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Das finstere Tal - Willmann, T: Das finstere Tal

Das finstere Tal - Willmann, T: Das finstere Tal

Titel: Das finstere Tal - Willmann, T: Das finstere Tal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Willmann
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hinter sich gelassen hatten. Als sie unentdeckt um die drei, vier Hausecken geschlichen waren und – nachdem sie eine ewig lange, bange Weile geklopft hatten, verzweifelnd zwischen der Notwendigkeit einerseits, dies laut genug zu tun, um die Bewohner des Hauses zu wecken, aber andererseits der Angst, es könnte sie dabei auch von den Umliegenden jemand hören – sich dann endlich, endlich die Hintertür aufgetan hatte und sie der Krämer, im Nachthemd und mit schlafumnebelten Augen, erstaunt angestarrt, aber dann doch eingelassen hatte.
    Eindringlich und gleichzeitig auf ihn einflüsternd hatten sie ihn beschworen, Ruhe zu bewahren. Was bei ihm leichter gelang als bei seiner Frau, die – ebenfalls im Nachtgewand, nur mit einem gehäkelten Umhang schicklicher gemacht – die Treppe herabkam und wissen wollte, was denn da los sei, dass man sie so früh am Morgen aus dem Schlaf zu reißen wagte.
    Der Bursche und die junge Frau schilderten nicht zu ausführlich ihre Lage. Und auch wenn das Ladenbesitzer-Ehepaar sich gewiss selbst gut genug zusammenreimen konnte, was das Auftauchen der beiden unter diesen Umständen bedeutete, war es offenbar bereit, seinerseits die Dinge unbenannt zu lassen.
    Die dickliche Frau jedoch hatte auch ohne ausgesprochene Gründe merklich wenig Lust, die Flüchtigen unter ihrem Dach zu beherbergen. Ihr Mann wirkte wenigstens zögerlich und unentschlossen, er strich sich über seinen Schnurrbart, durch sein schütteres Haar und murmelte vor sich hin von Christenpflicht einerseits, von Komplizenschaft in unrechten Dingen andererseits. Sie aber drängte ihn, dem jungen Paar lieber sofort als in wenigen Minuten die Tür zu weisen, und wirkte zornig, dass man sie und ihr Geschäft überhaupt in diese ungute Sache mit hineinzuziehen gewagt hatte.
    Der junge Mann aber kramte seinen Lederbeutel hervor, und ihr Gesichtsausdruck änderte sich. Es müsse kein Dienst reiner Nächstenliebe sein, erklärte er. Da blitzten – in einer Weise, die der jungen Frau weniger gefiel als die abweisende Miene zuvor – die Augen der Ladeninhaberin auf. Wie viel genau einem denn ein Versteck wert sei, erkundigte sie sich. Und in ihrem Hinterkopf schien man sie schon das Geld zählen zu hören.
    Kurz, man einigte sich, und der Ladenbesitzer, der in der Verhandlung wenig zu sagen gehabt hatte, wurde von seinerFrau losgescheucht, im Lagerraum eine Ecke frei zu machen, wo das junge Paar zwischen Wand und Regalen, hinter ein paar Fässern, zwei verborgene Quadratmeter Boden haben sollte. Eine Wolldecke, ein Krug Wasser und ein halber Laib Brot wurden ihnen dazu gereicht, auf eine Weise, als handele es sich um einen Akt erstaunlichster Gastfreundschaft.
    Und dann begann die zermürbende Zeit des Wartens, die fast schlimmer war als die wilde Jagd, bei der man wenigstens nicht zur Untätigkeit verdammt war. Nur am Wandel des Lichts, das durch das schmale Fenster am anderen Ende des Raums einfiel, konnte man überhaupt wahrnehmen, dass die Zeit verging und die Welt sich weiterbewegte. Als das Paar sich in dem Versteck eingerichtet hatte, war bereits die milchige Fahlheit des Vormorgens dem wärmenden Gold des Sonnenaufgangs gewichen. Im Lauf der Stunden hatte sich das vom Licht in die Kammer gezeichnete Rechteck zu seiner gewöhnlichen Tageshelle abgekühlt und war Zentimeter für Zentimeter über Wände und Boden gekrochen.
    Der Mann und die Frau redeten nicht viel, denn Belangloses schien die Situation zu verbieten – und all das andere war zu groß und einschüchternd, als dass sie ihm durch Worte zusätzliche Kraft schenken wollten. Zudem fühlten die beiden sich belauscht und beobachtet. Sie zweifelten jedenfalls daran, dass an jedem anderen Tag ebenso regelmäßige Besorgungsgänge den Ladenbesitzer und seine Frau fast stündlich in die Vorratskammer führten.
    So war dem Paar in seinem Versteck auch jede größere Nähe zueinander peinlich verleidet. Nur so viel nahmen sie sich selbst vor den Augen der Kaufleute heraus, dass sie aneinandergelehnt in ihrer Nische saßen, der Arm des Mannes um die Schulter der Frau gelegt, und dass sich immer wieder ihre Köpfe in Müdigkeit und Trostsuche zueinander neigten. Es trug sie durch die Stunden, dieses kleine Zeichen ihrerLiebe. Nach einer langen Weile flüsterte die Frau ihrem Mann etwas zu, und er nickte, zuckte mit den Schultern. Als das nächste Mal der Ladenbesitzer in die Kammer kam, nahm er ihn beiseite, sprach auf ihn ein, und kurz darauf kam der Krämer mit einem

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