Das Flüstern der Nacht
Moment, als ein vollständig ausgeformter Flammendämon ihr mit einem schrillen Kreischen in den Weg sprang.
»Renna!«, ächzte er, aber als er noch einmal hinschaute, sah er nicht Renna Gerber, sondern seine Frau, Silvy, die vor vierzehn Jahren an genau dieser Stelle von einem Flammendämon angefallen und an ihren Verletzungen gestorben war.
Plötzlich ging in ihm eine Verwandlung vor; bevor ihm bewusstwurde, was er tat, sprintete er von der Veranda und schwang mit
aller Kraft die stählerne Axt. Der Panzer eines Flammendämons konnte die Schneide jeder Waffe verbiegen, aber diese Kreatur war klein, und sein Hieb schleuderte sie in einem Bogen durch die Luft, bis sie sich überschlagend im Dreck landete.
Andere Horclinge stimmten ein grelles Gezeter an und stürzten sich auf sie, aber der Rückweg zur Veranda war frei. Jeph packte Renna beim Arm und zerrte sie mit sich, als er in die geschützte Zone zurückstürmte. Auf der Verandatreppe strauchelte er und beide fielen hin, doch als ein Baumdämon sie attackierte, prallte er gegen das äußere Siegelnetz, und magische Energie zuckte wie silberne Spinnweben durch die Luft, bevor der Horcling abgewehrt wurde.
Jeph nahm Renna in die Arme und sprach auf sie ein, doch obwohl sie nun in Sicherheit war, hörte sie nicht auf zu schreien. Sie war voller Blut, das Kleid hatte sich vollgesogen und Gesicht und Arme waren verschmiert, aber er konnte an ihr keine Verletzung entdecken. Ihre rechte Hand krallte sich um ein großes Messer mit knöchernem Griff, an dem ebenfalls Blut klebte.
»Renna, bist du verletzt?«, fragte er. »Von wem stammt das Blut?« Die Tür wurde aufgerissen und Ilain stürzte heraus; beim Anblick ihrer Schwester schnappte sie nach Luft.
»Von wem stammt das Blut?«, wiederholte Jeph eindringlich. Es war nicht klar, ob Renna ihn überhaupt hörte; sie schrie und schluchzte unentwegt, und Tränen strömten über ihr blutiges, schmutziges Gesicht.
»Das ist Dads Messer«, hauchte Ilain und zeigte auf die Klinge, die Renna fest umklammert hielt. »Ich würde es überall wiedererkennen. Er lässt es nie aus den Augen.«
»Beim Schöpfer!« Jeph wurde blass.
»Ren, was ist passiert?« Ilain beugte sich vor und packte Rennas Schultern. »Hat es einen Unfall gegeben? Wo ist Dad? Geht es ihm gut?«
Aber Ilain erhielt genauso wenig eine Antwort von ihrer Schwester wie Jeph; bald gab sie es auf, ihr eine Erklärung entlocken zu wollen, und lauschte schweigend Rennas Schreien und dem Kreischen der Horclinge hinter den Siegeln.
»Wir sollten sie lieber ins Haus schaffen«, schlug Jeph vor. »Schick die Kinder in ihre Zimmer, ich bringe sie in unsere Kammer.« Ilain nickte und ging voran, während Jeph die am ganzen Leib zitternde Renna hochhob.
Er legte sie auf seine Strohmatratze und drehte sich um, als Ilain mit einer Schüssel voll warmem Wasser und einem sauberen Tuch in die Kammer kam. Inzwischen hatte Renna aufgehört zu schreien, aber sie zeigte immer noch keinerlei Reaktion, als Ilain ihr die Finger zurückbog, damit sie ihr das blutige Messer wegnehmen und auf den Nachttisch legen konnte. Auch als Ilain sie dann auszog und ihr mit festen, gleichmäßigen Bewegungen das Blut abwischte, reagierte sie nicht.
»Hast du eine Vermutung, was passiert sein könnte?«, fragte Jeph, als Renna schließlich in Decken gehüllt dalag und stumm ins Leere starrte.
Ilain schüttelte den Kopf. »Ich weiß es wirklich nicht. Von Dads Hof bis hierher ist es ein langer Weg, sogar wenn man die Straße verlässt und querfeldein läuft. Sie muss stundenlang gerannt sein.«
»Es sah aus als käme sie aus der Stadt«, entgegnete Jeph.
Ilain zuckte die Achseln.
»Was auch immer vorgefallen ist, Horclinge waren nicht schuld daran«, meinte Jeph. »Nicht mitten am Tag.«
»Jeph«, drängte Ilain, »du musst morgen zum Hof unseres Vaters raus. Vielleicht wurden sie von Nachtwölfen oder Banditen überfallen. Ich habe keine Ahnung. Ich verstecke Renna hier, bis du wieder zurück bist.«
»Banditen und Nachtwölfe in Tibbets Bach?«, zweifelte Jeph.
»Geh einfach mal hin und sieh nach«, bat Ilain.
»Was ist, wenn ich Harl tot auffinde? Von einem Messer erstochen?«, sprach Jeph aus, was sie beide befürchteten.
Ilain seufzte schwer. »Dann wischst du das Blut auf und errichtest einen Scheiterhaufen. Und die Welt wird nur erfahren, dass er von der Leiter zum Heuboden gefallen ist und sich das Genick gebrochen hat.«
»Wir können doch nicht einfach lügen«, gab
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