Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
Vom Netzwerk:
einem deutlichen Unterton der Schärfe an, wurde aber dann unterbrochen, weil Roger persönlich auftauchte. Er machte eine blendende Figur in Kilt und Plaid mit grünweißem MacKenzie-Tartan und Jamies Sonntagsrock nebst Weste. Der Rock passte ihm gut - beide Männer waren etwa gleich groß und hatten lange Gliedmaßen und breite Schultern, wenngleich Jamie drei oder vier Zentimeter größer war -, und die graue Wolle stand Roger mit seinem dunklen Haar und seiner Olivenhaut genauso gut wie Jamie mit seinen bronzenen Brauntönen.
    »Du siehst gut aus, Roger«, sagte ich. »Wo hast du dich denn geschnitten?« Sein Gesicht war gerötet und hatte das rohe Aussehen, das frisch rasierter Haut eigen ist, doch ansonsten war es unverletzt.
    Roger trug Jamies Plaid unter dem Arm, ein rotschwarzes Tartanbündel. Er reichte es ihm und bog den Kopf zur Seite, um mir den tiefen Einschnitt direkt unter seinem Unterkiefer zu zeigen.
    »Da. Nicht so schlimm, aber es hat fürchterlich geblutet. Man nennt diese Klingen nicht umsonst Halsabschneider, aye?«
    Der Schnitt war zu einer sauberen, dunklen Linie verkrustet, die etwa acht Zentimeter lang war und vom Ende seines Kieferknochens schräg an seiner Halsseite hinunter verlief. Ich berührte flüchtig die Haut neben dem Schnitt. Es war nicht schlimm; die Klinge des Rasiermessers war senkrecht eingedrungen, es gab keine überstehende Haut, die genäht werden musste. Doch es war kein Wunder, dass es stark geblutet hatte; es sah wirklich so aus, als hätte er versucht, sich die Kehle durchzuschneiden.
    »Bisschen nervös heute Morgen?«, zog ich ihn auf. »Dir kommen doch nicht etwa Zweifel, oder?«
    »Dazu ist es ein bisschen spät«, sagte Brianna trocken, während sie an meine Seite trat. »Hier ist schließlich ein Kind, das einen Namen braucht.«
    »Es wird so viele Namen haben, dass es gar nicht weiß, was es damit anfangen soll«, versicherte ihr Roger. »Und du auch - Mrs. MacKenzie.«
    Ein Hauch von Röte erleuchtete Briannas Gesicht beim Klang dieses Namens, und sie lächelte ihn an. Er beugte sich zu ihr hinüber, küsste sie auf die Stirn und nahm ihr dabei das Baby ab. Ein Ausdruck plötzlichen Erschreckens überzog sein Gesicht, als er das Gewicht des Bündels in seinen Armen spürte, und er starrte es an.
    »Das ist nicht unserer«, sagte Brianna und grinste über seine Verblüffung. »Es ist Joan. Mama hat Jemmy.«
    »Gott sei Dank«, sagte er und trug das Baby sehr viel vorsichtiger. »Ich dachte schon, er hätte sich in Luft aufgelöst oder so etwas.« Er hob die Decke sacht an, legte Joans winziges, schlafendes Gesicht frei und lächelte - wie es die Leute immer taten - beim Anblick ihres komischen braunen Haarschopfes, der spitz zulief wie der Haarknoten einer Engelspuppe.
    »Schön wär’s«, sagte ich und grunzte, als ich den wohlgenährten Jemmy,
der in seiner Decke friedlich eingeschlafen war, in eine bequemere Position hochstemmte. »Ich glaube, er hat auf dem Weg bergauf ein oder zwei Pfund zugenommen.« Die Anstrengung war mir in die Wangen gestiegen, und ich hielt das Baby ein wenig von mir weg, weil mir eine plötzliche Hitzewelle zu Kopfe stieg und mir unter meinen zerzausten Locken der Schweiß ausbrach.
    Jamie nahm mir Jemmy ab und klemmte ihn sich geschickt unter den Arm wie einen Fußball, eine Hand unter dem Kopf des Babys.
    »Dann hast du also mit dem Priester gesprochen?«, sagte er und sah Roger skeptisch an.
    »Das habe ich«, sagte Roger trocken und beantwortete den Blick genauso wie die Frage. »Er ist zu dem Schluss gekommen, dass ich nicht der Antichrist bin. Solange ich willens bin, den Jungen katholisch taufen zu lassen, steht der Hochzeit nichts im Wege.«
    Jamie knurrte als Antwort, und ich unterdrückte ein Lächeln. Jamie hatte zwar keine nennenswerten religiösen Vorurteile - er hatte schon mit viel zu vielen Männern jeden denkbaren Hintergrundes zusammengearbeitet, gekämpft oder sie befehligt -, doch die Enthüllung, dass sein Schwiegersohn Presbyterianer war und keinerlei Absicht hatte zu konvertieren, hatte er nicht schweigend hingenommen.
    Brianna bemerkte meinen Blick, lächelte mich von der Seite an und verzog ihrerseits belustigt die Katzenaugen zu blauen Dreiecken.
    »Sehr klug von dir, das Thema Religion nicht schon früher zu erwähnen«, murmelte ich, wobei ich darauf achtete, nicht so laut zu sprechen, dass Jamie mich hören konnte. Die beiden Männer schritten vor uns her und gingen immer noch sehr steif miteinander um.

Weitere Kostenlose Bücher