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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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zwischen den beiden Brüdern und blickte vom einen zum anderen. Jo fing ihren Blick auf und wies entschlossen auf Keziah, der jetzt mit gespielter Tapferkeit und erhobenem Kinn auf dem Patientenhocker Platz genommen hatte. Sie tätschelte Josiah sanft den Kopf und trat dann unverzüglich zu Keziah, um ihm die Hände auf die Schultern zu legen. Er spähte hinter sich und lächelte sie erstaunlich liebenswert an, dann neigte er den Kopf und küsste ihr die Hand. Schließlich wandte er sich mir zu, schloss die Augen und öffnete den Mund; er sah aus wie ein Jungvogel, der um Würmer bettelt.
    Diese Operation war etwas komplizierter; seine Mandeln und Polypen
waren fürchterlich angeschwollen und durch chronische Infektionen schlimm vernarbt. Es war eine blutige Angelegenheit; sein Handtuch und meine Schürze waren voller Spritzer, als ich schließlich zum Ende kam. Ich kauterisierte die Wunden und warf einen genauen Blick auf meinen Patienten, der so weiß war wie der Schnee draußen und dessen Blick vollkommen glasig geworden war.
    »Alles in Ordnung?«, fragte ich. Er konnte mich nicht hören, aber meine besorgte Miene war deutlich genug. Sein Mund zuckte in einem tapferen Versuch zu lächeln. Er begann zu nicken; dann verdrehten sich seine Augen, und er rutschte vom Hocker und landete mit einem Krach zu meinen Füßen. Jamie fing zielsicher die Schüssel auf.
    Ich fürchtete, dass auch Lizzie womöglich in Ohnmacht fallen würde; alles war voller Blut. Sie torkelte ein wenig, setzte sich aber auf meine Anweisung hin gehorsam neben Josiah. Josiah saß da, schaute zu und drückte Lizzie fest die Hand, während Jamie und ich Ordnung schafften.
    Jamie nahm Keziah in die Arme; der Junge hing schlaff und blutbefleckt da und sah aus wie ein ermordetes Kind. Josiah stand auf, den Blick ängstlich auf den bewusstlosen Körper seines Bruders gerichtet.
    »Keine Sorge«, sagte Jamie im Tonfall absoluter Zuversicht zu ihm. »Ich habe dir doch gesagt, dass meine Frau eine große Heilerin ist.« Daraufhin drehten sie sich alle um und sahen mich lächelnd an: Jamie, Lizzie und Josiah. Ich hatte das Gefühl, mich verbeugen zu müssen, begnügte mich aber damit, ebenfalls zu lächeln.
    »Keine Sorge«, wiederholte ich Jamies Worte. »Geht jetzt und ruht euch aus.«
    Die kleine Prozession verließ das Zimmer sehr viel stiller, als sie gekommen war, und ich blieb zurück, um meine Instrumente zu verstauen und aufzuräumen.
    Ich war sehr glücklich und glühte vor stiller Genugtuung, wie sie einer erfolgreich ausgeführten Arbeit folgt. So etwas hatte ich schon lange nicht mehr gemacht; die Nöte und Einschränkungen des achtzehnten Jahrhunderts ließen nicht viele Operationen zu, es sei denn, sie wurden im Notfall durchgeführt. Ohne Anästhesie und Antibiotika waren nicht lebensnotwendige Operationen einfach zu schwierig und zu gefährlich.
    Doch jetzt hatte ich wenigstens Penizillin. Und es gab keinen Grund zur Sorge, dachte ich und summte beim Löschen der Alkohollampe vor mich hin. Ich hatte es den Jungen angefühlt, als ich sie während der Arbeit berührte. Kein Keim würde sie bedrohen, keine Infektion die Sauberkeit meiner Arbeit beflecken. Die medizinische Praxis war immer auch Glückssache - doch heute war mir das Glück hold gewesen.
    »Und siehe da, es war sehr gut«, zitierte ich an Adso gewandt, der geräuschlos auf der Arbeitsplatte erschienen war, wo er eifrig eine der leeren Schalen ausleckte.

    Das große, schwarze Notizbuch lag aufgeschlagen auf der Arbeitsfläche, wo Jamie es liegen gelassen hatte. Ich blätterte die hinteren Seiten auf, wo ich den Verlauf meiner Experimente protokolliert hatte, und griff nach meinem Federkiel. Später, nach dem Abendessen würde ich die Details der Operation niederschreiben. Für den Augenblick... ich hielt inne und schrieb dann »Heureka!« an den Fuß der Seite.

37
    Die Post ist da
    Alle zwei Monate unternahm Fergus eine Reise nach Cross Creek, und diesmal kehrte er mit Salz, Nadeln, Indigo, diversen anderen Notwendigkeiten und einem Sack voller Post heim. Er traf am frühen Nachmittag ein und hatte es so eilig, zu Marsali zu kommen, dass er nur auf ein schnelles Bier blieb. So konnten Brianna und ich die Pakete durchstöbern und in unserer Beute schwelgen.
    Es war ein dicker Stapel Zeitungen aus Wilmington und New Bern dabei, außerdem ein paar aus Philadelphia und Boston - Freunde aus dem Norden schickten sie Jocasta Cameron, die sie an uns weiterleitete. Ich sah sie rasch

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