Das Flammende Kreuz
geholt, die ihm helfen sollten, Duncan ins Haus zu tragen. Und da ihn sein gebrochenes Bein sehr schmerzte und er es überdies gewohnt war, die Lösung von Schwierigkeiten dem Butler zu überlassen, hatte er ihm auch den Leutnant überlassen.
»Es war meine Schuld, Mac Dubh, das weiß ich genau«, sagte er mit verkrampftem, bleichem Gesicht. »Ich hätte irgendwelche Anordnungen erteilen sollen, obwohl mir bis heute nicht klar ist, was ich hätte sagen sollen, und ich habe wirklich genug Zeit gehabt, es mir zu überlegen.«
Der Rest der Geschichte, den er sich widerstrebend entlocken ließ, bestand darin, dass Jocasta und Ulysses offenbar die Angelegenheit beredet hatten und zu dem Schluss gekommen waren, dass der Leutnant nicht länger nur ein Ärgernis war, sondern eine regelrechte Bedrohung darstellte. Und da das so war...
»Ulysses hat ihn umgebracht«, sagte Duncan unverblümt, dann hielt er inne, als sei er von neuem entsetzt. Er schluckte und zog ein zutiefst unglückliches Gesicht. »Jo sagt, sie hat es ihm befohlen - und der Himmel weiß, Mac Dubh, dass es ihr zuzutrauen ist. Sie ist keine Frau, die sich auf der Nase herumtanzen lässt, ganz zu schweigen davon, ihre Dienstboten ermorden, sich selbst bedrohen und ihren Mann überfallen zu lassen.«
Ich schloss aus seinem Zögern, dass er immer noch leise Zweifel an Jocastas Beteiligung hegte.
Jamie hatte jedoch begriffen, was seine Hauptsorge war.
»Himmel«, sagte er. »Wenn irgendjemand das herausbekommt, wird Ulysses auf der Stelle gehängt. Ob meine Tante es angeordnet hat oder nicht.«
Jetzt, wo die Wahrheit heraus war, sah Duncan etwas ruhiger aus. Er nickte.
»Aye, so ist es«, pflichtete er Jamie bei. »Ich kann ihn nicht an den Galgen wandern lassen - aber was soll ich wegen des Leutnants unternehmen? Ich muss an die Marine denken, von Sheriffs und Magistraten ganz zu schweigen.« Da hatte er unleugbar Recht. Der Reichtum von River Run hing zu einem großen Teil von den Kontrakten mit der Marine über Holz und Teer ab, und Leutnant Wolff war der Verbindungsoffizier gewesen, der für diese Kontrakte zuständig war. Ich konnte mir vorstellen, dass die Marine Seiner Majestät einen Lieferanten, der den örtlichen Repräsentanten dieser Institution umbrachte, ziemlich schief ansehen würde, ganz gleich, wie seine Entschuldigung lautete. Das Gesetz in Person von Sheriff und Magistraten mochte vielleicht ein Auge zukneifen - aber nicht, was den Täter selbst betraf.
Ein Sklave, der das Blut eines Weißen vergoss, war automatisch des Todes, ganz gleich, ob er provoziert worden war. Es spielte keine Rolle, wie es dazu gekommen war - selbst wenn ein Dutzend Zeugen bestätigten, dass Wolff Duncan angegriffen hatte, würde es für Ulysses keine Rettung geben. Wenn es jemand herausfand. Ich begann die Atmosphäre der Verzweiflung zu verstehen, die über River Run hing; den anderen Sklaven war sehr wohl bewusst, was geschehen konnte.
Jamie rieb sich mit dem Handrücken über das Kinn.
»Äh... wie hat er es denn... ich meine, könnte man denn nicht sagen, dass du es selbst gewesen bist, Duncan? Es war schließlich Notwehr - und mir ist bekannt, dass der Mann mit dem Vorsatz nach River Run gekommen ist, dich zu ermorden, um dann meine Tante mit Gewalt zu ehelichen oder sie zumindest so lange als Geisel zu nehmen, bis sie sich dazu einschüchtern ließ, ihm von dem Gold zu erzählen.«
»Gold?« Duncan machte ein verständnisloses Gesicht. »Aber hier gibt es kein Gold. Ich dachte, das hätten wir letztes Jahr schon klar gestellt.«
»Der Leutnant und seine Genossen waren aber der Meinung, dass es doch welches gibt«, sagte ich zu ihm. »Aber das kann Jamie euch später erzählen. Was genau ist denn aus dem Leutnant geworden?«
»Ulysses hat ihm die Kehle durchgeschnitten«, sagte Duncan und schluckte, so dass der Adamsapfel in seiner eigenen Kehle auf und ab hüpfte. »Nichts, was ich lieber sagen würde, als dass ich es gewesen bin, aye, nur...«
Abgesehen davon, dass es ein Problem darstellte, jemandem mit einer Hand die Kehle durchzuschneiden, war es offenbar nicht zu übersehen, dass es ein Linkshänder gewesen war, der dem Leutnant die Kehle durchgeschnitten hatte - und Duncan hatte schließlich keine linke Hand.
Ich wusste zwar zufällig, dass Jocasta Cameron - genau wie ihr Neffe - Linkshänderin war, doch es kam mir taktvoller vor, dies im Augenblick nicht zu erwähnen. Ich sah Jamie an, der beide Augenbrauen hochzog.
Ist es ihr zuzutrauen
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