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Das Flüstern der Nacht

Das Flüstern der Nacht

Titel: Das Flüstern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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des Tätowierten Mannes an, und er ahmte den rauen, abweisenden Ton nach, mit dem Arlen sich die Leute vom Leib hielt.
    »Ich sage es kein zweites Mal, Gared«, knurrte er und spürte, wie der Hüne nachgab. Gared nickte, trat einen Schritt zurück, schob die Axt in die Schlaufe auf seinem Rücken und die Klinge in ihr Futteral. Überrascht sahen die anderen Holzfäller ihm zu, doch dann folgten sie seinem Beispiel und trösteten sich damit, dass sie in der Überzahl waren.
    Rojer wandte sich an Jardir. »Kann ich dir irgendwie behilflich sein?«

    »In der Tat, das kannst du.« Jardir verbeugte sich mit vollendeter Höflichkeit. »Ich wünsche Meisterin Leesha zu sprechen.«
    »Sie ist nicht in der Stadt.«
    »Ich verstehe. Könntest du mir dann sagen, wo ich sie finde?«
    »Wir werden dir gar nichts verraten, verdammt nochmal«, knurrte Gared, aber weder Rojer noch Jardir beachteten ihn.
    »Warum möchtest du zu ihr?«, erkundigte sich Rojer.
    »Als sie mir den Umhang gab, machte sie mir ein ungeheuer kostbares Geschenk. Und nun möchte ich ihr etwas schenken, das einen ähnlich hohen Wert besitzt.«
    »Was ist das für ein Geschenk?«, bohrte Rojer nach.
    Jardir setzte ein geheimnisvolles Lächeln auf. »Das geht nur Meisterin Leesha und mich etwas an.«
    Rojer betrachtete ihn. Ein Teil von ihm warnte ihn eindringlich davor, diesem lächelnden Wüstendämon zu trauen, der so viele Menschen abgeschlachtet und geschändet hatte; aber Jardir schien einem ganz eigenen Ehrenkodex zu folgen, und Rojer glaubte nicht, dass er Leesha etwas antun würde, solange die Waffenruhe andauerte. Und falls sein Geschenk über eine ähnlich starke Magie verfügte wie Leeshas Tarnumhang, dann wäre es töricht, es abzulehnen.
    »Ich bringe dich zu ihr, wenn du deine Krieger zurücklässt«, bot Rojer an.
    Jardir verbeugte sich. »Selbstverständlich.« Die Leibwächter protestierten lautstark, und auch Gared sowie ein paar Holzfäller begehrten auf, aber auch diese Störung wurde von Rojer und Jardir ignoriert. »Meine Absichten Meisterin Leesha gegenüber sind ehrenhaft, und während unseres Zusammenseins werde ich aus Gründen der Schicklichkeit die Anwesenheit anderer Personen dulden.«
    Rojer wunderte sich über die Formulierung, aber er sah keinen Grund mehr, Jardirs Bitte abzuschlagen. Schon bald erreichten sie den Pfad, der zu Leeshas Hütte führte. Gared hatte darauf bestanden,
mitzukommen, und warf Jardir die ganze Zeit finstere Blicke zu, die der krasianische Anführer zum Glück nicht zu bemerken schien.

    »Warum wohnt die Meisterin nicht in dem magischen Großsiegel eures Dorfes?«, fragte Jardir. »Ihr Leben ist viel zu wertvoll, um es Gefahren durch die alagai auszusetzen.«
    Rojer lachte. »Und wenn heute Nacht der ganze Horc an die Oberfläche stiege, so wäre man nirgendwo auf der Welt sicherer als in Leeshas Hütte.«
    Es fiel Jardir schwer, das zu glauben, doch als sie sich der Hütte näherten, entdeckte er den Pfad aus Steinsiegeln, von denen jedes Einzelne groß genug war, um darauf stehen zu können, ohne die Wirkung zu beeinträchtigen.
    Abrupt blieb er stehen und starrte die Steine erstaunt an. Dann ging er in die Hocke und drückte mit der Hand auf die Siegel. »Bei Everams Bart! Tausende von Sklaven müssen notwendig gewesen sein, um diese Steine so zu behauen!«
    »Wir sind keine Bande dreckiger Sklaventreiber, so wie ihr«, grummelte Gared. Jardirs erster Impuls war, den Mann kurzerhand zu töten, aber das war kein Weg, um die Meisterin zu beeindrucken. Stattdessen überhörte er die Beleidigung, verschwendete keinen Gedanken mehr daran und konzentrierte sich wieder auf den Pfad.
    »Die Siegel wurden gegossen, nicht gemeißelt«, erklärte Rojer. »Sie bestehen aus einer Mischung von gemahlenem Stein und Wasser. So etwas nennt man Beton. Beim Trocknen härtet diese Masse aus. Leesha hat die Formen selbst in den Boden geschnitten, und freie Männer gossen den Beton hinein.«
    Während Jardir dem Verlauf des Pfades mit den Augen folgte, kam er aus dem Staunen nicht heraus. »Das sind ja Kampfsiegel. Und miteinander vernetzt.«

    Rojer nickte. »Jeder Dämon, der eine Pranke auf diesen Pfad setzt, könnte ebenso gut in einen Sonnenstrahl treten.«
    Jardir vergegenwärtigte sich, wie arrogant und unwissend er gewesen war, als er sich über die angebliche Primitivität dieser Menschen lustig machte. Obwohl ihm vieles an ihnen ungehobelt vorkam, hatte nicht einmal der Sharik Hora die Macht, die von manchen

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