Das Fjordland: Elfenritter 3 - Roman
stürzen.
Ollowain sah ihnen verwundert zu. Er mischte nicht mit, aber er störte ihr Treiben auch nicht. Erst als Myrielle sichtlich erschöpft war, endete die Schneeballschlacht. Sie saßen auf und folgten Ollowain, der sie aus dem verschneiten Hügelland, in das sie das magische Tor versetzt hatte, in Richtung eines Waldes führte.
Schwarze Vögel kreisten über ihnen am Himmel. Luc vermutete, dass es Raben oder große Krähen waren. Sie folgten ihnen in den Wald, als sei ihre kleine Reitergruppe wanderndes Aas.
Die Bäume, die sie umgaben, hatten ihr Laub abgeworfen. Statt Blättern raschelten bunte Papierstreifen in den Ästen. Luc hatte unablässig das Gefühl, beobachtet zu werden. Einmal meinte er, Gemüseeintopf zu riechen, und ihm lief das Wasser im Munde zusammen. Doch wer immer es war, der ihnen folgte, er zeigte sich nicht.
Das Hochgefühl der Schneeballschlacht war verflogen.
Myrielle blickte sich ängstlich um. Luc hielt sich dicht an ihrer Seite. Er glaubte zwar nicht wirklich, dass sie in Gefahr war, aber er spürte, dass sie sich besser fühlte, wenn er neben ihr ritt.
Im letzten Dämmerlicht des Winterabends erreichten sie eine Lichtung, in deren Mitte sich ein zerklüfteter Monolith erhob. Der leichte Windhauch, der mit den Papierstreifen in den Ästen spielte, war eingeschlafen. Der Duft von Myrrhe und Weihrauch stand wie gefroren in der Luft. Auch andere Wohlgerüche, die Luc nicht zu benennen vermochte, schmeichelten seiner Nase.
Der Monolith war zerfurcht, als hätten Regen, Schnee und Sturmwinde seit Jahrtausenden seine Oberfläche bearbeitet. Es gab Felsnischen mit verlassenen Vogelnestern und am Sockel eine tiefe Höhlung, in der zwei kleine, bernsteinfarbene Lichter glommen. Dort waren Dutzende Kisten und Töpfe aufgestellt. Manche waren im Laub und Schnee begraben, andere sahen ganz neu aus. Überall steckten Blumen, und Luc fragte sich, wo sie mitten im Winter wohl herkommen mochten.
»Dies ist der Platz, an dem Breitnase verschwunden ist«, erklärte ihm Ollowain. »Viele Albenkinder glauben, dass er eine Höhle im Herzen des Monolithen bewohnt und den Tod besiegt hat.«
Myrielle stieg ab und machte sich an den Satteltaschen des Packpferds zu schaffen. Yulivee eilte ihr zu Hilfe.
Luc sah sich um. »Was sind das für Papiere in den Bäumen? «
»Die Mauslinge haben sie aufgehängt. Viele der alten Eichen sind bewohnt. Jeden Herbst, wenn die Blätter fallen, hängen sie Gedichte ins Geäst, die dem Nordwind schmeicheln. Sie glauben, dass er ein eitler Bursche ist und Bäume nicht entwurzeln wird, die sein Loblied preisen.«
»Und du glaubst das nicht?«
»Wir sind hier frei zu glauben, was wir mögen, Luc. Es ist nicht wie in deiner Welt.«
Ein scharrendes Geräusch ließ ihn herumfahren. Es klang, als würden hundert Schwerter gleichzeitig gezogen. Unter dem Monolithen schob sich etwas hervor: ein riesiger, silberner Lindwurm mit bersteingelben Augen. Er sperrte das Maul auf. Schwarzer Geifer troff von seinen Fangzähnen.
Myrielle trat ihm ohne Angst entgegen. Sie hielt ein kleines Kästchen hoch. Luc kannte es. Er wusste, dass sie darin den Schmuck verwahrte, den ihre Mutter an dem Abend getragen hatte, als sie starb. Er war alles, was ihr von ihren Eltern noch geblieben war.
»Breitnase hat den Lindwurm erschaffen. Er ist ganz aus Silberstahl gefertigt. Nichts Lebendiges ist in ihm«, raunte Ollowain. »Er nimmt Geschenke von denen, die darauf hoffen, dass Breitnase ihnen neue Gliedmaßen erschafft. Er stellt die Gaben einfach vor dem Monolithen ab. Soweit ich weiß, ist noch keines der Geschenke von dort fortgeholt worden. Wie sollte das auch geschehen, wenn der Beschenkte nicht mehr lebt.«
Yulivee gesellte sich zu ihnen. Und sie machte sich nicht die Mühe zu flüstern. »Ich kenne noch eine andere Geschichte über den Lindwurm. Angeblich hat Breitnase ihn für einen Regenwurm erschaffen, auf den er versehentlich einen Hammer fallen ließ, so dass sein halber Leib zerquetscht wurde. Ich glaube eher daran, denn diese Kreatur passt genauso gut zu den Fantasien über größenwahnsinnige Regenwürmer wie zum seltsamen Humor von Mauslingen. Du solltest nicht vergessen, dass die Mauslinge zu den Koboldvölkern gehören. Und diese sind berüchtigt dafür, dass sie Scherze lieben, die alle anderen, freundlich ausgedrückt, befremdlich finden.«
Luc sah die Elfe verwundert an, doch er konnte nicht deutlich genug sehen, um in ihrem Gesicht zu lesen.
»Ich muss dich vor
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