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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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ganz vergessen - der ist für dich.« Für den Augenblick von ihrem widerspenstigen Kind abgelenkt, blickte sie zu Roger auf und nahm jetzt erst wahr, wie mitgenommen seine Erscheinung war. »Pa hat ihn hergebracht, denn du sollst ihn heute Abend anziehen. Du hast übrigens einen dicken Schlammspritzer im Gesicht - bist du vom Pferd gefallen?«
    »Mehrmals.« Er begab sich schwach humpelnd zum Waschtisch. Einer seiner Rockärmel und ein Hosenknie waren mit Schlamm verkrustet, und er rieb sich die Brust, um die trockenen Laubstückchen zu beseitigen, die ihm in den Hemdkragen gerutscht waren.
    »Oh? Du Armer. Sch, sch, sch«, gurrte sie dem Kind zu und wiegte es hin und her. »Hast du dir weh getan?«
    »Ach, nein. Es geht schon.« Er zog den Rock aus, wandte sich von ihr ab und goss Wasser aus dem Krug in die Schüssel. Während er sich kaltes Wasser ins Gesicht spritzte, lauschte er auf Jemmys Quäken und berechnete insgeheim seine Chancen, noch mit Brianna zu schlafen, bevor er am nächsten Morgen aufbrach. Im Anbetracht von Jemmys Zahnbeschwerden und den Plänen seines Großvaters schienen ihm diese gering zu sein, doch man soll ja die Hoffnung bekanntlich nie aufgeben.
    Er trocknete sich das Gesicht mit dem Handtuch ab und sah sich verstohlen nach etwas Essbarem um. Tisch und Herd waren leer, obwohl ein starker, säuerlicher Geruch in der Luft hing.
    »Sauerkraut?«, riet er unter lautem Schnüffeln. »Die Muellers?«
    »Sie haben zwei Fässer mitgebracht«, sagte Brianna und wies in die Ecke, wo ein Steingutgefäß im Dunklen stand. »Das da ist für uns. Hast du unterwegs etwas zu essen bekommen?«
    »Nein.« Sein Magen knurrte laut - offensichtlich wäre er sogar bereit gewesen, sich mit kaltem Sauerkraut zufrieden zu geben, wenn sonst nichts zu haben war. Wahrscheinlich würde es ja oben am Haupthaus etwas zu essen geben. Durch diesen Gedanken aufgemuntert, zog er sich die Hose aus und begann mit der umständlichen Aufgabe, den Tartanstoff so in Falten zu legen, dass er ein Kiltplaid ergab.
    Jemmy hatte sich ein bisschen beruhigt und stieß jetzt nur noch ab und zu ein gequältes Jammern aus, während seine Mutter ihn hin- und herschaukelte.
    »Und was war mit den sagenumwobenen Holländern?«, fragte Brianna, die ihre Aufmerksamkeit jetzt nicht mehr einzig ihren Wiegebewegungen widmen musste.
    »Jamie hat mich nach Nordosten geschickt, um nach einer holländischen Familie zu suchen, von der er gehört hatte, dass sie sich am Boiling Creek niedergelassen hatte. Ich sollte den Männern von der Einberufung der Miliz
erzählen und sie bitten, mich zu begleiten.« Er warf einen stirnrunzelnden Blick auf das Tuch, das auf dem Bett ausgebreitet lag. Er hatte einen solchen Kilt erst zweimal getragen und hatte beide Male Hilfe beim Ankleiden gehabt. »Meinst du, es ist wichtig, dass ich das hier trage?«
    Brianna prustete hinter ihm amüsiert auf.
    » Irgendetwas musst du ja tragen. Du kannst doch nicht im Hemd zum Haus hinauf gehen. Dann konntest du die Holländer also nicht finden?«
    »Nicht einen einzigen Holzschuh.« Er hatte den Bach gefunden, von dem er dachte , dass es der Boiling Creek war, und war meilenweit an seinem Ufer entlanggeritten und dabei ständig überhängenden Ästen, Brombeerranken und Zaubernussdickichten ausgewichen - oder auch nicht -, hatte jedoch keine Spur von einem Lebewesen gefunden, das größer war als der Fuchs, der seinen Pfad gekreuzt hatte und im Gebüsch verschwunden war wie eine plötzlich gelöschte Flamme.
    »Vielleicht sind sie ja fortgezogen. Nach Virginia oder Pennsylvania.« Briannas Tonfall war mitfühlend-und langsam wurde es ja auch Zeit, dachte er. Es war ein langer, furchtbar anstrengender Tag gewesen, an dessen Ende ein Misserfolg gestanden hatte. Kein sehr schrecklicher Misserfolg: »Finde sie, wenn du kannst«, war alles, was Jamie gesagt hatte - und wenn er sie gefunden hätte , hätten sie die paar Fetzen Holländisch, die er in den 1960ern während seiner kurzen Trips nach Amsterdam gelernt hatte, am Ende vielleicht gar nicht verstanden. Oder sie wären trotzdem nicht mitgekommen. Dennoch ärgerte ihn der kleine Misserfolg wie ein Stein in seinem Schuh.
    Er sah Brianna an, die ihn erwartungsvoll angrinste.
    »Na gut«, sagte er. »Lach ruhig, wenn du es nicht lassen kannst.« Das Anlegen eines Kiltplaids war nicht die allerwürdevollste Tätigkeit für einen Mann, denn die wirksamste Methode war, sich auf den in Falten arrangierten Stoff zu legen und sich wie

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