Das Fjordland: Elfenritter 3 - Roman
Kind vorgekommen, das mit einem Holzknüppel in der Hand gegen einen Ritter antrat.
Michelle hatte darauf bestanden, dass er die Beförderung
annahm. Die Schlacht war unrühmlich genug verlaufen. Sie brauchten Helden. Brauchten Erfolgsgeschichten, die sich die Soldaten an ihren Lagerfeuern erzählen konnten.
»Achtung!«
Die Offiziere standen stramm.
Erilgar betrat das Zelt. Michelle und Ignazius begleiteten ihn. »Steht bequem, Kameraden.« Der Ordensmarschall vom Aschenbaum trat an das Modell von Aldarvik, das auf dem Tisch in der Mitte des Zeltes stand.
»Wie wir alle wissen, verbrachte die Königin des Fjordlands einige Jahre an der Ordensschule in Valloncour. Zum ersten Mal stehen wir Heidenheeren gegenüber, die von jemandem geführt werden, der mit den Regeln eines zivilisierten Krieges vertraut ist. Sie ist keine Schlächterin mit einer Axt in der Hand. Sie kämpft mit dem Rapier. Ihr Stil ist elegant, nicht brachial. Ihre Finten und Paraden sind geschickt. Und ihre Stöße tödlich. Sie weiß, wie dringend wir ein Winterquartier brauchen. Deshalb ließ sie alle Häuser in dem Stadtteil verbrennen, den wir erstürmt haben. Sie kennt die Regeln des Krieges. Sie hat sie studiert wie wir alle in dieser Runde. Sie weiß, dass auf ein größeres Gefecht, wenn es nicht darum geht, einem geschlagenen Feind nachzusetzen, zwei Tage der Ruhe notwendig sind, damit ein Heer wieder zu Kräften kommt. Sie wird mit einem Angriff im Morgengrauen rechnen, und ich verspreche euch, sie wird wohl vorbereitet sein.«
Raffael missfiel, wie er von Gishild sprach, obwohl die Wahrheit seiner Worte nicht von der Hand zu weisen war.
»Dieses Mal werden wir die Heiden überraschen. Wir werden unsere Regeln brechen und nicht länger die Gefangenen von Lehrbüchern über den Krieg sein. In dieser Nacht ist Neumond. Unsere Bewegungen werden vor den Feinden verborgen bleiben.« Er machte eine Pause und sah jeden
Einzelnen von ihnen einen Herzschlag lang an. »Brüder und Schwestern. In dieser Nacht wird die Belagerung enden. Wir greifen drei Stunden nach Sonnenuntergang an. Dieses eine Mal ist der Winter unser Verbündeter. Das Eis der Kanäle ist schon jetzt so dick, dass es einen Reiter trägt. Und es wird noch kälter. Die Kanäle werden unsere Einfallstraßen in die Stadt sein. Und der Hafen. Wir werden sie über das Eis hinweg angreifen. Ich wünsche, dass dieser Angriff mit allem Elan vorgetragen wird. Morgen zum Sonnenaufgang soll es für jeden unserer Männer ein warmes Quartier geben. Wir müssen den Feind überraschen, damit es ihm nicht noch einmal gelingt, so verheerende Brände wie vor zwei Tagen zu legen. Wir brauchen die verbleibenden Häuser in gutem Zustand. Sagt euren Männern, bis zum Morgengrauen gehört Aldarvik ihnen. Danach erwarte ich Zucht und Ordnung. Und wer Feuer legt, der wird auf der Stelle durch seine Offiziere gerichtet.«
Raffaels Gedanken überschlugen sich. Das durfte nicht sein! Er wusste, was es hieß, wenn man eine Stadt den Soldaten überließ. »Bruder Großmeister.«
Erilgar sah ihn überrascht an. »Ah, unser junger Held. Was hast du zu sagen?«
»Ist es nicht ritterlicher, wenn wir gnädige Eroberer sind? Wir wollen doch in diesem Land herrschen. Sollten wir seine Bewohner dann nicht vor der Rache unserer Männer schützen? Ich dachte …«
Einige der Offiziere lachten.
»Bruder Raffael, deine Ritterlichkeit ehrt dich, doch warst du jemals bei der Erstürmung einer großen Stadt zugegen? Einer Stadt, die sich verzweifelt gegen ihr Schicksal aufgebäumt hat und die den Belagerern einen hohen Blutzoll abforderte? «
Raffael musste das verneinen.
»Es ist unmöglich, Tausende Soldaten bei Nacht und bei einem Gefecht in unübersichtlichem Gelände im Zaum zu halten. Sobald sie in der Stadt sind, werden sie zu plündern und zu morden beginnen. Keine Macht der Welt kann das verhindern. Es ist also klüger, ihnen gleich ihren Willen zu lassen und darauf zu hoffen, dass es uns gelingt, sie im Morgengrauen wieder zur Ordnung zu rufen.«
Raffael verstand die kalte Logik des Befehlshabers, aber er wollte sich noch nicht geschlagen geben. »Und wenn wir erst zum Morgengrauen angreifen?«
»Genau dann werden die Heiden uns erwarten. Unsere Verluste werden deutlich höher sein, Capitano. Auf welcher Seite stehst du? Willst du Hunderte unserer Männer opfern, um ein paar Heidenweibern die Jungfräulichkeit zu retten?« Erilgar blickte in die Runde. »Noch weitere Fragen?«
Niemand sagte mehr
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