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Das Fluestern des Todes

Das Fluestern des Todes

Titel: Das Fluestern des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Wignall
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– entweder persönlich oder am Telefon. War Ihr Vater irgendwann einmal besonders aufgebracht?«
    »Nein.« Sie fühlte sich etwas unwohl, auf eine derart lange Frage eine so knappe Antwort zu geben, aber es war nun mal die Wahrheit. Dennoch bemühte sie sich um eine ergänzende Erklärung: »Ich wüsste nicht einmal, wann ich ihn überhaupt zum letzten Mal aufgeregt erlebt habe. Ich frage mich, wie gut ich ihn wirklich kannte.«
    »Weshalb? Warum sagen Sie das?« – »Nun, offensichtlich muss ihn ja irgendetwas aufgeregt haben, wenn er Angst hatte, ich könnte entführt werden. Natürlich machen sich alle Eltern um ihre Kinder Sorgen, aber die wenigsten werden wohl gleich einen Bodyguard anheuern.«
    »Ich verstehe. Sie sagten, dass Sie nie den Namen des Bodyguards erfahren haben?«
    »Das ist richtig. Er sagte, dass wir seinen Namen nicht unbedingt wissen müssten. Und nachdem wir miterlebt hatten, wozu er in der Lage war, wollten wir das auch gar nicht mehr so genau wissen.«
    »Und Sie haben in seinem Haus übernachtet, wissen aber nicht, wo es sich befindet?« Die Skepsis in seiner Frage war nicht zu überhören.
    »In der Nähe war eine kleine Stadt. Wenn ich den Namen hören würde, könnte ich mich bestimmt erinnern, aber spontan fällt er mir nicht ein.«
    »Nicht so schlimm.« Er machte den Eindruck, als habe er das Thema Lucas innerlich bereits abgehakt. Seine Mimik dagegen ließ darauf schließen, dass er ihr kein Wort glaubte. »Ihre Eltern – waren sie … glücklich verheiratet?«
    »Absolut.«
    Er lächelte. »Und was ist mit Ihrem Vater und Ihrem Onkel – wie kamen die miteinander aus?«
    »Gut.«
    »Sie waren nie Zeuge von geschäftlichen Differenzen?« Er sprach über Simon, als gehöre er zum Kreis der potenziell Verdächtigen. Sie wollte schon fragen, ob das tatsächlich der Fall sei, überlegte es sich dann aber doch anders. Es klang wie eine der klischeehaften Fragen, die gerne in Fernsehkrimis gestellt werden.
    »Ich habe nie mitbekommen, dass sie gestritten hätten. Sie haben nicht einmal über geschäftliche Dinge gesprochen.«
    »Glauben Sie nicht, dass Ihr Onkel verbittert war, weil er nur die zweite Geige spielte?«
    »Mein Vater war für Simon immer das große Idol.« Sie wollte noch weiter ausholen, um ihm vor Augen zu führen, wie unangemessen und unbegründet sie diese Fragen hielt, verstummte aber. Wenn sie den Gedanken konsequent weiterdachte, kam sie zu einem Ergebnis, das sie erschaudern ließ. Vielleicht spürte er ihre Verunsicherung, weil er vielsagend schwieg. Beide schauten sich leicht irritiert an, bis der Inspektor zu seinem nächsten Punkt überging.
    »Unsere Untersuchungen konzentrieren sich momentan auf das ziemlich komplexe Firmengeflecht, das Ihr Vater aufgebaut hat. Ich denke, Sie werden verstehen, dass wir eine weitaus größere Chance haben, die Mörder zu finden, wenn wir kompletten Zugang …«
    Ella unterbrach ihn. »Darüber müssen Sie schon mit meinem Onkel sprechen.« Der Tenor ihrer Worte war unmissverständlich: Sie vertraute Simon – jedenfalls mehr als ihnen.
    »Aber Sie würden uns die Erlaubnis geben?« Sie hatte den Eindruck, als wolle er sie in die Enge treiben – was sie zunehmend verärgerte. Sie schienen mehr an Hattos Geschäft interessiert zu sein als an der Lösung der Mordfälle.
    »Nein, tut mir leid. Auch das muss Simon entscheiden.«
    »Aber wollen Sie denn nicht, dass wir die Leute finden, die Ihre Eltern und Ihren Bruder getötet haben?«
    »Cleverer Versuch, aber da müssen Sie schon früher aufstehen.« Sie lächelte, um keinen Zweifel daran zu lassen, dass sie sich nicht so schnell austricksen ließ. Offensichtlich waren sie in der Hoffnung gekommen, ihre Naivität und Verzweiflung ausnutzen zu können. »Und wo wir gerade dabei sind: Ich war nicht gerade begeistert davon, in den Zeitungen die Schlagzeilen über angebliche Hinrichtungen im Gangster-Milieu zu lesen. Mein Vater war kein Gangster.«
    Er sah sie indigniert an und war offenbar kurz davor, seine Fassung zu verlieren. »Ich kann Ihnen versichern, dass von uns nichts Derartiges an die Presse gegeben wurde.«
    »Vielleicht nicht direkt.«
    »Nein, überhaupt nicht.« Er starrte sie an und schien darüber nachzugrübeln, ob weitere Fragen überhaupt noch sinnvoll waren. »Nun, ich denke, das wäre alles für heute. Danke für Ihre Zeit.« Ein Hauch von Feindseligkeit, vielleicht auch Enttäuschung, lag noch immer in der Luft – und Ella konnte sich des Eindrucks nicht

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