Das Fjordland: Elfenritter 3 - Roman
ab. »Erzähl mir nichts, ich weiß Bescheid. Der Junge war noch keine sechzehn. Ja, er war ein aufbrausender Kerl, der betrunken ein paar Nasen und Zähne eingeschlagen hat. Die falschen Nasen und Zähne. Und ein Fjordländer, der etwas auf sich hält, kann nicht ablehnen, wenn er zu einem Duell gefordert wird. Und wenn er dann noch gegen eine Frau kämpfen soll … Hatte er getrunken?«
Sie sagte nichts. Aber sie wusste, dass er sich Mut angetrunken hatte. Das taten Großmäuler meistens.
»Du hättest diesen tollpatschigen Axtschwinger mit bloßen Händen besiegen können. Der Kampf hat nicht einmal so lange gedauert, wie man braucht, um eine Prise Schnupftabak zu nehmen und sich die Nase zu schnäuzen. Und du willst mir erzählen, wir seien nicht im gleichen Geschäft tätig? Welches andere Wort als Mord gibt es für das, was du getan hast? Versteh mich nicht falsch, ich mache dir keine Vorhaltungen. Ich bin kein moralischer Mann. Moral und Ehrvorstellungen habe ich in Mereskaja begraben, als ihr meine Schwester geholt habt und ihre Tochter. Ihr habt mich zu dem gemacht, was ich bin. Also spiel dich vor mir nicht als ehrenhafte Ritterin auf. Wir arbeiten im gleichen Geschäft. Wenn hier jemand von sich sagen kann, dass er nur die Klinge ist, dann bin ich das wohl. Mir war noch nicht der Gedanke gekommen, Gishild zu töten. Aber Messer müssen ja auch nicht denken, nur schneiden.«
EINE ANDERE SCHLACHT
» … und ich bin zum Orden vom Aschenbaum übergetreten. «
Lilianne sah in die Runde, um die Wirkung ihrer Worte abzuschätzen. Es war erstaunlich, wie vielfältig die Reaktionen waren. Ungläubiges Lächeln, Betroffenheit, ernste Mienen, Zorn. Mehr als dreißig ranghohe Ritter hatte sie um sich versammelt, vom Galeassenkapitän bis zum obersten Verwalter der Hafenspeicher. Es waren gestandene Männer und Frauen. Die meisten kannte sie seit vielen Jahren.
»Hast du keine Ehre mehr?«, fragte Catherine, die Befehlshaberin der Schwarzreiter.
»Ganz im Gegenteil. Ich bin bereit, nicht nur mein Leben, sondern auch meine Ehre für den Orden zu opfern. Solltest du allerdings darauf bestehen, dass ich ehrlos bin, dann bin ich gern bereit, diesen Irrtum mit der Klinge zu klären.« Lilianne hatte sich diese Worte im Voraus gut überlegt. Sie hatte mehr Widerstand und offenen Protest befürchtet. Bei nur zwei oder drei Widersachern konnte sie hoffen, die Angelegenheit durch Duelle zu Ende zu bringen.
»Schwestern! Dies ist nicht die Stunde für eitle Klingentänze. « Bruder Justin, der Verwalter der Lagerhäuser, stützte sich schwer auf den Kartentisch. Sein Holzbein scharrte über den Boden. »Unser ganzer Orden ist zum Preis einer Intrige in Aniscans geworden. Sie erwarten, dass wir uns so verhalten. Dass sich die besten von uns gegenseitig an die Kehle gehen und man alle, die übrig bleiben, durch Waffengewalt oder Erpressung gefügig machen kann. Wollen wir es ihnen wirklich so leicht machen? Was hätte Alvarez getan, wenn er noch unter uns wäre?«
Lilianne seufzte. Das war keine Hilfe. Er hätte den Hafen zum Kampf rüsten lassen.
»Ihr alle wisst, dass ich ein guter Freund des Flottenmeisters war. Wir waren in derselben Lanze …« Die Stimme des Ritters klang brüchig, als er weitersprach. »Ich habe ihn immer verehrt … An diesem Abend bin ich zum ersten Mal froh, dass er nicht mehr unter uns weilt. Dass er all dies nicht erleben muss. Und dass er nicht die falsche Entscheidung treffen kann. Er war ein Draufgänger, ein Weiberheld und ein Kamerad, wie man sich keinen besseren wünschen kann, um an seiner Seite in die Schlacht oder eine Hafenschenke zu ziehen. Aber jetzt glaube ich, dass es Tjureds Wille war, dass er gehen musste. Die Dinge fügen sich in eine größere Ordnung. Unser Orden wird nicht vernichtet sein, solange es Ritter gibt, die den Blutbaum im Herzen tragen. Ganz gleich, welches Banner über unseren Häuptern weht. Aber wenn wir jetzt kämpfen, wenn wir uns den Heptarchen widersetzen, dann wird man uns die Herzen herausschneiden. Und am Ende werden nur noch unsere Feinde übrig sein, um den kommenden Generationen von uns zu berichten. Wenn ihr euren Orden liebt, dann folgt Lilianne. Ich jedenfalls werde es tun!«
»Was ihr vorschlagt, ist ehrlos!«, protestierte Catherine.
»Was tust du, wenn auf dem Schlachtfeld ein Pfeil auf dich abgeschossen wird?« Justin, der immer ein stiller, zurückhaltender Mann gewesen war, hatte jetzt einen Ton angeschlagen, als spräche er mit einem
Weitere Kostenlose Bücher