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Das Flüstern der Nacht

Das Flüstern der Nacht

Titel: Das Flüstern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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verdeckten seine riesigen Flügel den Mond, dann schien es, als wolle er doch abdrehen, aber Jardir ließ sich nicht täuschen, sondern verfolgte gelassen jede Bewegung des Scheusals. Wenn er schon sterben musste, dann in Ehre, und diesen alagai wollte er mitnehmen und damit seinen Einzug in den Himmel bezahlen.
    Als der Dämon so nahe gekommen war, dass Jardir seine Zähne erkennen konnte, schleuderte er das Netz. Während die Gewichte es aufzogen, drehte es sich, und der Winddämon segelte geradewegs hinein. Jardir riss an der Kordel, um das Netz zuzuziehen,
wich mit einer geschickten Drehung aus und sah zu, wie die Kreatur in das Labyrinth plumpste.
    » Alagai am Boden!«, schrie er. »Nordost-Quadrant! Ebene sieben!« Im nächsten Moment kam der Antwortruf.
    Er stand im Begriff, sich umzudrehen und Qeran zu befreien, als ihm auffiel, wie sich in der Dunkelheit etwas bewegte. Abban hing an der Mauerkante und Blut quoll unter seinen Fingernägeln hervor, während er krampfhaft versuchte, sich an dem rauen Stein festzukrallen.
    »Lass mich nicht abstürzen!«, schrie Abban.
    »Wenn du fällst, dann stirbst du wie ein Mann und der Himmel erwartet dich!«, rief Jardir ihm zu. Er ließ ungesagt, dass dies für Abban die einzige Möglichkeit war, den Himmel zu sehen. Qeran würde dafür sorgen, dass er seinen Hannu Pash als khaffit beendete und ihm das Paradies verwehrt blieb. Es zerriss Jardir das Herz, aber langsam wandte er sich ab.
    »Nein! Bitte!«, flehte Abban, und Tränen strömten über seine schmutzigen Wangen. »Du hast einen Eid geschworen. Bei Everams Licht hast du gelobt, mich nicht im Stich zu lassen. Ich will nicht sterben!«
    »Besser tot als ein khaffit !«, knurrte Jardir.
    »Es ist mir egal, ob ich ein khaffit bin!«, jammerte Abban. »Lass mich nicht runterfallen! Bitte!«
    Jardir entblößte angewidert die Zähne, trotzdem bückte er sich, legte sich flach auf die Mauer und zerrte fest an Abbans Arm. Abban strampelte und strengte sich an, und schließlich gelang es ihm, über Jardirs Rücken auf die Mauer zurückzuklettern. Er schlang die Arme um Jardir und schluchzte.
    »Everam segne dich«, weinte Abban. »Ich schulde dir mein Leben.«
    Jardir stieß ihn von sich weg. »Du widerst mich an, du Feigling!«, zischte er. »Geh mir aus den Augen, ehe ich es mir anders überlege und dich ins Labyrinth zurückwerfe.«

    Abbans Augen weiteten sich vor Schreck, aber er verbeugte sich und humpelte davon, so schnell es sein lahmes Bein erlaubte.
    Während Jardir ihm hinterhersah, bekam er einen wuchtigen Faustschlag in die Nieren und fiel der Länge nach hin. Entsetzliche Schmerzen durchströmten ihn, aber er öffnete sich den Qualen, und als sie dann abflauten, drehte er sich zu seinem Angreifer um.
    »Du hättest ihn fallen lassen sollen!«, fauchte Qeran. »In dieser Nacht hast du ihm keinen Freundschaftsdienst erwiesen. Es ist die Pflicht eines dal’Sharum , seine Brüder im Tod wie im Leben zu unterstützen.« Er spuckte aus, und sein Speichel spritzte auf Jardirs Schulter. »Drei Tage lang keine Suppe«, knurrte er. »Und jetzt hol mir mein Sehrohr. Der alagai’sharak wartet nicht auf Feiglinge und Narren!«

3
    Chin
    333 NR - Winter
     
     
    N ach einer gewissen Zeit kehrte Abban mit Jayan und Asome zurück. Sie schleppten eine Anzahl nördlicher chin mit sich und einen einzelnen dama .
    »Das ist dama Rajin vom Stamm der Mehnding«, verkündete Jayan und bugsierte den Geistlichen nach vorn. »Er hat angeordnet, dass die Silos verbrannt werden.« Er versetzte dem dama einen kräftigen Stoß, und der Mann fiel auf die Knie.
    »Wie viele?«, fragte Jardir.
    »Drei, ehe man ihm Einhalt gebieten konnte«, berichtete Jayan, »andernfalls hätte er weitergemacht.«
    »Verluste?«, Jardir sah zu Abban hinüber.
    »Es wird eine Weile dauern, bis ich es ganz genau weiß, Shar’Dama Ka «, erwiderte Abban, »aber es könnten an die hundert Tonnen sein. Genug Korn, um Tausende von Menschen durch die Wintermonate zu bringen.«
    Jardir wandte sich dem dama zu. »Und was hast du dazu zu sagen?«
    »Im Evejah steht in der Abhandlung über den Krieg geschrieben, man soll die Vorratslager der Feinde verbrennen, damit sie nicht weiter Krieg führen können«, dozierte dama Rajin. »Mit
dem Getreide, das noch übrig ist, können wir unsere Leute mehr als reichlich verköstigen.«
    »Du Narr!«, tobte Jardir und schlug dem dama mit dem Handrücken ins Gesicht. Einige der Anwesenden schnappten hörbar nach Luft. »Ich

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