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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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auf.
    »Warum siehst du sie dir denn dann an?«
    »Nur aus Neugier.« Ich deutete auf die Ansammlung von Flaschen und Schälchen auf der Arbeitsfläche. »Ich wollte sehen, wie weit das Mikroskop vergrößert, was für Dinge ich damit erkennen kann.«
    »Oh, aye. Und was dann? Wozu ist das gut, meine ich?«
    »Nun, um mir bei der Diagnose zu helfen. Wenn ich zum Beispiel eine Stuhlprobe eines Patienten nehme und sehen kann, dass er Darmparasiten hat, dann weiß ich besser, welche Arznei ich ihm verabreichen muss.«
    Jamie machte ein Gesicht, als zöge er es vor, unmittelbar nach dem Frühstück nicht von solchen Dingen zu hören, doch er nickte. Er leerte seine Tasse und stellte sie auf die Arbeitsfläche,
    »Aye, das ist vernünftig. Dann lasse ich dich jetzt weitermachen.«
    Er bückte sich und küsste mich, dann ging er zur Tür. Kurz davor drehte er sich jedoch noch einmal um.
    »Die, äh, Spermien«, sagte er etwas umständlich.
    »Ja?«
    »Kannst du sie nicht nach draußen bringen und sie vielleicht anständig beerdigen?«
    Ich lächelte insgeheim in meine Teetasse.
    »Ich werde mich gut um sie kümmern«, versprach ich ihm. »Das tue ich doch schließlich immer, oder nicht?«
     
    Da waren sie ja. Dunkle Stängel mit keulenförmigen Sporen an der Spitze, solide vor dem hell erleuchteten Hintergrund des Sichtfeldes in meinem Mikroskop. Vergewisserung.
    »Hab’ ich euch.« Ich richtete mich auf und rieb mir das Kreuz, während ich den Blick über meine Vorbereitungen wandern ließ.
    Eine Reihe von Objektträgern lag in einem ordentlichen Fächer neben dem Mikroskop ausgebreitet. Jeder von ihnen war in der Mitte mit einer dunklen Substanz beschmiert und an der Kante mit einem Code beschriftet, den ich mit einem Wachsstückchen von einem Kerzenstummel aufgebracht
hatte. Schimmelproben, die von feuchtem Maisbrot stammten, von einem verdorbenen Brötchen und einem weggeworfenen Stück Kruste von der Wildpastete, die es zu Hogmanay gegeben hatte. Die Kruste hatte bei weitem den besten Wuchs produziert, woran zweifellos das Gänseschmalz die Schuld trug.
    Von allen Testsubstraten, die ich ausprobiert hatte, waren es diese drei Schimmelkulturen, die den höchsten Anteil an Penicillium enthalten hatten - zumindest war ich mir ziemlich sicher, dass es Penicillium war. Über die Dutzende verschiedener Penicillium stämme hinaus, gab es eine bedrückend große Anzahl von Schimmelpilzen, die auf feuchtem Brot wuchsen, doch die Sporophyten in den Proben, die ich ausgewählt hatte, sahen den Lehrbuchillustrationen des Penicillium , die ich mir vor Jahren in einem anderen Leben eingeprägt hatte, am ähnlichsten.
    Ich konnte nur hoffen, dass ich mich richtig erinnerte - und dass die mir vorliegenden Schimmelstämme tatsächlich zu jenen Arten zählten, die eine große Menge Penizillin produzierten, dass ich der Fleischbrühemixtur nicht unbeabsichtigt irgendwelche virulenten Bakterien beigefügt hatte, und dass... nun, ich konnte auf vieles hoffen, aber es gab einen Punkt, an dem aus Hoffnung Gottvertrauen wurde und man auf die Gunst des Schicksals baute.
    Eine Reihe mit Brühe gefüllter Schalen stand an der Rückseite meiner Arbeitsfläche, jede mit einem Stück Musselin bedeckt, um zu verhindern, dass etwas hineinfiel - Insekten, Staubpartikel und Mäusekot, von Mäusen ganz zu schweigen. Ich hatte die Brühe gefiltert und abgekocht und dann jede einzelne Schale mit kochendem Wasser ausgespült, bevor ich sie mit der dampfenden, braunen Flüssigkeit füllte. Das war das sterilste Medium, das ich zuwege brachte.
    Dann hatte ich von jeder meiner besten Schimmelproben etwas abgeschabt und das Messer sanft durch die abgekühlte Brühe gezogen, um die weichen, blauen Klümpchen so gut wie möglich zu verteilen, bevor ich die Schale wieder mit ihrem Tuch zudeckte und sie einige Tage zur Inkubation stehen ließ.
    Einige der Kulturen waren gut gediehen, andere waren eingegangen. Ein paar der Schalen wiesen haarige Klumpen auf, die wie abgetauchte Meerestiere dunkel und unheimlich unter der Oberfläche dahintrieben. Irgendein Eindringling - eine Schimmelart, ein Bakterium oder vielleicht eine Algensorte, aber nicht das kostbare Penicillium .
    Ein anonymes Kind hatte eine der Schalen verschüttet; Adso hatte eine weitere zu Boden gestoßen, vom Geruch der Gänsebrühe zum Wahnsinn getrieben, und hatte ihren Inhalt inklusive Schimmel mit allen Anzeichen des Hochgenusses aufgeschleckt. In dieser Schale hatte sich offensichtlich keine

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