Das Flüstern der Toten (German Edition)
hielt inne.
»Sie hat mir gesagt, wo die drei Dinge zu finden sind, die Sie sich am meisten wünschen.«
Ich hörte den Türknauf. Außerdem spürte ich Ontiveros’ Misstrauen. Seine Begeisterung für meinen Geruch verflüchtigte sich. Wie immer, wenn ich von Toten zu reden anfing. Ich lehnte mich ein wenig zurück und spähte in seine wachsamen Augen.
»Sie sind fünf Minuten davon entfernt, für drei Morde belangt zu werden, die Sie, wie wir beide wissen, nicht begangen haben. Verraten Sie mir, ohne irgendwas auszulassen, was Sie mit dieser Sache zu tun haben, und ich verrate Ihnen, wo das Medaillon ist. Für den Anfang.«
Verblüfft holte er Luft. Das war Wunsch Nummer eins. Auch Nummer zwei war ziemlich handfest. Nummer drei indes war ein wenig heikler, vor allem deshalb, weil Ontiveros’ Tante nicht genau wusste, wo Nummer drei zu finden sein würde, sondern lediglich die ungefähre Entfernung kannte. Vermutlich würde der Rest Cookies Aufgabe sein.
Ich hatte mein Ding gerade durchgezogen, als Onkel Bob mit drohender Miene durch die Tür gestürmt kam. Ich zwinkerte ihm zu, wandte mich wieder an Julio, zog eine Visitenkarte aus meiner Gesäßtasche und schob sie ihm unter die gefesselte Hand.
»Sie haben mein Wort«, sagte ich, ehe ich ging.
Im Beobachtungsraum wartete ich, ob er einknicken würde. Nicht, dass ich viel gesehen hätte. Der winzige Raum war inzwischen überfüllt. Die Hälfte der Männer glotzte mich an – darunter auch der stocksaure Garrett Swopes, der mich allerdings an meinem Knackarsch lecken konnte – , während die andere Hälfte in den Verhörraum starrte. Dann hörte ich es.
»Ich sage aus«, ließ sich Julio aus den Lautsprechern vernehmen. »Ich verrate Ihnen, was ich weiß, aber ich verlange Immunität. Ich gehe hierfür nicht in den Knast.«
Ich drehte mich mit blitzenden Augen um, klatschte Ysenia ab, die Frau, die den Jungen großgezogen hatte und die irdischen Gefilde erst verlassen wollte, wenn sie ihn aus der Scheiße geholt hatte, wie sie sich ausdrückte. Dann marschierte ich erleichtert grinsend aus dem Polizeirevier. Onkel Bob würde mir die Einzelheiten später telefonisch mitteilen, ich würde ihm im Gegenzug die Bedingungen unseres Abkommens erläutern. Für den Moment war ich müde und steif vor Schmerzen und benötigte dringend ein heißes Bad. Wenn ich gewusst hätte, was mich zu Hause erwartete, hätte ich bestimmt sinnlichere Bedürfnisse verspürt.
In Gedanken bei Sprudelbädern und Kerzenlicht schloss ich die Haustür auf und huschte leise in meine Wohnung, um Cookie und Amber auf der anderen Seite des Hausflurs nicht zu stören. Es war spät. Die Sonne hatte sich bereits vor Stunden auf die andere Seite der Welt verzogen, und ich wollte Cookie nicht zwei Nächte hintereinander um ihren verdienten Schlaf bringen. Auf dem Heimweg hatte ich Zwischenstation im Büro gemacht und entdeckt, dass Neil mir, in einem Anfall von Entgegenkommen, eine Kopie der Akte Reyes hatte zustellen lassen. Ich wusste nicht genau, ob das legal war, aber ich hätte ihm nicht dankbarer sein können, wenn er mir seinen Lottogewinn überlassen hätte. Bei der Akte lag eine schlichte Notiz: Von mir hast du das nicht .
Ich erkundigte mich bei Dad, ob jemand eine Nachricht für mich hinterlassen hatte, für den Fall, dass die geflüchtete Rosie irgendwas benötigte, verdrückte eine Portion Chilieintopf und schleppte mich anschließend über den Parkplatz zum Causeway. Obwohl es gut war, dass Rosie sich nicht gemeldet hatte, machte ich mir unwillkürlich Sorgen und hoffte, sie würde sich gegen meine Anweisung mal bei mir melden.
Als ich das Wohnzimmerlicht einschaltete und beiläufig Mr Wong Hallo sagte, drehte sich Reyes zu mir um, Reyes, der wie ein König von Gottes Gnaden vor meinem Wohnzimmerfenster stand. Reyes Farrow. Derselbe Reyes Farrow, der eine Wegstunde von hier in Santa Fe im Koma lag. Er wandte sich ab und blickte wieder aus dem Fenster, damit ich mein Zeug auf der Küchenbar ablegen konnte.
Anschließend trat ich vorsichtig näher an ihn heran. Er senkte seinen durchdringenden Blick und beobachtete mich aus den Augenwinkeln. Obwohl er eindeutig körperlos war, schien er aus einem festeren Stoff als Menschenfleisch zu bestehen.
Ich suchte nach Worten. Du bist echt eine Kanone im Bett kam mir irgendwie unpassend vor. Als der Druck zu groß wurde, platzte ich mit dem Erstbesten heraus, das mir in den Sinn kam.
»In drei Tagen werden deine lebenserhaltenden
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