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Das Finale

Das Finale

Titel: Das Finale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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der
Druck der Untersuchungshaft, der nicht zuletzt durch die Mithäftlinge ausgeübt
wurde, Richter irgendwann weich werden ließ.
    In jedem Gefängnis
gab es eine Hierarchie, die die Häftlinge untereinander ausmachten.
Kinderschänder und ehemalige Polizeibeamte standen auf der untersten Sprosse.
Da half auch Richters möglicherweise herausragende Position in der Organisation
nichts. Vielleicht lag es auch daran, dass in dieser JVA keine Unterstützer für Richter einsaßen. Diesen Gedanken wollte Frauke
verfolgen.
    »Na, Richter? Sie
sehen nicht gut aus. Beißen Ihre Zellengenossen?«
    »Fuck
you.« Richter
zeigte den Mittelfinger. So hatte er sich früher nie ausgedrückt.
    »Es scheint einsam
um Sie zu sein. Haben Sie keinen Supporter hinterm
Stacheldraht? Sie müssen sich nur ein wenig gedulden. Wer aus Ihrer Truppe noch
nicht auf Engesohde liegt«, damit nannte Frauke den Namen des Stadtfriedhofs,
»der wird in einem der Krankenhäuser gesund gepflegt, damit er ebenso wie Sie
die tägliche Vollverpflegung genießen kann. Aber nicht hier in Hannover. Wir
werden Ihre Kumpel gut verteilen. In Wolfenbüttel, in Celle. Und an anderen reizvollen
Plätzen. Es wird keine Unterstützung für Sie geben. Und Simone Bassetti hat
gestanden. Haben Sie ihn schon von Weitem gesehen?«
    Frauke ließ
unerwähnt, dass sie angewiesen hatte, dass sich die beiden nicht begegnen
sollten.
    »Sie sind ein Führer
ohne Volk. Das ist ein schlimmer Zustand.« Frauke legte die Fingerspitze an die
Nase, als hätte sie einen plötzlichen Einfall.
    »Ach, noch etwas.
Mateo Zafferano hat den kürzesten Weg. Wenn er seine Nierentransplantation gut
überstanden hat, wird er in Wolfenbüttel zur Reha nur über die Mauer gereicht.
Sie wissen, dass Ihre Klinik direkt an die dortige JVA grenzt.«
    »Das ist nicht meine Klinik. Und Don Mateo kenne ich auch nicht.«
    Frauke wechselte
einen Blick mit Schwarczer. Sie ließ sich Zeit dabei, damit Richter es
mitbekam. Dann lächelte sie süffisant.
    »Der Aufenthalt
hinter Gittern scheint Sie zu zermürben. Sie haben sehr schnell verlernt, was
man Ihnen beigebracht hat. Richter. Richter.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich
sprach von Mateo Zafferano. Nicht von Don Mateo . So
wird der Pate nur innerhalb der Organisation genannt. Ist das nicht blöde?«
    Richter sprang auf
und wollte zur Tür laufen. »Ich will hier raus«, schrie er.
    »Natürlich. Das ist
ein berechtigter Wunsch«, sagte Frauke amüsiert. »Äußern Sie ihn noch einmal in
zwanzig Jahren. Dann dürfen Sie das Gefängnis verlassen und kommen direkt ins
Pflegeheim, weil der Aufenthalt Sie fertiggemacht hat.« Frauke zeigte ihm
Daumen und Zeigefinger, zwischen denen sie einen Zentimeter Platz gelassen
hatte. »So klein, Richter.«
    »Das ist
Psychoterror, was Sie hier veranstalten«, rief der ehemalige Polizist und
wischte sich den Speichel aus den Mundwinkeln.
    »Psycho ist
wesentlich harmloser als das, was Sie getan haben. Lars von Wedell haben Sie
auf dem Gewissen. Kaltblütig von hinten erschossen. Einen jungen Kollegen, der
Ihnen vertraut hat. Gibt es Widerwärtigeres, als auf diese Weise zu meucheln?
Nicht nur die Zeit hinter diesen Mauern, sondern auch die Art und Weise, wie
Sie sie verbringen werden, wird sehr unangenehm. Sie wissen, dass sich viele
Abhängige unter Ihren Mitbewohnern befinden. Die würden alles dafür geben, um
an Stoff zu kommen. Wie reagieren diese Leute, wenn sie erfahren, dass Sie,
Richter, einer der Bosse eines Drogenkartells sind, der auch im Knast uneingeschränkt
an Stoff kommt, aber nichts abgeben will?«
    Richter trommelte
mit beiden Fäusten auf die Tischplatte. »Ich will hier raus«, schrie er. Mit
wirrem Blick sah er Frauke an. »Und ich werde hier herauskommen. Schneller, als
du glaubst, du Schlampe.«
    Frauke nahm die
Beschimpfung gelassen hin. Sie hatte Richter an den Punkt geführt, an dem sie
ihn haben wollte.
    »Vielleicht sollten
Sie es mit einem guten Anwalt probieren. Wie wäre es mit Dr. Eigelstein?
Oder Dottore Carretta? Ach, den können Sie nicht nehmen. Stimmt. Der vertritt
zwar viele Mitglieder der Gang, aber er rät ihnen stets, ihre Schuld zu
bekennen. Vielleicht manchmal auch ein wenig mehr, um damit von denen
abzulenken, die noch draußen sind. Ich vermute, dass der Advokat diese Taktik
zuvor mit den Bossen bespricht und deren Entscheidung dann hinter die
Gefängnismauern trägt. Das klappt bei Ihnen nicht. Sie sind ja einer der
Bosse.«
    Richter legte sich
über die Tischplatte und

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