Das Fjordland: Elfenritter 3 - Roman
hervor, um zum dunklen Winterhimmel aufzusteigen. Ihn, der glaubte, schon alles gesehen zu haben, grauste bei dem Anblick.
Er zog sich auf die Pritsche des Schlittens hinauf. Ein Pikenier mit gespaltenem Schädel hing quer über dem Kutschbock. Auf der Pritsche lagen weitere Tote übereinander. Einer der Männer röchelte. Sein Schwager … den schickten ihm die Waldgötter!
Alexjei warf die Toten vom Schlitten. Unter ihnen, auf dem Boden des Schlittens, lag ein Mädchen, dem man ein Rapier in die Brust gestoßen hatte. Vorsichtig nahm er sie und bettete sie in Sigurds Arme. Als Letztes stieß er den Ritter, der Gishild nachgestellt hatte, hinab aufs Eis.
In dieser Nacht wirkten wahrlich die Götter! Alles kam wieder in Ordnung. Der Beschäler der Königin war verreckt. Sein Schwager war schwer verwundet, er, der großspurige Hauptmann der Mandriden, der in der einzigen Nacht, in der er wirklich gebraucht worden war, nicht zur Stelle gewesen war. Als Vilussa erstürmt worden war, hatte er irgendwo in den Wäldern an der Seite seines Königs gekämpft. Nichts hatte er getan, um zu verhindern, dass seine Frau und sein Kind verschleppt wurden. Dass sie in der Gefangenschaft überlebt hatten, war allein sein Verdienst, dachte Alexjei bitter. Seinem Schwager war das Königshaus stets wichtiger als die eigene Familie gewesen. Jetzt ragte der zersplitterte Schaft einer Pike aus der Seite des alten Hauptmanns.
»Verreck mir nicht, mein lieber Schwager. Du hattest doch immer Kräfte wie ein Bär. Halt noch ein bisschen durch.«
Sigurd sah ihn an. Seine Augenlider flatterten. »Ich werd uns ein neues Zugpferd holen. Keine Sorge. Wir kommen von hier fort. Und dann hol ich dir die Königin.«
Alexjei zog eine Pistole aus dem Gürtel und lud sie mit aller
Sorgfalt. Er spannte das Radschloss mit dem Schlüssel. Dann legte er die Waffe unter die Decke, die auf dem Kutschbock lag.
Er schob Sigurd fort vom Kutschbock, zum anderen Ende der Pritsche. Das Blut des Mandriden durchtränkte ihm die Hose. Der Alte röchelte zum Erbarmen. »Reiß dich ein wenig zusammen. Das Schlimmste steht dir noch bevor.« Er zog seinen Dolch, schnitt durch das dicke Leder der Stiefel des Fjordländers und durchtrennte ihm die Sehnen über den Fersen. »Nur damit du mir nicht fortläufst.«
Dann legte er Sigurd wieder das Mädchen in den Arm.
Jetzt brauchte er nur noch ein Pferd. Als das Schießen begonnen hatte, waren einige der Fjordländer von ihren Schlitten und zurück in ihre Stadt geflohen. Alexjei war zuversichtlich, dass er finden würde, was er suchte.
GEFANGEN
Frierend erwachte Luc. Nie in seinem Leben war ihm so kalt gewesen. Er wollte sich aufrichten, doch das Eis hielt ihn fest.
Es war noch immer dunkel. Er hörte Stimmen. Männer gingen mit Laternen und Fackeln über das Eis. Der Ritter begriff, was geschehen war. Man hatte ihn zurückgelassen. Für tot gehalten und zurückgelassen.
Wieder versuchte er sich aufzurichten. Sein Haar war mit Blut durchtränkt und auf dem Eis festgefroren. Er stöhnte,
spannte sich an. Es war unmöglich, frei zu kommen. Er versuchte sich zu erinnern, was geschehen war. Eine Kugel hatte seinen Brustpanzer getroffen. Er war gestürzt und hatte nicht mehr atmen können. Die Feinde waren von allen Seiten auf den Schlitten eingestürmt. Sigurd hatte eine Axt geschwungen und wie ein Berserker gekämpft. Und Tindra … sie hatte dem Mandriden helfen wollen.
Luc schossen Tränen in die Augen. Ein Arkebusier hatte dem Mädchen sein Rapier in den Leib gerammt. Der Atem war in seine Lungen zurückgekehrt; er hatte geschrien, hatte helfen wollen und doch gewusst, dass alles zu spät war. Ein Pikenier hatte ihm den Korb seines Rapiers ins Gesicht geschlagen. Ein Dolchstoß war an seinem Brustpanzer abgeglitten. Er war nach hinten gestürzt und mit schrecklicher Wucht auf die Seitenwand der Pritsche geschlagen. Dann erinnerte er sich an nichts mehr.
Er musste sie wiederfinden!
Mit dem Fuß angelte er nach einem Dolch, der ein Stück entfernt zwischen den Toten auf dem Eis lag. Die Laternen waren jetzt ganz nah. Er sollte vorsichtig sein. Er wusste nur zu gut, was die Leichenfledderer mit verwundeten Feinden machten. Ein schneller Schnitt über die Kehle … Mehr hatte er von ihnen nicht zu erwarten. Er trug gute Stiefel und einen mit Pelz gefütterten Mantel. Sie würden zu ihm kommen.
Er streckte sich. Luc hatte das Gefühl, die Haut müsse ihm samt Haaren vom Kopf abreißen. Endlich berührte seine
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