Das Fjordland: Elfenritter 3 - Roman
nur die Wahrheit sage und im Zweifel schweige. Wie könnte ich für Gishild sprechen, habe ich sie doch nie nackt gesehen.«
»Aber ich sage dir doch, es ist nicht, wie die Schandmäuler sagen.«
»Erek, ich weiß, wie sehr du dein Weib liebst, auch wenn du ihr nicht gestattest, eine gute Königin zu sein. Und ich weiß auch, dass du niemals schlecht von ihr sprechen würdest, selbst wenn du damit deine Tugend beflecktest und Lügen im Munde führtest. So kann ich nur frei von Dingen sprechen, die ich mit eigenen Augen gesehen habe.«
»Dann werde ich in dieser Nacht das königliche Schlafgemach nicht absperren. Komm und sieh selbst, welcher Unfug gesprochen wird.«
»So leicht geht das doch nicht! Glaubst du, ich sei ein schamloser Gesell? Ich kann deine Frau doch nicht in ihrer Nacktheit erkunden, wenn du neben mir stehst. Du solltest einen weiten Ausritt machen, nachdem du das Schlafgemach aufgesperrt hast. Und das Beste wäre, wenn ich jeden zu deinem Weib führte, der schlecht von ihr gesprochen hat. Und sie sollten alles mit ihr tun, was Männer mit Weibern anzustellen vermögen, damit sie wissen, wie sehr sie irrten.«
»Aber was wird Gishild …«
»Ach, mein Freund, hörst du mir denn gar nicht zu? Hast du vergessen, was ich dir über Fleisch und Wein erzählt habe? Wenn die Königin viele Männer hat, wo andere Weiber nur einen haben, dann ist es ganz so, wie es bei Hofe natürlich von sich geht. Ich sagte doch schon, dies ist eine verkehrte Welt, und du wirst niemals fehlgehen, wenn du es genau andersherum anstellst, wie es unter Bauern Brauch ist.«
»Aber wenn sie ein Kind empfängt …«
»So wird es auf jeden Fall königliches Geblüt haben. Es wächst doch in ihrem Leibe. Du musst dir also keine Sorgen um die Blutlinie der königlichen Familie machen.«
Da war Erek Sweinson zutiefst erleichtert, und er dankte seinem guten Freund für dessen Rat und die Mühen, die Lucius wieder einmal auf sich genommen hatte, um ihm die Welt bei Hofe zu erklären. Und so ließ er in dieser Nacht sein Schlafgemach unverschlossen, und er machte einen langen Ausritt. Und so hielt er es fortan in jeder Nacht, außer bei hohen Festtagen, wo er bei seiner Frau lag, so wie er es früher getan hatte. Gishild aber war erfreut, dass sie ungestraft ihren Geliebten, den Elfen, empfangen konnte. Und oft versündigten sie sich schon im königlichen Stall, kaum dass Erek davongeritten war. Unter den Knechten aber wurde es üblich, die steinerne Pferdetränke das Bad der Königin zu heißen, denn dort wusch sie sich, wenn ihr Verlangen sie schon im Stall überkommen hatte.
Natürlich blieb nicht unbemerkt, was bei Hofe geschah, und so sang man in den Gassen schon bald ein munteres Lied über die Königin. Und in dessen Kehrreim hieß es: ›Gishilde, Gishilde, führt ein Strumpfband im Schilde.‹ Dies also ist die Geschichte, wie der König zum Narren wurde.«
ZITIERT NACH: VOM NARREN, DER GLAUBTE,
KÖNIG ZU SEIN – VON DEN ABENTEUERLICHEN
TATEN DES EREK SWEINSON,
DER WIEWOHL NICHT VOM SCHWEIN GEBOREN,
DOCH KEIN MENSCHLICH LEBEN FÜHRTE
SEITE 83 ff.
VERFASST VON:
HENRICUS BLASIUS HYAZINTH VON KORFELSHAUSEN
DER VERLORENE CAPITANO
Der Wind peitschte dem Capitano eisigen Regen ins Gesicht. Es war nicht Liliannes Schuld, dachte Claude de Blies, als er sich gegen das Steuer stemmte. Der alte Luigi war ihm zu Hilfe geeilt und auch Sibelle, die junge Nautikerin. Doch die Windfänger gehorchte nicht mehr ihrem Willen. Die Strömung, vor der Claude dreimal gewarnt worden war, hatte das große Schiff gepackt und trieb es auf die Küste zu.
Vor fünf Tagen hatte das Unglück seinen Anfang genommen. Die sieben Galeassenkapitäne aus der Hafenfestung waren vor Lilianne getreten und hatten Hölzer gezogen.
Claude hatte das kürzeste erwischt. Die anderen waren fortgeschickt worden, und sie hatte ihm eröffnet, was seine Aufgabe sei. Als sie ihre Rede beendet hatte, war ihm klar gewesen, dass er für immer als ein Idiot dastehen würde. Wenn es wenigstens nicht das Schiff des Flottenmeisters gewesen wäre!
Claude hatte mit niemandem reden dürfen. Sein Befehl war unmissverständlich gewesen: Er sollte mit der Windfänger in die schmale Durchfahrt zwischen der Robbeninsel und dem Festland vorstoßen, und zwar bei schlechtem Wetter, wenn sein Schiff unweigerlich zum Spielball der Gezeiten werden würde. Und er hatte diesen mörderischen Befehl befolgt. Tjured musste ihn hassen! Erst das fehlgeschlagene Enterkommando im Hafen
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