Das Fjordland: Elfenritter 3 - Roman
beschlagnahmen lassen. Die schönsten Stücke habe ich nach Aniscans gebracht. Alle anderen waren hier.«
Gilles hatte eine Hand unter seinen Mantel geschoben. Seine Lippen waren zusammengekniffen. Tiefe Falten umgaben sie in einem Strahlenkranz. Zusätzlich zu seinen Leibschmerzen litt er an einem entzündeten Zahn. Honoré hatte ihm Dutzende Male versprochen, all diese Leiden zu lindern. »Ich werde mich also erniedrigen müssen und Tarquinon darum bitten, dass er mir die Schätze überstellt, die man hier gestohlen hat. Nur ist Tarquinon irgendwo in Fargon und sammelt wie die anderen Heptarchen Truppen, um nach Gonthabu überzusetzen. Und diese Schätze sind weiß der Henker wo. Es werden Wochen vergehen, bis sie hierhergebracht werden. Wochen, die ich nicht habe.«
»Wenn wir ins Fjordland reisen … Das Land steckt voller heidnischer Kultstätten. Auch dort könnten wir die Kraft finden!«
»Bist du dir diesmal ganz sicher?«
Honoré zögerte. Es wäre dumm, Gilles etwas vorzumachen. Sein Zorn wäre nur umso größer, wenn er noch einmal enttäuscht würde. »Ich weiß es nicht. Dort ist Magie im Land, das ist gewiss. Aber wir brauchen einen Ort von großer Macht. Einen Albenstern. Nur da kann ich dich wirklich heilen.«
»Und diese Sterne gibt es im Fjordland?«
»Von einem weiß ich ganz sicher. Er liegt nahe der Stadt Firnstayn auf einer Steilklippe.«
Gilles lehnte den Kopf gegen den Sessel zurück. »Weißt du, was mir Linderung verschaffen würde? Ich hätte Lust, dabei zuzusehen, wie du entmannt wirst. Hast du so etwas schon einmal gesehen? Männer verändern sich danach von Grund auf. Sie werden weicher, fügsamer … Bei manchen ändert sich sogar die Stimme. Meistens werden sie auch dicker. Ich wäre sehr neugierig zu beobachten, was mit dir geschieht.«
»Herr, ich bitte dich!«
»Nein, Honoré. Ich glaube, dass ich dir das Gefühl gegeben habe, dass ich dir ausgeliefert bin. Das Gegenteil ist der Fall. Morgen wird unsere Flotte den Rabenturm verlassen. Wir segeln nach Gonthabu. Und morgen Abend werde ich dabei zusehen, wie man etwas von dir abschneidet. Morgen werde ich mich noch mit einem Pfund von deinem Fleisch zufrieden geben. Nächstes Mal wird es mehr sein. Ich werde von nun an jedes Mal etwas von dir abschneiden lassen, wenn du mich enttäuschst. Du kannst dir ja schon einmal ausrechnen, wie viele Irrtümer du dir noch leisten kannst, Honoré. Wenn es nichts mehr abzuschneiden gibt, fangen wir mit der Bootsfolter an.« Der Alte läutete die Handglocke, die auf seinem Schoß lag. Augenblicklich öffnete sich die Tür. Seine Träger und Leibwachen traten ein.
»Herr, bitte. Ich flehe dich an! Ich verliere womöglich meine Kraft, wenn du mich verstümmeln lässt.«
»Dass deine Magie etwas mit deinem Gemächt zu tun haben könnte, halte ich für unwahrscheinlich. Diese Gefahr nehme ich auf mich.«
»Willst du, dass ich dich auf Knien bitte?«
Gilles sah ihn abschätzig an. »Versuch es.«
Der Primarch ballte in hilfloser Wut die ihm verbliebene Faust. Einer der Träger des Alten grinste ihn frech an. Hier in diesem Zimmer hatte er vor einem halben Jahr noch über tausende Ritter und Soldaten geboten. Wie flüchtig war seine Macht gewesen!
»Nun, Honoré? Hältst du es für klug, mich warten zu lassen? «
Der Ritter ahnte, dass nichts, was er tat, Gilles von seinem grausamen Spiel abbringen würde. Wenn er jetzt, in Anwesenheit der Träger und Leibwächter, niederkniete, dann würde die Geschichte bis morgen Abend in aller Munde sein. Das Einzige, was ihm noch geblieben war, war seine ruhmreiche Vergangenheit. Der Kniefall würde auch sie zerstören.
»Ich werde erst morgen Abend wieder für deine Unterhaltung zur Verfügung stehen.«
Gilles klatschte. »Bravo, Ritter. Worte wie in einem Bühnenstück! Damit hast du den großen Abgang in diesem Akt. Wenn ich an morgen denke, habe ich noch eine Frage. Du kennst den Festungshafen ja besser als ich. Gibt es einen erfahrenen Fleischhauer, den du empfehlen könntest?«
DIE ANDERE KÖNIGIN
»Manche sagen, wenn ein Weib ein Kind unter dem Herzen trägt, dann wird es weniger zänkisch. Ich wurde dreimal Vater und kann dies nicht bestätigen. Aber die Frauen meines Volkes haben Zungen wie Messer; bei den Menschenkindern mag dies ja anders sein. Gishild jedenfalls war eine andere geworden, nachdem sie aus Aldarvik zurückkehrte. Vielleicht lag es daran, dass sie alle Schrecken des Krieges nun in ihrem eigenen Lande gesehen hatte. Doch
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