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Das Flüstern der Albträume

Das Flüstern der Albträume

Titel: Das Flüstern der Albträume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Burton
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Dunkelheit hüllte sie ein, nur die Geräusche des fernen Verkehrs und das Zirpen eines Grashüpfers waren zu hören. Langsam hob sich der drückende Schleier des Traums, und sie nahm ihre Umgebung wahr. Sie saß am Steuer des alten Transporters, der in einer Straße am Stadtrand parkte. Es ging ihr gut, sie war in Sicherheit. Viele Jahre trennten sie von der schrecklichen Nacht, die sie damals durchlitten hatte.
    »Verdammter Mist.« Sie legte die Stirn auf das Lenkrad, atmete tief ein und dann ganz langsam wieder aus. »Nur der Traum. Es war nur der Traum.«
    Sie ließ sich in den Sitz zurücksinken und hob den Saum ihres T-Shirts an, bis der Schweiß zwischen ihren Brüsten getrocknet war. Es war Jahre her, seit sie diesen Albtraum zum letzten Mal gehabt hatte, und dass er jetzt zurückkam, verhieß nichts Gutes.
    Eva sah auf ihre Armbanduhr, verfluchte sich, weil sie eingeschlafen war, und schaute dann zu dem Bungalow auf der anderen Straßenseite hinüber. In der Einfahrt stand inzwischen ein roter 72er Porsche, was bedeutete, dass der Mann, den sie beliefern sollte, zurück war.
    »Mach nur weiter so, Eva«, murmelte sie. »Verschlaf deinen Auftrag.«
    Sie stopfte ihr langes Haar unter eine Fleurop-Kappe, ergriff einen Strauß Margeriten und ein Klemmbrett und ging zu dem Haus hinüber. Sie klingelte und verdrängte einen Anflug von Besorgnis. Die Glühbirne über ihr warf einen schwachen Lichtschein auf eine abgetretene Fußmatte und die rissigen Steinstufen der vorderen Veranda. Es war nicht sehr hell, aber hell genug für einen schnellen Rückzug.
    Den Aushilfsjob hatte sie nun seit etwa drei Monaten. Er ließ sich gut mit ihrer Arbeit als Kellnerin und Barkeeperin im King’s Pub und mit ihrem Nebenjob als Nachtaufsicht in einem Obdachlosenheim vereinbaren. Normalerweise übernahm sie keine Fahrten, wenn sie nach Feierabend im Pub nachts auch noch im Heim arbeitete, aber ihr Chef, Luke Fraser von LTF , hatte ihr für die heutige Lieferung einen Bonus versprochen. Das zusätzliche Geld war zu verlockend gewesen, um abzulehnen.
    Bei Luke hatte es geklungen, als wäre der Auftrag ein Kinderspiel. Ein Kinderspiel. Luke zahlte für einfache Aufträge nie einen Bonus, und da die Vorladung zum Familiengericht für einen Typen bestimmt war, der den Spitznamen Herkules trug, hatte sie beschlossen, auf Nummer sicher zu gehen und den Trick mit der Blumenlieferung durchzuziehen. Eva rückte die Kappe zurecht und klingelte erneut. Der Strauß, den sie hinter einem Blumenladen in der Nähe des King’s aus dem Müll gefischt hatte, verströmte einen leicht unangenehmen Geruch. Alles, was sie brauchte, war eine Unterschrift.
    Sie läutete ein drittes Mal.
    Eva richtete ihre zierliche Gestalt zu ihren ganzen ein Meter vierundfünfzig auf. Um ihre schlanken Hüften schlackerten ausgeblichene Jeans, und ein weiter schwarzer Kapuzenpullover verbarg ihre schmalen Schultern und ihre flache Brust. Wie ihre Mutter immer gesagt hatte, wog sie »in klatschnassem Zustand« fünfundvierzig Kilo. Ihre geringe Körpergröße und ihre Kleidung führten dazu, dass die meisten Leute sie für eine Jugendliche hielten und nicht für die Frau von Ende zwanzig, die sie war. Sie hoffte, dass auch dieser Kerl auf ihr Äußeres hereinfiel, denn üblicherweise unterschätzten die Menschen Jugendliche.
    Hinter der Haustür erklangen Schritte. Evas Herzschlag beschleunigte sich ein wenig, doch sie hielt den Kopf gerade und bemühte sich um eine lässige Haltung . Nur eine Unterschrift. Kinderspiel. Bring es hinter dich und dann verschwinde.
    Die Tür ging auf, und vor ihr stand einer der größten Männer, die sie je gesehen hatte. Er war mindestens zwei Meter groß und wog locker hundertdreißig Kilo. Über seiner breiten Brust spannte sich ein fleckiges Muskelshirt, und sein gewaltiges vorspringendes Kinn wurde von einem Dreitagebart bedeckt. Herkules.
    Das nur von einer Tischlampe erhellte, unaufgeräumte Zimmer hinter ihm war mit einer abgewetzten Couch und einem Sechzig-Zoll-Flachbildfernseher möbliert, in dem eine Quizshow lief.
    »Ich soll etwas für Bruce Radford abliefern.«
    Der Typ schnaubte. »Ich hab keine Ahnung, was du verkaufst, Mädchen, aber ich will’s nicht.« In seiner tiefen Raucherstimme schwang Verärgerung mit.
    »Ich verkaufe nichts, ich liefere nur aus.« Eva ließ ihre Stimme betont selbstsicher klingen, um ihre Nervosität zu überdecken. »Sind Sie Bruce Radford?«
    Der Mann schickte sich an, die Tür zu schließen.

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