Das Flüstern der Stille
umklammert, sodass sie wie ein Gummiband zurückschnellte. Für einen Augenblick, bevor Toni rückwärts die Treppe hinunterstürzte, hatte Griff sie stabilisieren können. Jetzt sahen Calli und Griff mit Entsetzen, wie Antonia mit dem Rücken auf die Stufen krachte und erst im Erdgeschoss liegen blieb.
„Mommy!“ Calli schrie, als Griff die Treppen zu Antonia hinunterrannte. Er kniete sich vor ihre zusammengekrümmte Gestalt hin. Sie war bei Bewusstsein, ihr Gesicht schmerzverzerrt, ihre Arme um den Bauch geschlungen. Sie wimmerte leise.
„Kannst du dich hinsetzen? Calli, sei still!“, brüllte er. Calli schluchzte weiter, als Griff Antonia in eine sitzende Position brachte.
„Das Baby, das Baby“, weinte sie.
„Es wird alles gut. Alles wird gut.“ Griffs Stimme klang flehend. „Es tut mir leid. Es tut mir so leid! Calli, halt verdammt noch mal das Maul. Kannst du laufen? Komm, lass uns zur Couch rübergehen.“ Vorsichtig zog Griff Antonia auf die Füße und führte sie zum Sofa, wo er sie hinlegte und mit einer Decke zudeckte.
Calli weinte weiter im Hintergrund, ihr Weinen wurde lauter, als sie die Treppe hinunterging und sich zu ihrer Mutter setzte. Antonia schaute sie unter halb geöffneten Lidern an und streckte einen Arm nach ihr aus.
„Lass uns ins Ruhe“, befahl Griff. „Jesus, geh aus dem Weg, und sei endlich still !“ Griffs Hände zitterten, als er Calli hochhob und in die Küche brachte. „Setzt dich hier hin und sei still.“ Griff lief unruhig in der Küche auf und ab, raufte sich die Haare, wischte sich den Mund mit einer zittrigen Hand ab.
Er beugte sich zu Calli hinunter, deren tränenerfüllte Schreie zu einem untröstlichen Schluckauf verebbt waren, und flüsterte ihr für eine volle Minute etwas ins Ohr. In diesen unendlichen sechzig Sekunden blinzelten Callis Lider im Takt von Griffs Worten. Sein Atem zischte über die zierlichen Bögen ihrer Ohrmuschel und vermischte sich mit dem sanften Weinen ihrer Mutter. Dann stand er auf und rauschte in einer Böe aus winterkaltem, eisigem Wind aus der Hintertür.
An diesem Abend, nachdem Ben nach Hause gekommen war, hielten Ben und Calli Nachtwache an der Seite ihrer Mutter, die immer noch auf der Couch lag. Ihr verzweifeltes, trauriges Stöhnen erfüllte den Raum, bis Ben endlich Officer Louis anrief und der Krankenwagen kam, gerade rechtzeitig, um ein perfektes, stilles, kükengleiches kleines Mädchen zu entbinden, dessen Haut die gleiche blaue Farbe hatte wie die Lippen seiner Mutter. Die Sanitäter trugen das atemlose Baby schnell fort, aber zuvor konnte Calli noch einmal über seine rotblonden Haare streichen.
Jahre später, Calli saß zwischen den umgefallenen Baumstämmen, aufmerksam und angespannt, erinnerte sie sich an das Flüstern ihres Vaters, das immer noch in ihren Ohren nachklang. Von irgendwo hinter ihr hörte sie ein Rascheln. Das konnte nicht ihr Vater sein. Ranger Phelps? Hoffnung stieg in ihr auf. Sollte sie es wagen, ihr Versteck zu verlassen? Sie wog ihre Möglichkeiten ab. Wenn sie sich zeigte, würde Ranger Phelps ihr sicher helfen, nach Hause zu kommen. Aber was, wenn sie dabei auf ihren Vater stießen? Er würde sie ihrem Vater übergeben, und sie wäre nicht in der Lage, dem Ranger zu erzählen, was passiert war. Nein. Sie musste hierbleiben. Sie kannte den Weg nach Hause, sie musste nur geduldig sein und warten, bis Griff seine Suche nach ihr aufgab. Was sicher bald passieren würde, denn er wollte zu Roger zum Angeln fahren, wollte einen Drink. Die olivgrüne Hose von Ranger Phelps’ Uniform zog an ihr vorbei, und Calli unterdrückte den Drang, aus ihrem Versteck zu springen und den Mann aufzuhalten. So schnell, wie er aufgetaucht war, verschwand er auch wieder, verschmolz mit den Farnen, seine Schritte gedämpft auf der moosbedeckten Erde. Calli lehnte sich zurück, zog ihre Knie unter das Kinn und bedeckte ihren Kopf mit den Armen. Wenn sie ihren Vater nicht sehen konnte, dachte sie, konnte er sie mit Sicherheit auch nicht sehen.
Martin
Ich halte an meinem Haus an und sehe Fielda an der Tür stehen, ihr pechschwarzes Haar streng aus dem Gesicht gekämmt, die Brille leicht schief auf der Nase. Sie schaut mich erwartungsvoll an, ich schüttele den Kopf, und ihrem Gesicht ist die Enttäuschung anzusehen.
„Was machen wir jetzt?“, fragt sie mitleiderregend.
„Der Deputy Sheriff sagt, wir sollen alle anrufen, die uns einfallen, und sie bitten, die Augen offen zu halten. Er will, dass wir ein Foto
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