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Das Fliederbett

Das Fliederbett

Titel: Das Fliederbett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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Geschichten gehört hatte.
    »So, du hast dich also auf deine alten Tage hier im Wald zur Ruhe gesetzt«, sagte Hauptmann Persson in provozierendem Ton. Oberleutnant Lotta lachte. Er blickte in das flackernde Feuer, und sein scharfer, grauer Blick wurde ein bißchen wehmütig. Dann erzählte er seine Geschichte:
    »Ich hatte eigentlich eine verdammt merkwürdige Kindheit und Jugend. Sicher haben alle aktiven Soldaten mehr oder weniger von Anfang an einen Milieuschaden, und ist das nicht der Fall, so trifft es sie doch früher oder später. Aber ich frage mich, ob einer von euch so einen seltsamen Start gehabt hat wie ich.
    Mein Vater war, wie ihr wißt, Offizier. Meine Mutter, die Majorsfrau, ein sonderbares Frauenzimmer. Mein Vater starb früh, und ich besaß keine Geschwister. Aus Lebensbeschreibungen vornehmer Leute hatte meine Mutter in Erinnerung behalten, daß man häufig auf die äußere Kennzeichnung des Geschlechts verzichtete, bis die Kinder volljährig wurden. Ich wurde deshalb von Kindesbeinen an bis zu der Zeit, als ich für die Kriegsakademie in Karlsberg reif war, in die niedlichsten Mädchenkleider gesteckt. Wie bekannt, tragen die Schotten einen Kilt. Ich ging während meiner ganzen Kindheit in Röcken und Spitzenkleidchen. Wir hatten einen Lehrer, der mich zu Hause unterrichtete. Ich erinnere mich daran, daß er darauf bestand, ich sollte während der Unterrichtsstunden auf seinen Knien sitzen. Er war erstaunt, als er einmal so aus Spaß mit seinem Finger unter meinen Rock fuhr und einen für das Alter ungewöhnlich kräftigen Schwanz vorfand, der wie eine Fahnenstange stand. Zur Verwunderung meiner Mutter kündigte er am Tage darauf. Ich weiß nicht, ob er seine Berufung als Lehrer ernst nahm.
    Ich hatte auch eine Tanzlehrerin, die mich in konventionellem Tanz unterrichten sollte. Meine Mutter hatte irgendwo gelesen, daß ein Offizier zu Franz Josephs Zeiten das können mußte. Sie verfuhr mit mir in mannhafter Weise, trug meistens eine Rockhose und einen Taktstock in der Hand. Eines Morgens, als meine Mutter zu ihrem Masseur gegangen war, übten wir im großen Salon Menuett. Plötzlich wirbelte mich mein Tanzfräulein in eine Ecke und drängte sich keuchend an mich. Sie küßte mich leidenschaftlich und tastete unter meinem Tanzkleid. Nie zuvor war ich von irgendeiner Frau auf diese Art geküßt worden, und ich reagierte wohl ganz normal. Als ihre Hände eine Weile in meinen Unterröcken gegraben hatten, kamen sie an mein geschwollenes Glied. Ich werde nie den Ausdruck in ihrem Gesicht vergessen, als sie mit einem Schrei zur Tür stürzte und für immer verschwand.
    Na ja. Zur Konfirmation bekam ich einen Knabenanzug. Aber meine erste eigentlich männliche Kleidung war das Drillichzeug beim Leibregiment, wo ich nach dem Studentenexamen, das ich privat in Djursholm machte, eintrat. Mein Vater verließ die Kriegsakademie in Karlsberg als Bester, und ich nahm mir vor, alles zu tun, um seiner Karriere nicht nachzustehen.
    Na ja, zum Wohl, Gentlemen!«
    Wir hoben unsere Gläser und tranken Oberleutnant Lotta zu.
    »Ganz so einfach war das nun nicht. Einige Jahre nach der Kadettenschule begann ich mich selbst und die Umwelt zu entdecken. Anscheinend hatten meine frühen Kinderjahre tiefe Spuren in meinem Unbewußten zurückgelassen und fingen jetzt an, sich geltend zu machen. Der Schock mußte ja ungewöhnlich stark gewesen sein; direkt aus einem zerbrechlichen, äußerlich geschützten Dasein, das von femininen Zügen bestimmt war, in ein männliches Kollektiv zu kommen, das vom Pennalismus dominiert wurde.
    Ich entdeckte, daß ich mein früheres Dasein vermißte. Früher fand ich, daß der Parfümduft der Kinderzimmerweit unausstehlich war, aber jetzt, mitten in dem derben Kasernenmilieu, stand er wie etwas Begehrenswertes vor mir. Ich hatte eine unbestimmte Unruhe im Blut. An den Urlaubsexzessen meiner Kameraden beteiligte ich mich nicht. An Feiertagen fielen sie wie eine Herde Gemeindebullen über die Mädchen der Gegend her. In der Zeit war ich zum Regiment Bohuslän abkommandiert, und ich betrachtete ihre Ausschweifungen mit Skepsis. Ich hatte wohl beinahe eine gewisse Angst vor dem anderen Geschlecht. Überhaupt fiel es mir schwer, mit Mädchen in Kontakt zu kommen.«
    Oberleutnant Lotta lachte schallend und zündete sich eine Zigarre an.
    »Ach ja. Meine Pubertät war anstrengend gewesen, und ich glaubte, die einzige Chance wäre, mich so hart wie möglich in meinem Beruf einzusetzen. Und ich

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