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Das Filmbett

Das Filmbett

Titel: Das Filmbett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthologie
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andere als ein neureicher Parvenu, und deshalb denke ich sie mir lieber als munteres, immer lachendes Freudenmädchen in dem Fackellicht verwinkelter Bordellgassen auf der benachbarten Schildkröteninsel unter wilden Bukaniern, einäugigen Freibeutern mit der Totenkopfflagge am Mast ihrer Fregatte, unter französischen Corsaren, den verkrüppelten Veteranen gestrandeter Expeditionsheere, goldhungrigen Schatzsuchern und ausgemergelten Aventuriers ...
    Staunenswerter als die selbstverständliche Anmut ihrer Haltung, der natürliche Flair des Sichgebens, war ihr Takt und Feingefühl, die Fähigkeit, sich guter Gesellschaft anzupassen. Ohne angemaßte Arroganz und hurenhafte Präpotenz, mit nachtwandlerischer Sicherheit verstand sie es, sich fremden Verhaltensformen einzufügen, ohne dabei ihre eigene Wesenheit, die eines schönen Tieres, einzubüßen.
    In der Feudalgesellschaft Haitis, in den Familienclans bewegte sie sich - wie später im Jet-set des amerikanischen Way of life oder in der Jeunesse d'orée von St. Tropezso natürlich in den jeweils geltenden gesellschaftlichen Normen, wie die Töchter wohlhabender kreolischer Familien, die das Savoir vivre in französischen oder schweizer Mädcheninternaten gelernt hatten.
    An den damals noch höchst Sekreten Sexparties, die das heutige permissive Sexualleben inzwischen offiziell toleriert, beteiligte sie sich eher gleichgültig als begeistert und entzog sich den immer obligater werdenden Minette-Orgien, ohne daß sie deswegen bei den depravierten Teilnehmern dieser Gruppenvergnügungen Unwillen erregte. Denn man wußte, daß sie bei den sensationellen Vorführungen, die stets der Höhepunkt solcher Veranstaltungen waren, mit Darbietungen brillieren würde, die ihr, wenn auch im sekreten Bereich, mehr Ruhm verschafft hatten, als ihre gewiß vorzügliche Tanzkunst. Die erste der beiden spektakulären Attraktionen - so behauptete sie glaubwürdig - habe sie am Anfang ihrer Karriere auf jener Barke im Hafen des Cap von einer afrikanischen Hure gelernt, ein Kunststück, das weniger abgeklappert war wie die berüchtigte »piece de quat'sous«, diese Paradenummer der einstigen Nobelbordelle zur Zeit des alternden Prince of Wales, dem nachmaligen Eduard VII., oder des genußfreudigen Lebe- und Geschäftsmannes Leopold II. von Belgien - bei der eine Pensionärin des Hauses routiniert ein Frankenstück mit ihren Schamlippen vom Tisch schnappte.
    Unsere Marie Galante pflegte vor solchen Gelegenheiten ein größere Menge aromatischer Flüssigkeit einzunehmen (die der Ausscheidung Geschmack und Geruch entzog). Ihrer Körperbeherrschung waren in der folgenden Seance keine Grenzen gesetzt. In angedeuteter Hockstellung manipulierte sie nur mit Mittel- und Zeigefinger beider Hände so geschickt an ihrem »Bijou«, daß sich aus ihr kunstvolle Wasserspiele ergossen, die besonders im Gegenlicht höchst wirkungsvoll wurden. Fächer glitzernder Perlen, sprühende Brausen, Gestäube wie aus Spraydosen, stoßweise kurze oder lange Ergüsse in rhythmischem Wechsel. Sie konnte wie eine Lichtorgel eine Musik illustrieren, die »Schöne blaue Donau« zum Beispiel oder »Sur le Pont d'Avignon«, für die Amerikaner »Stars and Stripes«. Waren Deutsche anwesend, gab sie »Am Brunnen vor dem Tore« noch als Draufgabe.
    Und alle diese Vorführungen waren nicht vulgär und nicht nur für spezialisierte Liebhaber des Genres erregend und reizvoll. Dieser Attraktion verdankte sie den Spitznamen »La reine du Pipi«, »Miss Piss«, »La Grande Pisseuse« oder auch sachlich nur »Die Wasserorgel«.
    Konnte ihr schon diese artige artistische Piece in der Unterhaltungs- und Lebewelt Erfolg verbürgen, so erhärtete ein weiteres, noch delikateres Spektakel ihre geheime Berühmtheit.
    Souverän in der Herrschaft über ihre Körperorgane und Muskelfunktionen war sie in der Lage - nach vorheriger Präparation - Winde zu entfesseln, von milden Zephiren bis zu Luftstößen, die brennende Kerzen auslöschten, die aber auch das Geschlecht impotenter Greise umfächelten und dort unerwartete aphrodisiakische Wirkungen hervorriefen, ohne dabei fatale Nebenwirkungen auf den Gehör- oder Geruchssinn hervorzurufen. Mit dieser Technik konnte sie eine Art von erotischer Massage bewerkstelligen, um die sie die Meisterinnen in den einschlägigen Massageinstituten in Saigon sicher beneidet hätten. Sie funktionierte so schlicht und präzis wie das Ventil einer Dampfmaschine, wenn es der Maschinist betätigte. Und alles

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