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Das Flüstern der Nacht

Das Flüstern der Nacht

Titel: Das Flüstern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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stillzustehen, als weder er noch seine Kameraden sich rührten. Plötzlich sprudelte Blut aus der Wunde, und der Mann brach in ein schrilles Geheul aus. Seine Freunde sprangen auf und stießen dabei ihre Stühle um.
    Renna war vorbereitet. Mit einem Fußtritt beförderte sie den schreienden Kerl zwischen seine Kumpane. Dann sprang sie auf den Tisch, kauerte sich hin und hielt das Messer so, dass es beinahe von ihrem Unterarm verdeckt wurde; die meisten Gäste konnten es gar nicht sehen, doch sie war bereit, jeden anzugreifen, der sich ihr näherte.
    »Renna?!«, brüllte Arlen und packte sie von hinten. Sie trat um sich und wand sich unter seinem Griff, als er sie vom Tisch herunterzog.
    »Was ist los?«, donnerte Mich. Mit einem schweren Knüppel in der Hand pflügte er sich durch die Menge, die mittlerweile den Tisch umringte.
    »Diese Hexe hat mir die Hand abgeschnitten!«, jaulte der blonde Kerl.

    »Du hast Glück, dass es bei der Hand geblieben ist!«, keifte Renna ihn über Arlens Schulter an. »Wie konntest du es wagen, mir unter den Rock zu fassen! Ich bin dir nicht versprochen!«
    Der Gastwirt wollte sich auf sie stürzen, doch er erhaschte einen Blick auf Arlen, und seine Augen weiteten sich vor Überraschung. Als Arlen darum kämpfte, Renna festzuhalten, war seine Kapuze heruntergerutscht, und nun konnte jeder seine Tätowierungen sehen.
    »Der Tätowierte Mann!«, flüsterte der Gastwirt, und überall im Raum wurde der Name wiederholt.
    »Erlöser!«, schrie jemand.
    »Höchste Zeit, von hier zu verschwinden«, murmelte Arlen und packte Renna am Arm. Sie hielt mit ihm Schritt, als er sie an den Leuten vorbeibugsierte, die ihm nicht schnell genug Platz machten. Die Kapuze hatte er wieder übergestülpt, doch trotzdem folgte ihnen noch eine beträchtliche Anzahl von Gästen nach draußen.
    Arlen schleppte sie hastig zu dem Stall, wo er dem Knecht noch eine Goldmünze zuwarf und Schattentänzer holte.
    Kurz darauf preschten sie auf die Straße und verließen die Stadt in gestrecktem Galopp. Die Torwachen brüllten ihnen hinterher, als der Haufen Gäste aus der Taverne angerannt kam, doch der Abend dämmerte bereits und keiner wagte es, im Zwielicht die Verfolgung aufzunehmen.

    »Verdammt nochmal, Renna, du kannst doch nicht einfach einem Menschen die Hand abschneiden!«, regte sich Arlen auf, als sie nicht weit von der Stadt entfernt auf einer Lichtung anhielten, um dort die Nacht zu verbringen.
    »Der Kerl hat es verdient!«, verteidigte sie sich. »An dieser Stelle wird mich kein Mann mehr anfassen, es sei denn, ich will es!«

    Arlen zog eine Grimasse, aber er verbiss sich eine Entgegnung.
    »Wenn dich das nächste Mal irgendein Bursche belästigt, brich ihm nur den Daumen«, riet er nach einer Weile. »Das wird dir keiner übelnehmen. Nach dem, was du dir geleistet hast, dürfen wir uns vorläufig in Flussbrücke nicht mehr blickenlassen.«
    »Hat mir da sowieso nicht gefallen«, murrte Renna. »Das hier«, sie breitete die Arme aus als wolle sie die Nacht umfangen, »ist unsere Welt. Hierhin gehören wir.«
    Aber Arlen schüttelte den Kopf. »Ich gehöre ins Tal des Erlösers, und nach dem, was der Gastwirt mir erzählt hat, bevor du verrückt gespielt hast, sollte ich mich auf schnellstem Weg dorthin begeben.«
    Renna zuckte die Achseln. »Dann nichts wie los!«
    »Es fragt sich nur, wie wir dorthin kommen, da du uns gerade von der einzigen verfluchten Brücke in ganz Thesa abgeschnitten hast!«, rief Arlen. »Der Grenzfluss ist für eine Furt zu tief, und zu breit, als dass Schattentänzer ihn durchschwimmen könnte!«
    Renna blickte auf ihre Füße. »Es tut mir leid. Das wusste ich nicht.«
    Arlen seufzte. »Was geschehen ist, lässt sich nicht mehr rückgängig machen, Ren. Wir lassen uns etwas einfallen. Aber wenn wir in die nächste Stadt kommen, musst du dich mehr bedecken. In der Nacht kannst du deine Siegel entblößen, aber so viel nacktes Fleisch am helllichten Tag bringt jeden Mann, der dich anschaut, auf dumme Gedanken.«
    »Jeden außer dir, wie es scheint«, brummte Renna.
    »Das Einzige, was sie sehen, sind deine Beine und dein Busen«, fuhr Arlen ungerührt fort. »Ich sehe das vom Blut berauschte Mädchen, das mehr mit dem Messer denkt als mit dem Kopf.«
    Renna riss die Augen auf. »Du Sohn des Horc!«, kreischte sie und stürzte sich mit gezücktem Messer auf ihn. Leichtfüßig wich Arlen zur Seite aus, packte ihr Handgelenk und verdrehte es, bis sie die Klinge fallen ließ. Dann

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