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Das Fliederbett

Das Fliederbett

Titel: Das Fliederbett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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Gesicht an dem Teppich ab. Ich war glitschig wie ein neugeborenes Kalb, und an meinem Gesicht klebte Sand vom Teppich. Als ich im nächsten Augenblick sah, wie Björn sie in Stücke sprengte, küßte ich ihre Augen und ihr Haar und war Björns verschwitztem Gesicht ganz nahe.
    Ich betrachtete ihren nackten Körper und erlebte ihre wonnevollen Bewegungen mit ganzer Seele, und ich war noch nie so glücklich gewesen. Ein großer Schmerz, der mich wunderbar durchflutete. Ein Schmerz der Zärtlichkeit und eine Dankbarkeit über das Herrliche und Schöne im Leben. Wie unvergleichlich reich alles war, wenn man seinen Körper zur Freude gebrauchte.
    Mein Glied richtete sich wieder auf, und ich kroch an Lola entlang und ließ es an ihr Ohr, in ihr Haar gleiten.
    Sie schrie auf.
    Nein, sie war es nicht; alle Freudenschreie der Welt formten sich in ihrem Mund und perlten hervor wie eine blaue Quelle.
    »Schneller«, bettelte sie. »Björn... tiefer, bis auf den Grund... schneller...«
    »Bald«, hörte ich Björn flüstern, »... bald sind wir am Ziel.«
    Und ich sah ihre Schenkel, Waden und Füße. Sie bewegten sich wie Wellen um Björns Hinterteil und ragten wie Riffe in ihrem Meere auf.
    »Jetzt... jetzt... es kommt, ich sterbe.«
    »Jetzt«, flüsterte auch Björn, und im selben Augenblick fühlte ich Lolas Lippen.
    Björn ruhte sich aus, den Kopf zwischen ihren Brüsten, und sie lag still, mit geschlossenen Augen, auf dem Rücken. Keiner von uns sprach. Ich glaube nicht einmal, daß wir auch nur einen Augenblick an das dachten, was eben geschehen war oder an die Ursache dazu. Es gab bloß eine einzige große Dankbarkeit in uns, und es gab auch uns selbst nur in diesem Jetzt.
    Lange lagen wir regungslos da und ließen das Feuer sein Leben leben. Wir drängten unsere Gesichter aneinander, und wir sahen uns ohne Maskierung in die Augen.
    »Es gibt keine Scham«, sagte Lola. »Es gibt überhaupt nichts Häßliches... nur Leben.«
    Es lag vielleicht ein Flehen in ihrer Stimme, und wir vernahmen es und antworteten schnell.
    »Nein, es gibt keine Scham... wenn nur alles echt und richtig ist.«
    »Wollen wir uns anziehen?«
    Die Frage fiel weich auf den Fußboden und suchte keine Antwort. Nur noch eine Weile beieinander sein. Ein kurzes Ausruhen noch.
    Es schien, als seien alle Erklärungen sinnlos. Wir akzeptierten unser Verhältnis, und ich dachte an die Zukunft und war plötzlich glücklich darüber, daß wir noch Monate vor uns hatten.
    Jetzt gab es nur noch uns drei auf Erden, und alle, die um uns herum lebten, waren bloß Statisten in einem Schauspiel: Hoteliers, Theaterleiter, Zimmermädchen, die wenigen aus dem Publikum, die sich hinter die Kulissen wagten. Alle lebten ein Leben jenseits unserer Erde.
    Am Tage nach unserer ersten Begegnung saßen wir schweigend im Wagen, aber jene Natürlichkeit, die uns am Abend umschlossen hatte, war noch immer da und trug uns. Wir genierten uns nicht voreinander, waren nur etwas müde. Und vielleicht dachte Lola ein wenig an ihren Benjamin, der zu Hause in Stockholm herumlief und Teppichfransen kämmte. Davon hatte sie erzählt; von seinem Reinemachefimmel. Er wischte den Fußboden hinter ihr und kämmte die Teppichfransen, wenn sie es einmal gewagt hatte, dieses echte Wohlstandssymbol zu betreten. Da hatte sie gelacht, erzählt und erläutert, doch ihre Augen waren nicht ganz bei der Sache. Waren traurig. Vielleicht dachte sie an Benjamin, vielleicht war sie nur müde und sehnte sich nach der Nacht.
    Nach ein paar Stunden wagten wir zu zeigen, daß das, was uns widerfahren war, uns nicht geschadet hatte; wir fingen an, von alltäglichen Dingen zu reden, wir saßen da und fantasierten uns von der weißen Landschaft draußen vor den Wagenfenstern weg.
    »Du bist der Daumen«, sagte Lola zu mir. »Der kleine Daumen, der so leicht in den Mund schlüpft.«
    Dann schwieg sie und lachte etwas verschämt.
    »Was bin ich denn?« fragte Björn ungewöhnlich schnell.
    »Jaa... was bist du für einer? Ein großer Brummbär vielleicht, der die Augen voller Honig hat und vor all dem Süßen nichts sehen kann... Oder ein kleiner Schneckerich mitten auf der Landstraße, der sich in sein Haus zurückzieht und glaubt, daß das große Auto ihm nichts anhaben kann, wenn er sich nur richtig zusammenzieht... Dir ist Glut auf die Jacke gefallen...«
    »Wo sind wir denn heute abend?«
    Wir sahen den Tournee-Plan durch, und uns wurde schlecht von den Namen der Orte.
    »Man sieht überall kastrierte Rentiere«,

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