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Das Flüstern der Stille

Das Flüstern der Stille

Titel: Das Flüstern der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivonne Senn Heather Gudenkauf
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ermitteln. Ich werde mich gleich mit den anderen Deputies treffen, um aktuelle Informationen über unsere Fortschritte auf der Suche nach Calli und Petra auszutauschen.
    Unser Sheriff, Harold Motts, wird langsam älter und hat sich im letzten Jahr aus dem aktuellen Tagesgeschäft mehr oder weniger herausgehalten. Er hat so viele Pflichten wie möglich an mich delegiert. Es wurde sogar schon davon gesprochen, dass ich bei der nächsten Wahl zum Sheriff antreten soll. Die meisten Kollegen akzeptierten, wenn auch widerwillig, meine Führungsrolle, außer einem. Deputy Logan Roper hat versucht, mir meinen Job als Deputy Sheriff zur Hölle zu machen. Ich denke, das hat mehr mit seiner engen Freundschaft zu Griff Clark zu tun als mit einer generellen Abneigung mir gegenüber, aber wer weiß? Wir haben eine stille Übereinkunft geschlossen. Wir zeigen uns gegenseitig den nötigen beruflichen Respekt und sprechen miteinander, wenn es nötig ist, aber mehr nicht. Das ist nicht ganz optimal, aber solange die Spannungen sich nicht auf unsere Arbeit auswirken, kann ich damit leben.
    Griff und Logan waren in der Highschool fünf Klassen über Toni und mir. Ich kannte sie nicht sehr gut, wusste nur, dass sie wild waren und gemein sein konnten. Ich weiß nicht, wie Toni und Griff sich kennengelernt haben, aber ich glaube, es war durch ihren Job als Kassiererin bei Gas & Co., einer Tankstelle mit kleinem Supermarkt am Highway 10. Toni arbeitete dort an den Wochenenden und nach der Schule. Ich hatte ihr gesagt, dass ich es nicht gut finde, wenn sie so spät abends und so nah am Highway auf der Tankstelle arbeitet; jederzeit hätte jemand sie mitnehmen können und wäre längst über alle Berge, bevor es bemerkt würde. Aber Toni hat immer nur gelacht und mich „Cop Boy“ genannt. Ich habe es gehasst.
    Im April unseres letzten Schuljahres auf der Highschool hat Toni nicht mehr mit mir geredet und sich stattdessen mit Griff getroffen, anscheinend hoffnungslos verliebt in ihn. Ich dachte, sie versuche, mich eifersüchtig zu machen – und es funktionierte. Aber ich wollte es ihr gegenüber nicht zugeben. Allerdings dachte ich auch nicht, dass sie ein Jahr später mit ihm verheiratet sein würde.
    Im November dieses letzten Schuljahres hatten Toni und ich das erste Mal über unsere gemeinsame Zukunft gesprochen, darüber, was wir uns wünschten. An einem kalten, frühen Wintermorgen waren wir im Wald spazieren gegangen. Sie trug einen alten braunen Mantel, der einem ihrer Brüder gehörte, und eine bunte Strickmütze von ihrer Mutter, die im Herbst gestorben war. Sie hatte ihre Haare ganz kurz geschnitten, wodurch sie noch jünger aussah als siebzehn. Seit ihre Mutter gegangen war, hatte Toni Gewicht verloren und sah nun beinah zerbrechlich aus. Ich war aufgeregt. Sie wusste, dass ich aufs College gehen wollte. Toni sagte, dass sie mich dabei unterstützen würde, aber ich merkte, dass das nicht stimmte. Ich konnte mir die Gebühren am St. Gilianus nicht leisten, also war ein staatliches College meine einzige Möglichkeit. Das Problem bestand darin, dass die University of Iowa über hundertsechzig Kilometer von Willow Creek entfernt war. Ich hatte meine Bewerbung bereits eingereicht und war angenommen worden; ich würde im nächsten August wegziehen.
    Als ich Toni davon erzählte, schaute sie mich nicht an. Sie saß auf einem umgefallenen Baum, den wir die Lone Tree Bridge nannten, weil er quer über dem Willow Creek lag und so eine natürliche Brücke bildete. Normalerweise konnte ich jede Gefühlsregung in ihrem Gesicht lesen, doch als ich ihr erklärte, dass das College gar nicht so weit weg sei und ich sie in den Ferien und an den Wochenenden besuchen würde, wurde ihre Miene zu einer undurchdringlichen Maske. Ich fuhr fort, dass es doch nichts gebe, was sie davon abhalte, mit mir zu kommen. Sie könnte sich auch einschreiben oder sich einen Job suchen. Wir würden weiterhin zusammen sein.
    „Jeder verlässt mich“, flüsterte sie und steckte ihre Hände in die Taschen des Mantels.
    Sie meinte, dass ihre Mutter gestorben war und ihre Brüder fortgezogen waren. Es waren nur noch ihr Vater und sie in dem Haus, und laut Toni dachte ihr Vater darüber nach, zu seinem ältesten Sohn nach Phoenix zu ziehen.
    „Ich verlass dich doch nicht, nicht für immer“, sagte ich ihr. Aber sie schüttelte den Kopf.
    „Du wirst nicht zurückkommen. Du gehst ans College mit all diesen wichtigen Leuten und wichtigen Ideen. Du wirst diesem Ort hier

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