Das Flüstern der Nacht
der Seelendämon aus den Gedanken des Weibchens ausgeschlossen. Einen Augenblick später landete der Mimikry auf einer Lichtung; er verwandelte sich in Nebel und bewachte den Pfad, auf dem der Horcling-Prinz in den Horc zurückglitt, um nachzudenken.
28
Der Spiegelpalast
333 NR - Sommer
E s war längst dunkel, als der Stadtrat seine Zusammenkunft beendete. Wie Leesha nicht anders erwartet hatte, sprach man sich einstimmig dagegen aus, dass sie Jardir auf seiner Rückreise nach Rizon begleitete; und alle hatten sich entsprechend schockiert gezeigt, als sie sie daran erinnerte, dass ihre Stimmen überhaupt nicht von Belang waren.
Dieses Mal trug Leesha keinen Tarnumhang, als sie zu ihrer Hütte zurückkehrten, aber Rojer spann mit seiner Musik ein schützendes Feld um die Gruppe, das so mächtig war wie ein Siegelnetz. Durch seine neue Fiedel schien sich sein Talent verzehnfacht zu haben, trotzdem hielten Wonda und Gared ihre Waffen bereit, als sie Darsy und Vika begleiteten.
»Und ich sage immer noch, du bist nicht recht bei Trost«, grollte Darsy. Sie wirkte genauso imposant wie Wonda - sie war zwar nicht so groß wie sie, dafür aber breiter und genauso unansehnlich, nur dass ihre Hässlichkeit nicht von Narben herrührte.
Leesha zuckte gleichgültig mit den Schultern. »Natürlich darfst du deine Meinung äußern, aber an meinem Entschluss gibt es nichts zu rütteln.«
»Was sollen wir tun, wenn sie dich gefangen nehmen?«, lamentierte Darsy weiter. »Wir können schließlich keinen Rettungstrupp losschicken.
Du bist diejenige, die diese Stadt zusammenhält, vor allen Dingen jetzt, wo der Erlöser sich weiß der Schöpfer wo rumtreibt.«
»Prinz Thamos und die Holzsoldaten werden bald hier sein«, versprach Leesha.
»Sie werden dich aber auch nicht retten können«, wandte Darsy ein.
»Das dürfte auch gar nicht nötig sein. Verlasst euch einfach darauf, dass ich selbst auf mich achtgebe.«
»Ich mache mir mehr Sorgen, was aus uns anderen wird«, jammerte Vika. »Wenn du diesen Mann heiratest, verlieren wir dich für immer, und wenn du ihn ablehnst … Nun ja, dann haben wir dich wohl auch verloren. Was sollen wir ohne dich nur anfangen?«
»Genau deshalb bringe ich euch heute Nacht hierher«, erklärte Leesha. Ihre Hütte kam in Sicht, und kaum hatten sie sie betreten, gab sie Wonda ein Zeichen, die Falltür zu ihrer Werkstatt im Keller zu öffnen.
»Alle außer Vika und Darsy bleiben hier oben«, bestimmte Leesha. »Das ist eine Angelegenheit der Kräutersammlerinnen.« Die anderen nickten, und Leesha führte die beiden Frauen die Treppe hinunter, wobei sie unterwegs ihre kühlen chemischen Lampen anzündete.
»Beim Schöpfer!«, hauchte Darsy. Seit Bruna sie vor vielen Jahren als Schülerin verstoßen hatte, hatte sie den Keller nicht mehr gesehen. In der Zwischenzeit hatte Leesha ihn stark erweitert, und nun nahm er einen Raum ein, der unter der gesamten Hütte und sogar noch einem Teil des Gartens verlief. Er war enorm groß. Stützpfeiler mit Siegeln zogen sich an den Wänden der Hauptkammer und der vielen abzweigenden Gänge entlang.
Während Bruna lediglich eine Handvoll Donnerstöcke gehortet hatte, um widerborstige Baumstümpfe aus dem Boden zu sprengen, und nie mehr als ein paar Krüge mit flüssigem Dämonenfeuer aufbewahrt hatte, besaß Leesha einen scheinbar unerschöpflichen Vorrat an diesen Dingen.
»Hier lagert genug Feuerwerk, um das Tal in das Antlitz der Sonne zu verwandeln«, meinte Vika.
»Was glaubst du, weshalb ich so weit außerhalb der Stadt wohnen geblieben bin?«, versetzte Leesha. »Seit einem Jahr braue ich jede Nacht Dämonenfeuer und rolle Donnerstöcke.«
»Warum hast du niemandem was davon erzählt?«, erkundigte sich Vika.
»Weil es niemand zu wissen braucht. Ich will nicht, dass die Holzfäller oder der Stadtrat beschließen, wie diese Sachen hier benutzt werden sollen. Die Entscheidung darüber obliegt einzig und allein den Kräutersammlerinnen, und ihr werdet dieses Zeug sparsam austeilen, während ich fort bin, und auch nur dann, wenn es zum Einsatz kommt, um Menschenleben zu schützen. Außerdem müsst ihr mir versprechen, dass ihr genauso verschwiegen sein werdet wie ich; sonst mische ich euch was in den Tee, damit ihr euch nicht mehr daran erinnert, dass ihr überhaupt hier gewesen seid.«
Die beiden Frauen sahen sie an, als wüssten sie nicht recht, ob das ein Scherz sein sollte, aber Leesha meinte es bitterernst, und das konnten sie in ihren
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