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Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition)

Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition)

Titel: Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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letztes Jahr niedergelassen.«
    »Kann durchaus sein.«
    Dickens seufzte und legte das aufgeschlagene Buch auf den Tisch.
    Miss Mary trat ein. »Ich wollte nur fragen, ob die Herren noch etwas trinken wollen«, sagte sie. Dann fiel ihr Blick auf das Verzeichnis. »Haben Sie gefunden, wonach Sie gesucht haben, Sir?«
    Dickens schüttelte den Kopf. »Leider nicht, Miss Mary.«
    »Sie suchen einen Anwalt, wie? Davon gibt es ja genug hier. Aber wenn Sie mich fragen, sollte man sich vor denen in Acht nehmen. Mein verstorbener Mann hat immer gesagt …«
    »Wir haben nach einem bestimmten Namen gesucht, ihn aber nicht gefunden«, unterbrach Dickens sie hastig. Er hatte keinerlei Bedürfnis, sich die Ansichten von Miss Marys verstorbenem Gatten anzuhören.
    Collins nickte verständnisvoll. »Sie könnten zu Kelly’s ins Büro gehen und fragen, ob es im diesjährigen Verzeichnis einen Eintrag für Wraybrook gibt«, schlug er vor.
    Miss Mary zuckte regelrecht zusammen, als sie den Namen hörte. »Wraybrook?«, wiederholte sie. »Sie meinen doch nicht etwa Mr. Eugene Wraybrook, Sir?«
    Dickens beäugte sie argwöhnisch. »Sagen Sie bloß, Sie kennen den Anwalt Wraybrook.«
    »Ja, er ist ein ganz junger Mann, der erst seit ungefähr einem halben Jahr in England lebt. Es heißt, er kommt aus Indien. Aber nicht, dass Sie denken, er wäre Inder! Oh, nein, er ist Engländer wie Sie und ich! Ein sympathischer junger Herr. Er wohnt am Anfang der Narrow Street und hat dort auch seine Kanzlei. Viel zu tun hat er allerdings nicht, sagt man. Aber er ist höflich und nett und zahlt pünktlich seine Rechnungen.«
    »Würden Sie ihn erkennen?«
    »Aber sicher.«
    »Und der junge Fred?«
    »Das weiß ich nicht, Sir. Fred arbeitet nur abends hier, und Mr. Wraybrook isst bei uns nur gelegentlich zu Mittag.«
    »Haben Sie sich eigentlich die Leiche genau angeschaut?«, wollte Dickens wissen.
    »Nein, Sir. Ich kann den Anblick von Toten nicht ausstehen … Warum fragen Sie, Sir? Sie wollen doch nicht etwa sagen …«
    Dickens erhob sich. »Wo genau sind Wraybrooks Räume?«, fragte er.
    »In einem der Häuser am Anfang der Straße, mehr weiß ich auch nicht. Aber …«
    »Geben Sie uns eine Viertelstunde Vorsprung Miss Mary. Dann gehen Sie bitte zu dem Polizisten, der neben der Leiche herumsteht, und sagen Sie ihm, wo wir sind.«
    Gefolgt von Collins verließ Dickens das Gasthaus. Am Anfang der dunklen Narrow Street drängten sich hohe Mietshäuser rechts und links der Fahrbahn, so dass kein Lichtstrahl in die schmale Gasse dringen konnte. Im gespenstischen Schein der Gaslaternen spielten ein paar verwahrloste Kinder Himmel und Hölle. Gegen eine Gebühr von drei Pence ließ sich eines der Kinder die Auskunft entlocken, in welchem der Häuser Wraybrook gelebt hatte.
    Dickens und Collins betraten das Haus. Es brannte auf jeder Zwischenetage eine Gaslampe, daher fiel es den Männern leicht, die Karte zu lesen, die an einer dunklen Tür im zweiten Stock befestigt war: »E. Wraybrook, Rechtsanwalt« stand darauf.
    Dickens versuchte die Tür zu öffnen, aber sie war abgeschlossen. Verdutzt beobachtete Collins, wie sein Schweigervater den oberen Türrahmen abtastete, um dann enttäuscht seine Suche aufzugeben.
    »Was sollte das denn?«
    »Manchmal legen die Leute den Ersatzschlüssel oben auf den Rahmen«, erwiderte Dickens geistesabwesend. »Sergeant Cuff wird vermutlich gleich hier sein, deshalb will ich die Tür nicht aufbrechen. Aha!« Er ging in die Knie und stocherte mit den Fingern in einer Lücke in der Sockelleiste. Triumphierend holte er einen Schlüssel hervor.
    »Der Mensch ist doch ein Gewohnheitstier«, bemerkte er.
    Wenige Sekunden später betraten die beiden Männer die Wohnung. Dort lag ein seltsamer Geruch in der Luft. Collins schnupperte und zog die Nase kraus.
    »Irre ich mich, oder riecht es nach Opium?«
    »Du irrst dich, Charley«, antwortete Dickens. »Das sind Räucherstäbchen, sehr beliebt im Fernen Osten. Diese hier riechen nach Sandelholz. Lass uns Licht machen. Siehst du irgendwo eine Lampe?«
    Der erste Raum war schlicht möbliert und diente offenbar als Büro. Auf dem Schreibtisch lagen zusammengerollte Schriftstücke. Dickens holte das rote Band aus der Jackentasche und schob es probehalber auf eines davon. Der Durchmesser passte. Er warf Collins einen verschmitzten Seitenblick zu und steckte das Band wieder ein.
    Die Unterlagen waren nicht besonders aufschlussreich. Ein Rechtsstreit um den Besitzanspruch an einem

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