete Rundung gesetzt waren. Über schönen Schultern der hübsche Kopf mit der Fülle herabfallender Haarwellen, die die Vorstellung von krausem Afrolook in den Bereich der Fabel verwies. Ein Gesicht, das man als schön bezeichnen konnte, wenn es nicht durch die nachdenklichen Augen, die blitzschnell spöttische Keckheit und Humor zu zeigen verstanden, ein charaktervolles Antlitz hätte genannt werden müssen.
Abgesehen von dem Reiz ihrer körperlichen Erscheinung, dem Zauber ihrer schamlosen Naivität oder naiven Schamlosigkeit war es der spontane Wechsel von Melancholie und munterer, schalkhafter Gewitztheit, von animalischer Gelassenheit und heiterem, lebenslustigem Temperament, der ihre Persönlichkeit so eindrucksvoll widersprüchlich prägte.
Dem Taufregister nach hieß sie Armande Desire Donadieu Marie Galante, weil sie auf einer dieser zauberhaften Antilleninseln »unter dem Winde« geboren worden war (was sie später auch witzig im Doppelsinne zu betonen pflegte), aber in einem Slumdorf westlich von Cap Hatien, an der Straße nach Gormier, aufgewachsen war, wohin ihre Eltern nach ihrer Geburt aus welchen Gründen auch immer auswanderten.
Hier, im starrenden Schmutz - aber nach haitianischer Art in stets sauberen, reinweißen Kleidchen groß geworden, eignete sie sich und ihrer Schönheit ganz die kapriziöse französische Negritude der Karibikinsel an, die so sehr im Gegensatz zu der spaniolischen Würde der Kubanerin steht und in der das Lachen mit einem schönen Mund voll schneeweißer Zähne die eingeborene Neigung zur Fröhlichkeit zeigt, die Lust am unproblematischen Leben - auch wenn »la vie« meist alles andere als »belle« ist.
Diese haitianische Heiterkeit, die die Menschen stärker beherrscht als alle blutigen Diktaturen, Besetzungen, Ausbeutungen und Korruptionen, die so ansteckend wirkt, als sei die karibische Luft der Insel statt mit Sauerstoff mit Lachgas durchtränkt, diese Heiterkeit, verbunden mit der appetitlichen Sauberkeit, die in diesem dreckstarrenden Ambiente immer wie ein Wunder anmutet, denunziert Begriffe wie »stinkender Nigger« zu Auswüchsen eines schmutzigen Rassismus.
Gegen die aseptischen, sterilen Gepflogenheiten antibiotischer amerikanischer Körperhygiene, die Amerikanerinnen oft als desinfizierte Kleiderpuppen erscheinen läßt, ist die Sauberkeit der Haitianerinnen eine erdhafte, lebensvolle Reinlichkeit.
Dies war zu betonen, wenn die nachfolgend erzählten Seltsamkeiten richtig verstanden werden sollen.
Marie Galante hatte - wie es in diesen geographischen Breiten am Wendekreis des Krebses naturgemäß ist - von früher Jugend an einen gesunden sexuellen Appetit. Sie war nicht wählerisch, aber keinesfalls wahllos. Man darf nicht vergessen, daß das Familiengefüge auf Haiti maternalistisch ist, daß es keine Form des südromanischen Machismo gibt und daß die haitianische Sittenordnung sich - unabhängig davon, daß man der christlichen Religion angehörte - nicht nach dem paternalistischen katholischen Südenbegriff in Dingen der Sexualität ausrichtet, sondern noch immer nach dem Naturrecht archaischer Muttergesellschaften.
Der »Kleine Tod« wurde also fröhlich gestorben und das »Avant« und »Apres« lachend betrieben, ohne Kampf und ohne Brunst, mit der Schamlosigkeit der Unschuld, alle Vorgänge des Lebens waren wie Essen und Trinken und Lieben. Stoffwechselprozesse freudige Ereignisse ohne »Pfui« und »Fi donc«, selbstverständlich wie Flut und Ebbe, Hitze und Regen, Morgen und Abend. Die Prostitution geschah ohne Raffgier, eben aus Armut, die orale Einverleibung wurde zum graziösen Spiel.
Diesem herrlichen Paradies ist zwar der Hunger, aber nicht die Schlange bekannt.
Marie Galante bevorzugte in ihren sexuellen Neigungen die gewisse, wohl aus französischen Kolonialüberlieferungen herrührende
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