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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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abgelassen und sich stattdessen auf seinen Dolch gestürzt, an dessen Knauf er jetzt energisch herumkaute. Jamie legte seine Hand um die Klinge und hielt sie außer Reichweite des Kindes, machte jedoch keine Anstalten, ihm das Messer wegzunehmen.
    »Ich auch«, sagte Jamie mit einem schwachen Lächeln. »Obwohl ich hoffe, dass es nicht so weit kommt.«
    »Ich glaube nicht, dass die Armeen auf beiden Seiten Leute enthauptet haben - oder es werden«, sagte ich. Damit stand natürlich noch eine ganze Reihe anderer, unangenehmer Möglichkeiten offen - doch das wusste Jamie genauso gut wie ich.
    Plötzlich verspürte ich den leidenschaftlichen Wunsch, ihn zu bedrängen, alles aufzugeben, der ganzen Sache den Rücken zuzukehren. Tryon zu sagen, dass er sich sein Land sonst wo hin stecken konnte, den Pächtern zu sagen, dass sie auf sich selbst gestellt waren - Fraser’s Ridge zu verlassen und zu
fliehen. Es zog ein Krieg herauf, doch er brauchte uns nicht zu erfassen; diesmal nicht. Wir konnten nach Süden ziehen, nach Florida oder auf die Westindischen Inseln. Nach Westen, um Zuflucht bei den Cherokee zu suchen. Oder sogar zurück nach Schottland. Die Kolonien würden sich erheben, doch es gab Orte, an die man sich flüchten konnte.
    Er beobachtete mein Gesicht.
    »Das hier«, sagte er mit einer Geste, die Tryon, die Miliz, die Regulatoren als unwichtig abtat, »das ist eine Kleinigkeit, Sassenach, die an und für sich gar nichts bedeuten muss. Aber ich glaube, dass sie der Anfang ist.«
    Jetzt begann das Licht zu schwinden; der Schatten bedeckte seine Füße und Beine, doch die letzten Sonnenstrahlen betonten die Konturen seines Gesichtes. Er hatte einen Blutfleck auf der Stirn, an der Stelle, wo er sie berührt hatte, als er sich bekreuzigt hatte. Ich hätte das Blut abwischen sollen, dachte ich, rührte aber keinen Finger, um es zu tun.
    »Wenn ich diese Männer retten soll - wenn sie meine Gratwanderung mitmachen sollen -, dann müssen sie mir fraglos folgen, Sassenach. Besser, wenn es jetzt beginnt, solange noch nicht so viel auf dem Spiel steht.«
    »Ich weiß«, sagte ich und erschauerte.
    »Ist dir kalt, Sassenach? Hier, nimm den Kleinen und geh nach Hause. Ich komme nach, sobald ich mich angezogen habe.«
    Er reichte mir Jemmy und den Dolch, da die beiden im Augenblick unzertrennlich zu sein schienen, und erhob sich. Er hob seinen Kilt auf und schüttelte ihn aus, doch ich rührte mich nicht. Die Klinge des Messers war warm in meinen Fingern, warm von seiner Hand.
    Er sah mich fragend an, doch ich schüttelte den Kopf.
    »Wir warten auf dich.«
    Er zog sich rasch, aber sorgfältig an. Trotz meiner Ängste musste ich seinen untrüglichen Instinkt bewundern. Nicht sein Kilt für offizielle Anlässe, der karminrot und schwarz gefärbt war, sondern der Jagdkilt. Kein Versuch, die Siedler auf dem Berg mit seinem Reichtum zu beeindrucken, aber dennoch ein ungewöhnliches Kleidungsstück, eines, das den Highlandschotten bewies, dass er einer von ihnen war, und das die Blicke und das Interesse der Deutschen auf sich zog. Das Plaid mit seiner Brosche mit dem Hirschmotiv festgesteckt, Gürtel und Dolchscheide, saubere Wollstrümpfe. Er war still, ganz auf sein Tun konzentriert, und kleidete sich mit einer Ruhe und Präzision an, die beunruhigend an die Einkleidung eines Priesters erinnerte.
    Heute Abend also. Roger und die anderen waren unterwegs, um jene Männer herbeizuholen, die nicht mehr als einen Tagesritt entfernt wohnten; heute Abend würde er sein Kreuz in Flammen setzen und die Ersten seiner Männer an seine Seite rufen - und den Handel mit Whisky besiegeln.
    »Dann hat Brianna ja doch Recht gehabt«, sagte ich, um das Schweigen auf der Lichtung zu brechen. »Sie hat gesagt, du willst vielleicht deine eigene Religion stiften. Als sie das Kreuz gesehen hat, meine ich.«

    Er sah mich verblüfft an, blickte in die Richtung, in der das Haus lag, und verzog dann seinen Mund voll Ironie.
    »So ist es wohl«, sagte er. »Gott steh mir bei.«
    Er nahm Jemmy sanft das Messer ab, wischte es an einer Falte seines Plaids ab und ließ es in die Scheide gleiten. Er war fertig.
    Ich stand auf, um ihm zu folgen. Die Worte, die ich nicht aussprechen konnte - nicht aussprechen wollte -, steckten mir wie ein Knäuel Aale im Hals. Aus Angst, dass eines sich loswinden und mir aus dem Mund gleiten könnte, sagte ich stattdessen: »War es Gott, den du um Hilfe angerufen hast? Als ich dich vorhin beobachtet habe?«
    »Och, nein«,

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