Das Fjordland: Elfenritter 3 - Roman
schneidend. »Hast du vergessen, was sie getan haben?«
»Nein. Er hätte sterben sollen wie seine Gefährten. Er ist ein Verblendeter. Er hat den Tod verdient. Aber er ist kein Verräter. Lassen wir ihn nicht mit dieser Schande leben. Bitte nimm ihn von mir.«
»Die Königin will, dass er lebt! Nimm ihn wieder mit hinab
auf den Grund. Und lausche seinen Träumen. Emerelle will ganz sicher sein, dass es nur sieben sind.«
Uravashi lächelte ihr zu, und Aruna fügte sich. Sie hauchte einen Kuss auf die Lippen des Jungen und schenkte ihm willig ihren Zauber, damit er im Wasser atmen konnte wie sie. Die Apsara tauchte hinab zu den zarten, jahrhundertealten Algensträngen, die sich sanft in der Strömung wiegten. Das Licht der Barinsteine verging schon bald auf dem Weg ins ewige Dunkel am Grund der Grotte.
Arunas Linke griff nach dem Band aus dem Fleisch, das sie an den Jungen fesselte wie eine Mutter an ihr Kind, bevor es seinen ersten Schrei tat. Sie gab ihm ihr Blut. Die Apsara wusste nicht, ob auch sie ihre Träume mit dem jungen Ritter teilte. Manchmal war sie eifersüchtig auf die Königin mit dem rotblonden Haar, die er so tief in seinem Herzen trug und deren Antlitz seine Träume beherrschte.
WIE EIN SOMMERNACHTSTRAUM
»Sie hatte sich verändert, als sie nach Firnstayn zurückkehrte. Mir blieb nicht viel Zeit mit ihr. Jene Tage waren zu geschäftig. Das System von Gräben und Schanzen um die Stadt der Königin wollte vollendet sein. Selbst Trolle und Kentauren halfen nun mit. Sie wussten, dass Firnstayn die letzte Verteidigungslinie vor Albenmark war. Wenn die Stadt fiel, dann wäre für uns Kinder der Alben auch die Welt der Menschen verloren.
Kein Tag verging, an dem Gishild nicht ihre Räte zusammenrief.
Wenn ich zurückdenke, dann habe ich das Gefühl, dass sie ahnte, was da kommen würde, als sei sie mit den Apsaras geschwommen und hätte Fragen gestellt, die einem besser nie über die Lippen kommen sollten, wenn man sein Leben in Frieden führen wollte. Mir schien, Gishild hatte beschlossen, in einem einzigen Sommer mehr zu verändern als ihre Vorgänger auf dem Thron in hundert Jahren. Sie kümmerte sich darum, dass in allen Städten Waisenhäuser und Siechenheime eingerichtet wurden. Sie schrieb eine Rente aus für jeden, der in den Kriegen gegen die Tjuredkirche gekämpft hatte. Ganz gleich, ob es vier Wochen oder vierzig Jahre her war, dass er das Schwert gegen die Feinde des Fjordlands erhoben hatte. Sie forderte ganze Heerscharen von Heilern, Handwerkern, Bauern, Künstlern und Waffenschmieden aus Albenmark an, und Emerelle gewährte ihr fast all ihre Wünsche.
Großzügig schenkte sie jedem Zuflucht, der aus Drusna kam, obwohl sie wusste, dass sie damit auch viele Spitzel der Kirche in ihr Königreich ließ. Auf dem Apfelfest entging sie nur durch Glück einem Giftanschlag. Ein anderes Mal verfehlte sie ein stürzender Baum nur knapp, als sie ein Holzfällerlager bei Sunnenberg besuchte.
Sigurd Swertbrecker, der Hauptmann ihrer Mandriden, erholte sich nur langsam von seinen Verletzungen. Und sie, Gishild, war wohl schuld an manchem grauen Haar auf seinem Haupte, denn sie mochte nicht auf ihn hören, wenn er ihr riet, vorsichtiger zu sein. Tag um Tag mischte sie sich unter das Volk. Sie hatte ein Ohr für jedermanns Sorgen. Und stets war Erek an ihrer Seite.
Es war seltsam, die beiden zu beobachten. Ich weiß, dass gerade unter uns Albenkindern viel über sie geredet wurde und wird. Es sind vor allem jene, die auch gern über Farodin, Nuramon und Noroelle schwätzen, welche sich nun über Gishild das Maul zerreißen.
Jeder sah, dass sich zwischen Gishild und Erek etwas verändert hatte. Auch wenn sie einander in der Öffentlichkeit nie küssten, konnte man doch beobachten, wie er gelegentlich ihre Hand ergriff. Und sie ließ ihn gewähren.
Ich weiß nicht, was in der Grube geschah, in der ihre Feinde sie gefangen hatten, und in den Tagen danach. Was immer es war, es hatte sie tief verändert. Ein Elf, der für seine gefühlsduseligen Gedichte berühmt ist, sagte einmal über sie, in jenen Tagen habe die letzte Königin den Stahl der Kirche abgelegt und ihr Herz geöffnet. Ausnahmsweise ist dies einmal keine versponnene Metapher eines Schönschwätzers. Man sah Gishild tatsächlich nur selten in ihrer Rüstung in jenen Spätsommertagen. Auf ihren Reisen ritt sie in Hemd und Hose. Und sie hatte jene unbarmherzige Härte verloren, mit der sie vorher so viele verschreckt hatte.
Wer aber den
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