Das Fjordland: Elfenritter 3 - Roman
sich auf einer Leiter niedergelassen hatte, die an einem der Regale lehnte. Sie summte leise ein Lied vor sich hin. Er mochte das Volk der Lutin nicht sonderlich. Sie waren Diebe, jedenfalls die meisten von ihnen. Ihm hatte es schon nicht gefallen, sie überhaupt mitzunehmen. »Und, kann sie Akten doppelt so schnell durchsehen wie wir?«
»Du solltest sie nicht beleidigen. Du weißt doch, Lutin haben ein besonderes Talent darin, Dinge zu finden. Sie wird helfen. Sie ist eine Nachfahrin von Ganda Silberhand. Das Zaubern liegt ihr im Blut. Ich müsste jetzt endlich von dir wissen, was genau du hier suchst.«
»Namen. Es heißt, sie schreiben alles über ihre Ritterbrüder
nieder. Ich muss von zwei Frauen und drei Männern wissen, wo sie sich jetzt aufhalten.«
Smirt ließ den Blick durch das Archiv schweifen, und sein Lächeln gefror. Der Raum war mindestens zwanzig Elfenschritt lang und vollgestopft mit Papieren. Obendrein gab es noch eine Treppe, die hinab zu einem zweiten Dokumentenlager führte, das nicht weniger groß war.
Sahandan stieg von der Leiter und kam zu ihnen hinüber. »Ich würde vorschlagen, dass du mir jetzt die Namen nennst.«
Fingayn bedachte die Lutin mit einem finsteren Blick. Er hatte nicht so laut gesprochen, dass sie seine Worte hätte verstehen können. Sie hatte Magie benutzt, um sie zu belauschen. Das war genau das, was er von einer Lutin erwartete. »Veronique de Blais, aus der 37. Lanze der Türme. Sie muss sich hier auf der Halbinsel Valloncour aufhalten. Fangen wir mit ihr an.«
Sahandan sprach ein einziges Wort. Sie sagte es leise, ohne jedoch zu flüstern. Es war ein Wort, bei dessen Klang sich Fingayn die Nackenhaare aufstellten. Ein Wort, das ihm ein Gefühl vermittelte, als würde ihm mit einer Daunenfeder die Wirbelsäule entlanggestrichen. Die stickige, staubgeschwängerte Luft im Archiv veränderte sich. Die unzähligen Papiere raschelten leise, als bewege sie ein sanfter Lufthauch.
Jetzt sprach Sahandan den Namen aus und malte ihn zugleich mit schwungvollen Handbewegungen in die Luft. Ihre Fingerspitze hinterließ eine glühende Linie. Der Schriftzug teilte sich und schrumpfte dabei. Dann teilte er sich wieder. Und noch einmal. Jedes Mal wurden die Buchstaben kleiner, bis nur noch winzige, leuchtende Punkte übrig waren. Sie stoben auseinander und flogen in alle Winkel des Archivs davon.
Smirt und seine Männer duckten sich. Doch Fingayn blieb
ungerührt. Er hatte einst Alathaia zaubern sehen. Er wusste, was ein Wort der Macht anzurichten vermochte.
Eine der in Leder gebundenen Aktensammlungen in den Regalen leuchtete auf. Aus dem Schubkasten eines Schrankes erstrahlte helles Licht.
»Los, Jungs, holt die Papiere zusammen und seht sie durch. Was genau musst du wissen, Fingayn?«
»Veronique de Blais muss auf der Halbinsel Valloncour sein. Vielleicht ist sie sogar in dieser Burg. Ich brauche ihren genauen Aufenthaltsort. Das gilt auch für die übrigen Ritterinnen und Ritter, deren Namen ich der Lutin noch nennen werde.«
Smirt stöhnte leise. »Bei allem Respekt, Elf. Dir ist schon klar, dass es in diesem Ritterorden in den letzten Monden drunter und drüber gegangen ist? Was glaubst du, wie sorgfältig sie da ihre Akten nachtragen? Ich schätze, dass kaum ein Ritter noch an dem Ort ist, an dem er sich vor zwei Monden aufgehalten hat. Und Valloncour wird belagert. Nachrichten werden ihren Weg ebenso wenig auf die Halbinsel finden wie Waffen, Lebensmittel oder Truppenverstärkungen.«
»Lass das meine Sorge sein, Smirt. Ich bin Jäger. Alles, was ich brauche, ist eine Fährte. Ihr zu folgen, ist mein Geschäft. Und glaub mir, ich bin gut darin.«
Der Kobold zupfte an seiner Nasenspitze. »Wir könnten auch gute Geschäfte miteinander machen …«
Ein Blick genügte, um Smirt zum Schweigen zu bringen. Fingayn wusste, dass er nie wieder ein solches Geschäft machen wollte. Es geschah auf Befehl der Königin, und er war davon überzeugt, dass seine Taten für Albenmark von großem Nutzen waren. Aber es fiel ihm schwer. Immer wieder musste er an Alvarez denken. Er hatte den Mann gemocht. Und für Jerome, der selbst auf dem Scheiterhaufen seine Ideale nicht verraten hatte, hatte er Respekt empfunden. Es war
der Wunsch der Königin, dass jeder, dessen Name auf der Liste stand, durch einen Pfeil starb, der seinen Namen trug. Er musste Emerelle vertrauen, dass sie um Dinge wusste, die ihm verborgen geblieben waren, sonst würde er an seiner Aufgabe verzweifeln. Und eins
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