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Das Flüstern der Stille

Das Flüstern der Stille

Titel: Das Flüstern der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivonne Senn Heather Gudenkauf
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das keine große Sache sei. Aber ich weiß es besser.
    „Was genau ist das NCIC?“, frage ich.
    „Die Abkürzung steht für National Crime Information Center. Sie haben eine zentrale Datei, in der alle Vermisstenfälle erfasst werden. Auf diese Weise wissen andere Strafverfolgungsbehörden, dass wir nach den Mädchen suchen. Und ich habe eine Fahndungsmeldung herausgegeben. Jeder wird die Augen nach Petra und Calli offen halten.“
    „Oh, das ist eine gute Idee.“ In meinem Kopf dreht sich alles. „Was ist mit einem AMBER-Alarm? Kannst du so einen nicht auch rausgeben?“
    „Einen AMBER-Alarm gibt es nur, wenn feststeht, dass ein Kind entführt wurde. Und das wissen wir nicht mit Sicherheit.“ Wir schweigen einen Moment. „Toni, alles wird gut. Ich verspreche es dir“, sagt Louis schließlich entschlossen.
    Ich lege den Hörer auf. Ben beobachtet mich, wartet auf eine Ansage, was er tun soll. „Geh unter die Dusche, Ben. Gleich wird jemand von der State Police vorbeikommen …“
    „Was ist mit unserer Suche?“, unterbricht er mich genervt.
    „Louis sagt, dass wir uns mit dem Mann unterhalten sollen, also werden wir es tun. Los, geh duschen.“ Ich setze mich hin, um wieder einmal zu warten.

Calli
    Callis Muskeln spannten sich an, als sie ein Rascheln in den Büschen hörte, dann das laute Knacken von brechenden Ästen. Sie war sofort auf der Hut, ihr Herz schlug einen dumpfen Rhythmus, den sie in ihren Schläfen spüren konnte. Wie erstarrt wartete sie auf das nächste Geräusch, erwartete halb, Griff über den Haufen Baumstämme schauen zu sehen. Ein zartes Knistern von Ästen, zu leichtfüßig, um Griff zu sein, und dann trat ein Reh in ihr Blickfeld, das rotbraune Fell noch mit den weißen Flecken des Rehkitzes gesprenkelt. Es blieb ganz still stehen, als es Callis Gegenwart bemerkte. Die langen, schmalen Ohren des Rehs erinnerten Calli an einen Hasen, die Augen waren schwarz und glänzend, wie das Katzensilber, das Ben in einer Schublade in seinem Zimmer aufbewahrte. Die beiden schauten sich eine Weile an, und dann trat das neugierige Reh näher, kam so nah, dass Calli, wenn sie sich denn getraut hätte, seine schwarze Nase hätte streicheln können. Mit angehaltenem Atem verlagerte Calli ihr Gewicht, sodass sie auf die Knie kam. Das Reh erschreckte sich und ging einige Schritte rückwärts, bevor es stehen blieb. Wieder beobachteten sie einander, beide langbeinig, mit knubbeligen Knien, und allein. Schnüffelnd kam das Reh vorsichtig erneut auf Calli zu. Calli wagte es, sich zwischen den sie schützenden Ästen hinzustellen, und das Reh zog seinen Kopf zögernd zurück, bereit, jederzeit zu fliehen. Wieder blieben sie friedlich voreinander stehen, jeder musterte den anderen abschätzend, bis das Kitz zwei mutige Schritte auf Calli zumachte. Überrascht stolperte sie rückwärts, stieß gegen eine Birke, die weiße, papiergleiche Borke zerfiel unter ihren Händen, als sie versuchte, das Gleichgewicht zu halten. Nachdem sie sich erholt hatte, ging Calli mit ausgestreckter Hand auf das Reh zu. Und so ging es noch eine Weile weiter. Ein geräuschloser, zarter Walzer unter einer Kuppel aus schimmernden Grüntönen, unter den Füßen ein Teppich aus Erde, in diesem Moment verloren, zusammen, jeder von ihnen in seinem eigenen stillen Raum, nichts sagend, aber einander zuflüsternd in ihrem seltsamen kleinen Tanz.

Deputy Sheriff Louis
    An meinem Schreibtisch, der übersät ist mit den fürchterlichen Erinnerungen daran, dass zwei Mädchen vermisst werden, warte ich auf den State Police Agent. Ich habe gerade Meg, unsere Disponentin, gebeten, einen unserer Reservisten als Verbindungsmann zu den betroffenen Familien zu schicken. David Glass, ein Apotheker, wird unseren ältesten, verbeultesten Einsatzwagen zwischen beiden Häusern parken. Alle Informationen im Zuge der Ermittlungen werden bei ihm zusammenlaufen.
    Das Bild von Calli, das an alle Polizeidienststellen geschickt worden ist, starrt mich an. Sie sieht ihrer Mutter so ähnlich, die gleichen kastanienfarbenen Haare und braunen Augen, der gleiche unordentliche Zopf, den Toni hatte, als sie noch jünger war.
    Toni und ich haben uns kennengelernt, als ich sieben war, im Winter unseres ersten Schuljahrs. Meine Mutter, meine Schwester, mein Bruder und ich waren gerade aus Chicago in das winzige Willow Creek gezogen. Mein Vater war ein Jahr zuvor unerwartet an einem Herzinfarkt gestorben, und durch einen Freund hatte meine Mutter einen Job am hiesigen

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