Das Flüstern der Nacht
erwiderte Jardir und verbeugte sich vor Everal, »aber dir kann ich keine Gnade anbieten, wenn du dich mir ergibst, so wie ich es anderen Männern vorgeschlagen habe. Denn wer würde schon einem Mann vertrauen, der nicht bereit wäre, für seinen eigenen Vater zu sterben? Für dich ist es das Beste, wenn du einen ehrenhaften Tod findest.«
»Betrüger!«, fauchte Everal. »Du bist nicht der Erlöser, nur ein Mörder mit einem gestohlenen Speer. Ohne diese Waffe wärst du ein Nichts!«
Jardir blieb stehen und hob eine Hand, um die Krieger, die ihm auf dem Fuß folgten, aufzuhalten.
»Denkst du das wirklich?«, fragte er.
Everal spuckte ihm vor die Füße. »Leg den Speer weg und stelle dich mir ohne dessen schmutzige Magie, wenn dem nicht so ist.«
»Achtung!«, rief Jardir und warf Everal den Speer zu. Der dama fing ihn reflexhaft auf, und seine Augen weiteten sich, als er begriff, was er nun in der Hand hielt.
Mit Everal ging eine Verwandlung vor, eine leichte Änderung seiner Haltung und Stimmung. Den anderen fiel es vermutlich nicht auf, aber Jardir erkannte die Anzeichen so klar und deutlich als hätte der dama gesprochen. Gerade noch hatte er sich für einen zum Tode Verurteilten gehalten, der nur entschlossen war, noch einen gewissen Schaden anzurichten. Nun jedoch glomm ein Hoffnungsfunke in seinen Augen, er glaubte, er könnte Jardir töten und die Rebellion beenden, die Krasia mitten ins Herz getroffen hatte.
Jardir nickte. »Jetzt ist deine Seele darauf vorbereitet, Everam mit Ehre zu begegnen«, verkündete er und stürzte sich auf den dama .
Everal war ein sharusahk -Meister, aber der Evejah verbot es den Geistlichen, mit einem Speer zu kämpfen, und während all seiner Jahre im Sharik Hora hatte Jardir kein einziges Mal erlebt, dass dieses Gesetz durchbrochen wurde. Er rechnete damit, dass der dama mit dem Speer nicht umgehen und leicht besiegt werden könnte.
Nutze jeden Vorteil aus, hatte Khevat ihn gelehrt.
Doch Everal überraschte ihn, indem er den Speer umherwirbelte wie einen Fechtstock. Die Bewegungen waren so schnell, dass das Auge ihnen nicht mehr folgen konnte. Langsam kam der dama auf ihn zu. Eine Weile musste sich Jardir nur darauf beschränken, dem Speer auszuweichen. Everals Schläge erfolgten blitzschnell und präzise, ein Angriff ging fließend in den nächsten über, wie man es von einem Mann erwarten durfte, der vier Jahrzehnte im Sharik Hora verbracht hatte. Schließlich brachte Everal die Speerspitze ins Spiel, ritzte Jardirs Wange auf und verletzte ihn am Arm.
Doch dann durchschaute Jardir den Rhythmus, in dem die Attacken des dama erfolgten. Er lief in den Angriff hinein, hakte seinen Arm um den Speerschaft, drehte sich um die eigene Achse und schleuderte den dama quer durch die Halle, wo er gegen eine Säule prallte und schwer am Boden aufschlug.
Jardir wartete ab, bis Everal sich auf die Füße abrollte, dann ließ er den Speer aus der Hand fallen. Vor Verblüffung riss der dama die Augen auf.
»Wenn du deinen Vorteil aufgibst, bist du ein Narr«, höhnte Everal, aber Jardir, der den Geistlichen nun einschätzen konnte, lächelte nur. Mit ausgebreiteten Armen lief er auf ihn zu, und Everal kam ihm entgegen, nur allzu bereit, ihn zu packen.
In den ungeübten Augen der Sharum musste das, was nun folgte, ausgesehen haben wie ein einfacher Kampf, der durch schiere Körperkraft entschieden wurde, aber in Wirklichkeit waren die hundertfachen raffiniert ausgeklügelten Verlagerungen und Drehungen sharukin und dienten dazu, die Stärke eines Gegners umzulenken und gegen ihn zu richten.
Nach und nach arbeitete sich Jardir zu einem Todesgriff vor. Das Ende war unvermeidlich, und in den Augen des dama las er, dass auch Everal dies wusste.
»Das ist unmöglich«, keuchte Everal, als Jardirs Hand seine Kehle umschloss.
»Es ist ein Unterschied, dama «, entgegnete Jardir, »ob man sich Stärke durch Schattenkämpfe aneignet oder ob man seine Muskeln im Kampf gegen die alagai stählt.« Ein kräftiger Ruck, und Everals Genick brach mit einem lauten Knacken, das in der ganzen Halle zu hören war.
Die Damaji drängten sich am Fuß des Podests, auf dem der Thron des Andrah stand. Wie ein Mann blickten sie hoch, als Jardirs Männer die Tür einschlugen. Der Andrah duckte sich ängstlich auf seinem Schädelthron, die Armstützen so fest umklammert, dass seine Fingerknöchel weiß hervortraten.
Mit dem Blick eines Raubtiers musterte Jardir die Gruppe von alten Männern. Das
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