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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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dann stolperte er ein Stück weit den Strand hinauf und setzte sich abrupt unter einer krummen Kiefer in den Sand. Sein Gesicht hatte in etwa denselben Farbton wie der tote Wal, schmutziggrau mit weißen Flecken.

    »Sollen wir auf Euch warten, Sir, und Euch zurückrudern?« Duff, dessen Geldbeutel sich jetzt gesund wölbte, beugte sich hilfsbereit über Jamie.
    »Nein«, sagte Jamie. »Nehmt sie mit.« Er wies mit einer kraftlosen Geste auf mich und Roger, dann schloss er die Augen und schluckte krampfhaft. »Was mich angeht, so glaube ich... ich werde einfach... zurückschwimmen.«

101
    Helden und Ungeheuer
    Die kleinen Jungen waren ganz wild darauf, den Wal zu sehen, und zogen ihre widerstrebenden Mütter hinter sich her wie Papierdrachen. Ich kam mit und ließ Jamie am Strand zurück, damit er sich erholen konnte, hielt mich aber in etwas diskreterem Abstand von dem hoch aufragenden Kadaver. Roger nahm Duff beiseite, um sich unter vier Augen mit ihm zu unterhalten, während sich Peter auf dem Boden des Bootes schlafen legte.
    Der Kadaver war gerade erst angespült worden, wenn er auch schon einige Zeit vor seiner Landung tot gewesen sein musste; ein derart beeindruckender Zustand des Zerfalls konnte sich nur über einen Zeitraum von einigen Tagen entwickelt haben. Trotz des Gestankes standen einige der furchtloseren Ausflügler oben auf dem Kadaver und winkten ihren Begleitern am Strand fröhlich zu, und ein mit einem Beil bewaffneter Gentleman war damit beschäftigt, Fleischstücke aus der Flanke des Tiers zu hacken und sie in große Eimer zu werfen. Ich erkannte den Betreiber eines Gasthauses an der Hawthorn Street in ihm wieder und nahm mir vor, besagtes Etablissement von unserer Liste in Frage kommender Speiselokale zu streichen.
    Zahlreiche kleinere Schalentiere, die von Haus aus weniger anspruchsvoll waren, schwärmten emsig auf dem Kadaver herum, und ich sah, dass einige, ebenfalls mit Eimern bewaffnete Leute die größeren Krebse wie reife Früchte pflückten. Außerdem hatten sich auch noch zehn Millionen Sandflöhe dem Zirkus angeschlossen, daher zog ich mich in sichere Entfernung zurück und kratzte mir die Knöchel.
    Ich sah zum Strand zurück und bemerkte, dass Jamie jetzt aufgestanden war und sich der Unterhaltung angeschlossen hatte - Duff machte einen zunehmend unruhigen Eindruck und blickte zwischen dem Wal und seinem Boot hin und her. Es war klar, dass er darauf brannte, sich wieder seinen Geschäften zu widmen, bevor sich die Attraktion in Luft auflöste.
    Schließlich gelang ihm die Flucht, und er huschte mit gehetzter Miene zu seinem Boot zurück. Jamie und Roger kamen zu mir, doch es war klar, dass
die kleinen Jungen noch keine Lust hatten, den Wal zu verlassen. Brianna erklärte sich tapfer bereit, auf sie beide aufzupassen, so dass Marsali auf den Leuchtturm steigen und nachsehen konnte, ob sie die Octopus erspähen konnte.
    »Was habt ihr zu dem armen Mr. Duff gesagt?«, fragte ich Jamie. »Er hat ja ein ziemlich nervöses Gesicht gemacht.«
    »Aye? Dazu gibt es keinen Grund«, sagte er mit einem schmalen Grinsen auf das Wasser, wo Duffs Ruderboot mit Spitzengeschwindigkeit auf den Kai zuhielt. »Ich habe ihm nur eine Möglichkeit verschafft, sich etwas Geld zu verdienen.«
    »Er weiß, wo Lyon ist«, meldete sich Roger zu Wort. Er machte ein besorgtes, aber auch aufgeregtes Gesicht.
    »Und Mr. Lyon weiß, wo Bonnet ist - oder wenn schon nicht genau wo, dann doch zumindest, wie man mit ihm in Verbindung treten kann. Lasst uns etwas höher hinaufsteigen, aye?« Jamie war immer noch blass; er wies mit dem Kinn auf die Treppe des Turms und wischte sich den Schweiß vom Hals.
    Oben auf dem Turm war die Luft zwar frischer, doch ich hatte nur wenig Aufmerksamkeit für den Ausblick auf das Meer.
    »Und so...?«, sagte ich, obwohl ich mir nicht sicher war, ob ich die Antwort hören wollte.
    »Und so habe ich Duff aufgetragen, Mr. Lyon eine Nachricht zu überbringen. Wenn alles funktioniert, treffen wir uns in einer Woche an Wylies Landeplatz mit Mr. Bonnet.«
    Ich schluckte und wurde von einer Welle der Benommenheit überrollt, die nichts mit der Höhe zu tun hatte. Ich schloss die Augen und klammerte mich an das Holzgeländer, das die kleine Plattform umgab, auf der wir standen. Es wehte ein starker Wind, und die Bretter des Turms ächzten und stöhnten und fühlten sich beängstigend instabil an.
    Ich hörte, wie Jamie sein Gewicht verlagerte und sich Roger zuwandte.
    »Er ist ein Mensch,

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