Das Fluestern des Todes
gesagt, dass er schon vorher getötet hat. Und er hat drei Leute umgebracht, um mir das Leben zu retten. Mehr wollte ich gar nicht wissen.«
»Da hast du völlig recht. Ich sollte ihn kontaktieren und sicherstellen, dass er für den Auftrag auch bezahlt wurde. Hat er dir eine Nummer oder Adresse gegeben?« Sie schüttelte den Kopf. Die Nummer, die er ihr ins Buch geschrieben hatte, wollte sie nicht preisgeben. »Macht nichts«, sagte Simon. »Er wird sich sicher mit uns in Verbindung setzen, wenn er noch Geld bekommt. War es denn seine Idee, umgehend ein Testament aufzusetzen?«
Er schien argwöhnisch, fast schon alarmiert, weil dieser mysteriöse Lucas einen derartigen Einfluss auf sie gehabt hatte. Bevor sie antworten konnte, wurde sie vom Geschrei der beiden Jungs unterbrochen, die auf den Rasen gestürmt kamen. Harry hatte einen Tennisschläger, George den dazugehörigen Ball.
Sie kamen auf sie zugelaufen und riefen: »Komm, Ella, spiel mit uns.«
Simon zog die Stirn in Falten, offensichtlich um anzudeuten, dass sie ihm noch eine Antwort schuldig war.
»Was spielen wir? French Cricket, vermute ich mal?« Sie war bereits aufgestanden, wandte sich dann aber noch einmal an Simon: »Nein, das war mein Vorschlag. Ich hab alles dir vermacht, und nach dir den Jungs.«
Das schien ihn zu beruhigen. »Okay, jetzt haben wir genug über den Tod geredet. Wir werden in den nächsten Wochen noch so viel davon hören, dass es für ein ganzes Leben reicht.« Sie musste über seine seltsame Wortwahl lächeln, folgte dann aber den beiden Jungs.
Es war eine Befreiung, für eine Weile einfach nur spielen zu können. Sicher, sie wollte mehr über die Geschäfte hören, wollte die Wahrheit erfahren, aber die Einzelheiten machten sie krank. Sie konnte es gar nicht erwarten, dass Simon ihr diese Last von den Schultern nahm. Danach würde sie alles umgehend vergessen.
Eine halbe Stunde lang bestanden ihre Probleme nur darin, für Harry und George den unbestechlichen Schiedsrichter zu spielen. Doch dann wurde sie von Simon ins Haus zurückgerufen. Als sie näher kam, sah sie bereits, dass zwei Personen hinter ihm standen.
Seine Fröhlichkeit wirkte aufgesetzt. »Die Polizei ist hier, um ein wenig mit dir zu plaudern.«
»Kein Problem.« Sie folgte ihm ins Haus.
»Das ist meine Nichte Ella, und das – lassen Sie mich nichts durcheinanderbringen – sind Inspektor Graham Thorburn und Sergeant Vicky Welsh.«
Thorburn trug eine Krawatte ohne Jackett und hatte seine Haare kunstvoll nach hinten gegelt. Er war um die dreißig, während Welsh – kurze Haare, heller Rock und lockere Bluse – kaum älter als Ella zu sein schien. Sie lächelte Ella bereits an, bevor sie einander vorgestellt wurden.
»Bitte, nennen Sie uns Graham und Vicky.« Sie gaben sich die Hand.
»Für derartige Anlässe bietet sich wohl die Bibliothek an«, sagte Simon. »Obendrein der einzige Ort, an dem die Jungs keine Wettrennen veranstalten.«
Als er sie zur Bibliothek führte, sagte Graham Thorburn: »Sie haben doch nichts dagegen, wenn wir mit Ella alleine sprechen?«
Ella fragte sich, ob Thorburn damit vielleicht nur Simons Reaktion testen wollte, doch ihr Onkel ließ sich nichts anmerken. »Natürlich nicht. Melden Sie sich einfach, wenn Sie etwas brauchen.« Er ging hinaus und ließ sie allein. Ella setzte sich auf eines der Sofas, die beiden Polizisten nahmen ihr gegenüber Platz. Auf dem Kaffeetisch zwischen ihnen lagen einige Kunstbände, die unberührt aussahen und bereits Staub angesetzt hatten.
Vicky Welsh ließ ihren Blick durch den Raum gleiten. »Was für ein wundervolles Haus Ihr Onkel hier hat.«
»Ja, direkt aus dem Agatha-Christie-Bestellkatalog.«
Ihr Kollege lachte. »Also, Ella, wenn Sie bereit sind, möchten wir Ihnen gern ein paar Fragen stellen«, sagte er immer noch lächelnd. »Wenn Sie sie zu aufdringlich finden, dann nur deswegen, weil wir alle Möglichkeiten ausschöpfen möchten, um die Person – oder die Personen – zu finden, die Ihre Familie ermordet hat.«
»Natürlich.«
»Gut. Die erste und offensichtlichste Frage ist: Fällt Ihnen irgendjemand ein, der einen Groll gegenüber Ihrem Vater oder der ganzen Familie hegte? Können Sie sich einen Grund vorstellen, der jemanden zu so einer Tat veranlasst haben könnte?« Ella bemerkte, dass Vicky Welsh einen Notizblock herausgeholt hatte, um ihre Antworten festzuhalten. »Versuchen Sie, sich bitte daran zu erinnern, ob Sie einmal eine Auseinandersetzung miterlebt haben
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