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Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition)

Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition)

Titel: Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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Leute.«
    Drew schluckte. Die Aussage einer einzelnen Dame war anfechtbar, nicht aber die einer ehrbaren Familie.
    »Wann genau habt Ihr Rowe zum letzten Mal gesehen?«
    »Nach der gestrigen Nachmittagsvorstellung bat mich Rowe, ihn in ein gewisses Pub an der Themse zu begleiten. Ich wollte ja nach Eastcheap fahren und hatte vorher noch eine Verabredung auf der anderen Seite des Flusses. Daher hatte ich nicht viel Zeit. Rowe blieb aber hartnäckig. Schließlich sind wir im Streit auseinandergegangen.«
    »Worum ging es in diesem Streit?«
    »Eine Privatangelegenheit«, entgegnete Hawkins verlegen.
    »Handelte es sich dabei eventuell um die literarischen Ambitionen von Bardolph Zenobia?«
    Hawkins zuckte mit den Achseln. »Ich will Euch reinen Wein einschenken«, sagte er. »Rowe hatte zusammen mit einem Freund ein nettes kleines Stück verfasst. Ich sollte ihm helfen, ein Theater zu finden, das bereit war, es zu inszenieren.«
    »Warum hat er sich nicht gleich an Burbage gewandt?«
    »Mein Herr, wir sind die ›King’s Men‹. Wir sind auf Jahre hin eingedeckt mit äußerst anspruchsvollen Stücken aus der Feder berühmter Meister wie Shakespeare, Jonson, Beaumont und Fletcher, um nur einige zu nennen. Burbage hätte das Werk eines Unbekannten keines zweiten Blickes gewürdigt. Rowe wusste, dass ich Beziehungen zu anderen Theatern habe, und gab mir das Manuskript zu lesen. Die Idee war brauchbar, aber der Text musste komplett umgeschrieben werden. Darauf habe ich soviel Zeit verwandt, dass es schließlich weder Rowes Werk noch das seines Freundes, sondern mein eigenes war.«
    »Dieser Freund war wohl Teazle?«
    »Ja.«
    »Also ward Ihr der Ansicht, Ihr dürftet nach eigenem Belieben über das Theaterstück verfügen?«
    »Es gehörte mir! Ich habe es komplett neu geschrieben. Ihr könnt gern die Originalfassung mit der meinigen vergleichen. Erst wollte ich ja nur, dass mich die beiden beteiligen, aber Rowe weigerte sich. Er beharrte darauf, dass das Stück ihm und seinem Freund gehöre und niemandem sonst. Also verkaufte ich es unter dem Namen Zenobia an das Blackfriars-Theater. Da ich nicht kleinlich erscheinen wollte, ging ich anschließend zu Rowe und bot ihm eine Guinee, aber er wollte sie nicht haben. Er fand heraus, an welches Theater ich das Stück verkauft hatte. Gestern Abend ging er, nachdem wir uns getrennt hatten, selbst zum Blackfriars-Theater und bezichtigte mich, ihm das Stück gestohlen zu haben.
    Als wir uns gestern Nachmittag unterhielten, hatte ich allerdings den Eindruck, er hätte meine Guinee angenommen, wenn sich Teazle nicht quergestellt hätte. Teazle war offenbar der Meinung, Rowe wolle ihn betrügen und hinter seinem Rücken weitere Zahlungen von mir empfangen, nachdem das Stück zur Aufführung gelangt war. Ich sagte ihm, es sei seine Sache, sich mit Teazle einig zu werden. Eine Guinee ist schließlich ein durchaus angemessenes Honorar für eine bloße Idee, die ich literarisch verwertet habe.«
    »Ich bezweifle, dass das Gericht Eurer großzügigen Rechtsauslegung zustimmen würde«, bemerkte Drew trocken. »Hat Euch Teazle diesbezüglich angesprochen? Wo ist er überhaupt?«
    »Er treibt sich hier irgendwo herum«, antwortete Hawkins mit einer wegwerfenden Geste. »Ich versuche ihn zu meiden, denn er ist unbeherrscht wie ein Kind und scheint sich darüber hinaus für einen großen Künstler zu halten, gegen den sich alle Welt verschworen hat. Wie dem auch sei, ich habe ein Alibi für den Mord an Oliver Rowe, und bestohlen habe ich auch niemanden.«
    »Das wird sich noch herausstellen.«
    Drew ließ Hawkins stehen und ging nach vorn zur Bühne. Die dritte Szene des zweiten Akts mit Anne Bullen und der alten Hofdame ging gerade zu Ende. Anne deklamierte:
    »– Stürb’ ich doch lieber,
    Wenn dies mein Blut erhitzt; nein, es erschreckt mich,
    Zu denken, was mag folgen. –
    Die Königin ist trostlos, wir vergesslich,
    Sie so allein zu lassen. Bitt’ Euch, sagt nicht,
    Was Ihr gehört.«
     
    Die Hofdame entgegnete entrüstet: »Was denkt Ihr nur von mir?«, und beide traten ab.
    Indessen bereiteten sich alle auf die nächste Szene vor.
    Drew schaute sich unter den Schauspielern um und versuchte zu erraten, welcher von ihnen Teazle war. Irgendetwas lenkte seinen Blick hinauf zu jener Loge im zweiten Rang, wo die Kanone stand, die ihm Burbage bei seinem vorangegangenen Besuch gezeigt hatte und die abgefeuert werden sollte, um die Prozession des Königs und seiner Kardinäle

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