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Das finstere Tal - Willmann, T: Das finstere Tal

Das finstere Tal - Willmann, T: Das finstere Tal

Titel: Das finstere Tal - Willmann, T: Das finstere Tal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Willmann
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Schnauzbärtige zuckte mit den Achseln und rollte sich auf den Bauch, um, das Gewehr in einer Hand, zum Rand ihrer Deckung zu robben.
    Auch der Angeschossene hatte versucht, vorwärtszukriechen, aber seine zusehends kraftlos werdenden, eisigen Hände hatten in dem Neuschnee keinen Halt gefunden und sich wund gekrallt bei dem Versuch, in den festgefrorenen Schnee darunter zu dringen. Jede Bewegung ließ den Schmerz in seinem zertrümmerten Bein hochfahren wie eine mit einem Stockschlag gereizte Raubkatze, sodass schwarze Flecken die Welt vor seinen Augen auszulöschen drohten. Auf diese Weise hatte er, immer wieder japsend den Kopf aus dem erstickenden Weiß streckend, kaum einen Meter geschafft.
    Da sah er endlich das Gesicht seines Bruders auftauchen. Vorsichtig blinzelte es um die Ecke des Wagens, bereit, sich in einem Wimpernschlag wieder zurückzuziehen. Aus seinem Mund hechelten Atemwolken. Es beäugte die Lage, dann wagte es sich ein kleines Stück weiter hervor.
    Der Junge blickte zum ersten Mal über seine eigene Schulter, weil ihm diese Reaktion des Bruders Hoffnung gegebenhatte, dass dort etwas anderes auf ihn wartete als der sichere, sofortige Tod.
    Er sah den massigen, aufgeblähten Unterbauch eines Pferdes und vier von sich gestreckte Hufe, die wie die Äste eines gefällten Baums in die Luft stakten und nur hin und wieder kämpfend zuckten, ohne etwas zu finden, gegen das sie sich hätten stemmen können.
    Der Fremde hatte offenbar das Tier zu Boden gezwungen, wo er es mit den Zügeln niederhielt. Und hatte sich so seine eigene Deckung geschaffen, hinter der er nicht minder sicher und unsichtbar lag.
    Dass zumindest das Gewehr des Fremden nicht unmittelbar auf ihn gerichtet war, gab dem aus dem Schutz der Kutsche Kommenden nach einem Blick in die Augen seines Bruders und einem tiefen Durchatmen den Schneid, sich auf den Ellbogen weiter aus der Sicherheit zu robben, die zumindest teilweise niedergedrückte Spur entlang, auf der der Bärtige und er selbst zuvor gekommen waren, sodass er nicht dauernd im Schnee zu versinken drohte.
    Obwohl es ihm den Schnee in Ärmel, Kragen und Hosenbund hineintrieb, dass sein Körper bald wie in Eiswasser badete, schwitzte er, hatte er das Gefühl zu dampfen.
    Hoffnung trat in die stieren Augen seines Bruders, eine Hoffnung, die einer gefährlichen Gier nach Überleben glich, der egal war, ob der Halm, an dem sie sich in die nicht mehr erreichbar geglaubte Sicherheit ziehen konnte, dabei ausgerissen wurde. Mit atemlosem, flehendem Brabbeln feuerte der Jüngere ihn an, reckte ihm eine grapschende Hand entgegen.
    Einen Meter, zwei hatte sich der Ältere aus der Deckung hervorgerobbt. Immer wieder ging sein Blick ängstlich zu dem am Boden liegenden Pferd, und die Furcht engte ihm die Brust, dass er keuchte, als wäre er, den Teufel im Nacken,durchs halbe Tal gerannt. Weit war es nicht mehr bis zu dem Verletzten – und an den Weg zurück verbot er sich zu denken.
    Noch ein Meter war geschafft, es blieb weniger als eine Körperlänge zwischen ihnen. Auch er hatte jetzt, noch sinnlos, seine Hand ausgestreckt, als wolle er sich von einem Schwimmzug noch bis zum Ufer tragen lassen. Als könnte allein diese Geste auf beschwörende Weise den letzten Abstand zwischen ihnen überwinden.
    Da stand der Fremde hinter dem Pferd auf.
    Er tastete sich nicht herauf, er lugte nicht zuerst aus der Hocke hervor. Er stand auf, wie man nach dem Essen vom Tisch aufsteht. Ohne die geringste erkennbare Furcht, sich selbst zum Ziel zu machen. Er legte flüssig, zügig, aber kein bisschen hektisch an, zielte und drückte ab.
    Eine Kugel ließ inmitten der letzten, unüberwindbaren Leere zwischen den beiden Brüdern den Schnee aufstauben.
    Der Jüngere schrie auf, mit kreatürlicher Verzweiflung, und fing an, wie ein Ertrinkender mit den Armen zu fuchteln. Aber da hatte der andere schon – mit einem Blick der erbarmungslosen Entschuldigung, einem Blick, der unendlich bedauernd eingestand, dass keine Blutsbande so stark war wie die Bande an das Blut in den eigenen Adern – den panischen Rückzug angetreten.
    Er krabbelte rückwärts, strampelnd wie ein Käfer im Sand, weil ihm das Umdrehen zu viel Zeit zu brauchen schien, weil er es aber auch nicht ertragen hätte, den Fremden mit dem Gewehr im Anschlag in seinem Rücken zu haben, ohne zu wissen, wann der Schuss kam. Dann lieber sehen, wie Greider hinter dem Pferd stand, das von dem Krachen erschreckt wieherte, seinen Hals im Schnee vor- und

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