Das Fliederbett
auf dem Rücken helfen?« wisperte Tanja.
Jetzt hörte ich, wie jemand vom Personal bekanntgab, daß der Monteur eingetroffen sei. Er tat das mit freudiger Stimme.
»Schnell, schnell«, sagte ich und half Tanja, ihre Kleider in Ordnung zu bringen, dann krochen wir vorsichtig unter dem Tischtuch hervor und nahmen auf unseren Stühlen Platz. Die Augen hatten sich an das Dunkel gewöhnt, und man konnte sich jetzt besser orientieren.
Die Gäste vom Nebentisch waren verschwunden, aber ich sah, wie sich ihr Tischtuch in eigenartiger Weise bewegte, und ich lächelte still.
Tanja und ich hatte noch etwas Kognak, und wir prosteten uns zärtlich zu. Ich zündete mir eine Zigarette an, und Tanja fragte, wie lange ich noch in Leningrad zu bleiben gedachte.
»Diese Woche«, antwortete ich.
»Ich muß morgen mittag nach Gorki fahren. Ich arbeite an einem Mosaik in dem neuen Kulturhaus dort.«
»Wann kommst du zurück?«
»Ich werde versuchen, am Samstag hier zu sein«, erwiderte sie und lächelte.
Dann flammte plötzlich die Beleuchtung auf, und frohe Hurra-Rufe der Gäste ertönten, die wieder ermuntert in die elektrischen Lampen blinzelten. Viele Frauen hatten rote Wangen, und ihr Haar war in Unordnung geraten. Das Orchester spielte die Marseillaise, und die Stimmung war froh und gelockert. Nach einer Weile lieferten wir unsere Intouristkoupons ab und brachen auf.
Draußen im Vestibül gingen wir an einer Gruppe Offiziere der Roten Armee vorbei. Im Zentrum stand der weibliche Admiral. Als Tanja und ich vorbeieilten, trafen sich für einen Augenblick unsere Blicke. Sie entblößte lachend eine perfekte Reihe schneeweißer Zähne. Ich verbeugte mich und empfand eine merkwürdige Verwirrung. Sie nahm Haltung an und führte die behandschuhte Hand in einem eleganten Gruß an den Mützenschirm.
»Kennst du Admiral Tamara?« fragte Tanja mit Staunen in der Stimme, als wir in den warmen Frühlingsabend hinaustraten.
»Sicher«, antwortete ich und lächelte in mich hinein.
Sergej und ich begleiteten Tanja am folgenden Tage zum Flugplatz. Wir nahmen zärtlich voneinander Abschied. Sie küßte mich gierig, und ich bekam Lust, sie in eine Ecke der Wartehalle zu ziehen, um engere Berührung mit ihrem Körper aufzunehmen.
»Ich komme am Samstag«, sagte sie wehmütig, als man sie auf die Rollbahn hinausdirigierte.
In halb deprimierter Stimmung kehrten wir zum Kongreß zurück. Schon immer habe ich die Erfahrung gemacht, daß einen, wenn man erst anfängt zu stoßen, kein Kongreß der Welt mehr interessieren kann.
Die Delegierten versammelten sich am Nachmittag in der Aula der Universität, wo eine Gruppe Jugendlicher aus Kuba ein Singspiel mit dem Titel >Yankee go home< aufführte. Mein chinesischer Freund, der Tai-Wong hieß und aus erklärlichen Gründen den Kongreß mit ausgesuchter Skepsis betrachtete, brummte mir in einer Pause zu: »Bloß singen und tanzen, nicht irgendwas tun.«
Und da hatte er vollständig recht. Während wir hier in Leningrad saßen und beschlossen, daß die Amerikaner nach Hause fahren sollten, verabschiedete wahrscheinlich Präsident Johnson in Washington neue Truppen für Vietnam.
Aber was, zum Teufel, sollten wir tun?
Ich schloß die Augen und dachte an Tanja. Ich fand es gut, daß Friedenskongresse zuweilen als Kontaktmöglichkeit fungieren konnten. Birgitta pflegt mich, wenn sie wütend ist, einen marxistischen Hurenbock< zu nennen. Aber ich kann nichts dafür, daß ich so reagiere.
Irgendwann möchte ich gern einen Eröffnungsredner oder Delegierten Farbe bekennen hören; einen, der sich ans Rednerpult stellt und sagt: daß wir, zum Teufel noch mal, Arbeit und Brot brauchen, zumindest Brot, aber daß wir, verflucht noch mal, auch vögeln sollen. Fort mit allen religiösen, politischen oder philosophischen Einschränkungen im Recht des Menschen auf ein freies Sexualleben. Es gibt eine Not in der ganzen Welt, über die man einfach versucht, einen großen Deckel zu stülpen. Wir treiben die männliche Jugend zusammen, kasteien sie und lassen sie in Lagern trainieren, um andere junge Männer dann ums Leben zu bringen. Der Vater betrachtet stolz seinen Sohn in Knochensack und Gamaschen, und der Sohn sagt: »Jetzt kann ich mit Gewehr und Kanone schießen, kann auch ein Maschinengewehr und einen Granatwerfer bedienen.«
»Aber kannst du auch, mein Sohn«, sollte der Vater fragen, »kannst du ein Mädchen wirklich so rammeln, daß der Saft dampft?«
Bilden wir die Jugendlichen nicht zu
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