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Das Flüstern der Stille

Das Flüstern der Stille

Titel: Das Flüstern der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivonne Senn Heather Gudenkauf
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gelacht, weil sie so klein waren. Wir haben darum gewettet, wer den kleinsten Fisch an Land zieht, fünf Dollar, und ich habe gewonnen. Mein Sonnenbarsch hatte nicht einmal die Größe eines Guppys. Wir haben Erdnüsse gegessen, die Schalen ins Wasser geworfen und Limonade getrunken. Als die Sonne unterging, konnten wir die Grillen zirpen hören, und Dad sagte, dass man herausfinden könnte, wie warm es ist, indem man zählte, wie oft eine Grille zirpte. Ich sagte: „Auf keinen Fall!“, und er sagte: „Aber sicher!“ Und dann hat er mir gesagt, wie es geht. Das war der beste Tag. Also überlege ich, dass er dachte, es wäre an der Zeit, auch zu dir eine festere Bindung aufzubauen und dich zum Angeln mitzunehmen; wobei er dann vergessen hat, irgendjemandem Bescheid zu sagen. Andererseits glaube ich nicht, dass er zwei kleine Mädchen mitnehmen würde. Aber wer weiß, manchmal ist es schwer nachzuvollziehen, was in ihm vorgeht.
    Du warst nie eine Spielverderberin, Calli, das muss ich zugeben. Du bist kein Mädchen-Mädchen. Ich erinnere mich daran, als du ein Jahr alt warst und gerade angefangen hast zu laufen – noch ganz wackelig und unsicher. Ich war sechs, und Mom sagte, wir sollten draußen im Garten spielen gehen. Du bist mir überallhin gefolgt und hast versucht, alles zu tun, was ich tue. Ich habe die angeschlagenen Äpfel unter dem Apfelbaum aufgehoben und neben die Garage geworfen, und du hast es mir nachgemacht. Ich fand es nicht sonderlich spannend, die ganze Zeit ein Baby hinter mir herlaufen zu haben, aber ich liebte es, wie du „Beh, Beh“ sagtest, wenn du Ben meintest. Immer wenn du mich sahst, schien es, als wärst du ganz erstaunt, dass ich da war. Du hast dich jedes Mal wie wahnsinnig gefreut, wenn ich ein Zimmer betreten habe, auch wenn wir uns gerade vor zehn Minuten das letzte Mal gesehen hatten.
    Mom lachte dann immer und sagte: „Siehst du, Ben, Calli liebt ihren großen Bruder, nicht wahr, Calli?“ Und du würdest mit deinen kleinen, pummeligen Füßen aufstampfen und rufen: „Buder, Buder“. Dann kamst du auf mich zugerannt, hast deine Arme um mein Bein geschlungen und ganz fest gedrückt.
    Später in dem Jahr, als ich sieben wurde, habe ich zum Geburtstag die coolsten Cowboystiefel bekommen. Sie waren schwarz mit roten Nähten. Ich habe sie immer und überall getragen. Und wenn ein Kleinkind neidisch auf Stiefel sein konnte, dann warst du es mit Sicherheit. Du hast mich dabei ertappt, wie ich mich und meine Stiefel im Spiegel bewundere, und dich sofort auf die Stiefel gestürzt und versucht, sie mir auszuziehen. Das war eigentlich ganz lustig; Mom saß jedes Mal auf dem Fußboden im Schlafzimmer und lachte sich kaputt. Ich weiß nicht, ob du gedacht hast, dass ich die Stiefel mehr liebe als dich oder ob es dir einfach Spaß gebracht hat, mich zu ärgern. Auf jeden Fall war das für eine Weile mein liebster Zeitvertreib. Es endete immer damit, dass du mir mindestens einen Stiefel ausgezogen hast, weil du so viel kleiner warst als ich und ich dich nicht einfach zur Seite schieben wollte. Damit hätte ich mir eine Menge Ärger eingehandelt. Oft hast du dich einfach angeschlichen, wenn ich ferngesehen habe, und hast so lange gezogen, bis der Stiefel vom Fuß gerutscht ist, dann bist du weggelaufen. Meistens hast du den Stiefel einfach die Treppe hinunter in den Garten geworfen, aber einmal hast du ihn in die Toilette gesteckt. Mann, war ich sauer. Danach habe ich mich geweigert, ihn zu tragen. Mom hat ihn ausgewaschen und in die Sonne zum Trocknen gestellt, aber trotzdem habe ich die Stiefel nicht mehr angezogen. Aber du. Seit dem Tag waren sie deine, auch wenn sie dir viel zu groß waren. Du hast sie zu allem getragen, zu kurzen Hosen, zu Kleidern, sogar zum Schlafanzug. Mehr als einmal musste Mom sie dir ausziehen, nachdem du mit ihnen im Bett eingeschlafen warst. Du trägst sie immer noch manchmal. Es würde mich sogar nicht überraschen, wenn du mit ihnen jetzt gerade durch den Wald stapfst.
    Wann du aufgehört hast zu sprechen, weiß ich nicht genau. Aber ich weiß, dass du vier warst und ich neun. An dem einen Tag hast du meine Stiefel getragen, mir die fürchterlichsten Witze erzählt und wie blöd gekichert, und ich habe meine Augen verdreht. Am nächsten Tag: nichts; kein Wort. Es wurde so unglaublich still hier. So eine Stille, als wenn man nach dem ersten großen Schneesturm des Jahres nach draußen geht und alles unter einer weißen Decke liegt und noch niemand Schnee

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