Das Flammende Kreuz
dass ich ihnen massive Dosen verabreichte - oder zu wenig, um etwas zu bewirken. Immerhin war ich mir einigermaßen sicher, dass das Penizillin in der Brühe - wie viel es auch sein mochte - im Augenblick aktiv war. Ich hatte keine Möglichkeit, das Antibiotikum zu stabilisieren, und keine Ahnung, wie lange es wirksam bleiben mochte - doch so frisch, wie die Lösung war, musste sie einfach medizinisch aktiv sein, und die Chancen, dass der Rest der Brühe wenigstens die nächsten paar Tage brauchbar blieb, standen nicht schlecht.
Ich würde neue Kulturen ansetzen, sobald die Operation vorüber war; mit etwas Glück konnte ich den Zwillingen das Mittel drei oder vier Tage lang regelmäßig verabreichen und so - mit noch mehr Glück - eine Infektion verhindern.
»Oh, man kann es also auch trinken, aye?« Jamie betrachtete mich zynisch über Josiahs Kopf hinweg. Ich hatte ihm vor einigen Jahren nach einer Schussverletzung Penizillin gespritzt, und offensichtlich war er jetzt der Meinung, dass ich dies aus reinem Sadismus getan hatte.
Ich erwiderte seinen Blick.
»Man kann. Injizierbares Penizillin ist viel effektiver, vor allem im Fall akuter Infektionen. Allerdings habe ich nicht die Mittel, es zu injizieren, und dies soll nur verhindern, dass sie sich eine Infektion zuziehen, es soll keine heilen. Wenn wir dann jetzt fertig sind...«
Ich hatte gedacht, dass Jamie den Patienten fest halten würde, doch Lizzie und Josiah beharrten darauf, dass dies nicht nötig sei; Josiah würde ganz still sitzen, ganz gleich, was geschah. Lizzie umfasste dennoch seine Schultern, ihr Gesicht blasser als das seine, und ihre kleinen Fingerknöchel traten scharf und weiß hervor.
Ich hatte die beiden Jungen tags zuvor ausführlich untersucht, betrachtete sie jedoch auch jetzt noch einmal rasch, bevor ich anfing. Ich behalf mir mit einem Zungenstäbchen aus Eschenholz. Ich zeigte Jamie, wie er es benutzen musste, um die Zunge beiseite gepresst zu halten, dann griff ich zu Zange und Skalpell und holte tief Luft.
Ich blickte Josiah tief in die dunklen Augen und lächelte; ich konnte zwei winzige Spiegelbilder meines Gesichtes darin sehen, und beide trugen einen angenehm kompetenten Ausdruck.
»Kann es losgehen?«, fragte ich.
Er konnte nicht sprechen, da seine Zunge niedergepresst war, doch er
gab ein gutmütiges Grunzen von sich, das ich als Zustimmung interpretierte.
Ich musste schnell sein, und das war ich auch. Die Vorbereitungen hatten Stunden in Anspruch genommen; die Operation selbst dauerte nicht mehr als ein paar Sekunden. Ich ergriff die erste der schwammigen, roten Mandeln mit der Zange, zog sie zu mir hin und machte mehrere kleine, schnelle Schnitte, so dass die Gewebeschichten ordentlich durchtrennt wurden. Ein Blutrinnsal lief dem Jungen aus dem Mund und über das Kinn, doch es war nichts Ernstes.
Ich löste das Gewebeklümpchen, ließ es in die Schüssel fallen und nahm die andere Mandel in die Zange, um den Vorgang dort zu wiederholen, diesmal etwas langsamer, da ich mit der falschen Hand arbeiten musste.
Das Ganze konnte nicht länger als dreißig Sekunden pro Seite gedauert haben. Ich zog die Instrumente aus Josiahs Mund, und er starrte mich erstaunt an. Dann hustete er, würgte, beugte sich vor, und ein weiteres Fleischstückchen landete mit einem leisen Pitsch in der Schüssel, zusammen mit ein wenig hellrotem Blut.
Ich packte ihn bei der Nase und schob seinen Kopf zurück, stopfte ihm Wattebäusche in den Mund, um so viel Blut zu absorbieren, dass ich sehen konnte, was ich tat, dann ergriff ich ein kleines Kautereisen und versorgte die größeren Blutgefäße; die kleineren konnten von selbst verkrusten und heilen.
Seine Augen tränten heftig, und seine Hände hielten die Schüssel in einem Würgegriff umklammert, doch er hatte sich weder bewegt noch ein Geräusch gemacht. Nach allem, was ich gesehen hatte, als Jamie die Brandmarke von seinem Daumen entfernte, hatte ich auch nicht damit gerechnet. Lizzie hatte ihn immer noch an den Schultern gepackt, ihre Augen fest geschlossen. Jamie streckte eine Hand aus und klopfte ihr auf den Ellbogen, und sie riss die Augen auf.
»So, a muirninn , er ist fertig. Nimm ihn mit und bring ihn zu Bett, aye?«
Doch Josiah weigerte sich zu gehen. Stumm wie sein Bruder schüttelte er heftig den Kopf und setzte sich auf einen Hocker, auf dem er schwankend und bleich sitzen blieb. Er grinste seinen Bruder mit blutumrahmten Zähnen Schauder erregend an.
Lizzie stand zögernd
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