Das Filmbett
Trophäe eines ihrer Ansicht nach völlig sinnlosen Zweikampfes fühlte sie sich zutiefst verunsichert. Um so mehr, als es sich nicht um Liebe, sondern nur um doofe Männereitelkeit zu handeln schien.
Prompt machte sie den entscheidenden Fehler. Sie heiratete den Sieger, den großen Zampano der Sendeanstalt, wobei sie der Ansicht blieb, daß dem Unterlegenen eine erotische Marschallplanhilfe zugebilligt werden müsse.
Als ihr Freunde zu bedenken gaben, ob es richtig sei, in eine öffentlich rechtliche Anstalt einzuheiraten - zumal nach ihrem bisherigen Lebensablauf -, meinte sie gereizt, sie habe nie etwas gegen recht öffentliche Anstalten gehabt, ihre Eindrücke von dem internen Betrieb des Hauses würden sich von ihren Vorstellungen eines Bordells nicht wesentlich unterscheiden und schließlich sei auch ein Eroscenter nichts grundsätzlich anderes als ein Informationscenter - nur wäre letzteres weniger ehrlich. Hauptsächlich läge aber der Grund ihres Entschlusses in dem ewigen Wunsch jeder Hure, eine ehrbare Ehefrau zu werden; ihr sturmgebeuteltes Lebensschiffchen sollte nun doch langsam in einem Bootshafen vor Anker gehen. Jetzt, solange sie noch eine Luxusjacht sei. Als alter Musikdampfer würde sie außer Dienst gestellt und fiele der Versteigerung mit anschließender Verschrottung anheim.
Trotz allen verzweifelten Ratschlägen ihrer Manager und
Plattenproduzenten gab sie das Singen auf, bemühte sich nicht mehr um Engagements, Konzerttourneen oder - für alle überraschend - um Sendungen oder Personality-Shows. Sie wurde, wie viele Huren, eine gute Ehefrau und machte im Zeitalter der Dienstleistungsmisere als Haussklavin wie als Dame des Hauses eine gute Figur, auch wenn eine Aureole der Fragwürdigkeit sie umschwebte und ein süffisantes Geraune bei der Konversation ihrer Partygäste nie verstummte. Das einfache Sensorium ihres Gemütes nahm das nicht wahr. Und auch der hahnenhafte Besitzerstolz des Ehemannes registrierte nichts dergleichen.
Als der einstige Krieger und spätere Funktionär überraschend schnell starb - nicht an einem managergerechten Herzinfarkt, sondern wie boshafte Zungen behaupteten am Vitaminüberfluß W (Whisky) -, gab es eine Katastrophe. Plötzlich kam das unter den Teppich Gekehrte zum Vorschein: die Finanzierung des Luxusbungalows und anderes stellten sich als dankbare Gefälligkeitsbeweise von Lobbies, Interessenten und Auftragsfirmen heraus, und einige Wochenmagazine sprachen von einem Abgrund von Korruption.
Das Ende ist rasch erzählt. Swantje, so jäh aus der Gesellschaft ausgeschlossen, wie sie aufgenommen worden war, benützte alles, was sie wieder erworben hatte, um die größten Schulden abzudecken.
Als sie wieder singen wollte, mußte sie erfahren, daß sie nicht mehr »in« war. Nach einiger Zeit nahm sie einen Pornofilm an, spielte dann auch in einem Film der wieder einmal »Neuen deutschen Welle« eine kleine Rolle, in der es hauptsächlich auf ihren Busen ankam. Dann lebte sie einige Jahre mit einem erfolgreich pleitegegangenen Baulöwen zusammen an der Cöte d'argent, der sich nicht mehr in die Bundesrepublik wagen durfte und sie schließlich wegen einer Bauchtänzerin aus dem Sudan sitzen ließ. Anschließend machte sie einige Werbespots, in denen sie eine Bundesbürgerin spielte, die über die Waschkraft eines Reinigungsmittels so entzückt sein mußte, als hätte ihr Herr Schmidt das Bundesverdienstkreuz persönlich überreicht, und wurde schließlich Mannequin in einem Discountladen für Damenkonfektion der reiferen Jahre und der Übergrößen.
Damit war sie auf der anderen Seite der Erfolgsleiter wieder dort angekommen, wo sie einst gestartet war.
Sie zog sich zuletzt in eine kleine Apartmentwohnung zurück, in der sie sich zum Zeitvertreib dem Nähen von Sofakissen hingab.
Beruflich war sie nur noch halbtags tätig. Dann, wenn spezifische Liebhaber sich auf Annoncen meldeten, in denen sie mit der Chiffre »M + S« ihre Vertrautheit mit bestimmten Geräten und Requisiten inseriert hatte. Sie zeigte sich den Herren dann in einer strammsitzenden Lederuniform, die immer noch verriet, welch schönen Körper sie gehabt haben mußte. Diese Spezialisierung war schließlich - wie sie meinte - die bequemste Art, das zu sein, was zu sein sie schon immer von sich behauptet hatte.
Die Petomanin
Sie hatte viele Namen. Ihre Hautfarbe war mahagonibraun. Sie verfügte über eine meisterlich modellierte, zierliche Figur, schlanke, elegante Beine, gerundete, aber
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