Das Flüstern des Windes (German Edition)
den Berater wieder herein.«
König Canai wartete schon ungeduldig in seinem Zelt auf Heidars Rückkehr. Mit hinter dem Rücken verschränkten Armen ging er unruhig auf und ab und führte leise Selbstgespräche.
Als die Zeltbahn, die den Eingang verdeckte, zurückgeschlagen wurde, hielt er sich nicht lange mit Vorreden auf.
»Und was haben sie gesagt?«
Heidars Gesicht war ein einziges breites Grinsen. »Sie haben zugestimmt, Euch zu treffen. Wie nicht anders zu erwarten, weigern sie sich aber, unser Lager zu betreten. Sie wollen mit Euch auf einer kleinen Lichtung unweit von hier verhandeln. Ronder verlangt für Karem und sich selbst freies Geleit, auch wenn die Verhandlung scheitern sollte. Sie bestehen darauf, dass beide Seiten nur von einer persönlichen Leibwache, nicht mehr als zwölf Mann, begleitet werden. Sollte eine dieser Bedingungen nicht erfüllt werden, wollen sie zurück in ihr Lager kehren und den Krieg fortführen.«
Das belustigte Lachen des Königs erfüllte das Zelt. Die Soldaten, die davor Wache standen, fragten sich neugierig, was es wohl gewesen sein mochte, das die Laune des Königs schlagartig verbessert hatte.
Jawelar beugte sich über den Fürsten. Auf Ronders Stirn standen Schweißtropfen und Fieberkrämpfe schüttelten seinen Körper. Der Heiler schob ein Augenlid hoch und betrachtete die gerötete Pupille. Mit ernster Miene wandte er sich an Karem und die Generäle.
»Wenn der Fürst zu dieser Besprechung mit dem König reitet, wird er sterben! Die Gespräche mit dem Berater haben ihn schon über seine Kräfte hinaus erschöpft. Eine weitere Belastung würde er nicht überleben!«
Hinter ihm versuchte sich Ronder aufzurichten, sank aber entkräftet wieder auf seine Lager zurück. »Ich bin der Fürst, der oberste Anführer dieser Armee. Natürlich werde ich persönlich an den Verhandlungen teilnehmen!«, knurrte er.
General Avetar trat neben die Liege des Fürsten und kniete nieder.
»Herr!«, flehte er eindringlich. »Lasst mich an Eurer Stelle gehen. Ihr kennt mich. Ich diente schon unter Eurem Vater. Ihr könnt mir vertrauen!«
Ronder legte seine Hand auf die Schulter des älteren Mannes. »Avetar. Guter Freund! Ich würde dir mein Leben anvertrauen, aber das ist ein Weg, den ich selbst gehen muss.«
»Bitte ...«
»Nein!«
Karem sah, dass es Ronder ernst war. Zum ersten Mal gab er einen Befehl, der nicht unmittelbar mit einer Schlacht zu tun hatte.
»Fesselt den Fürsten!«
Ronder wollte sich wehren, aber er war zu schwach, um ernsthaft Widerstand leisten zu können. Avetar und Sandor zurrten ihn auf seiner Liege fest.
»Was soll das?«, fragte der Fürst ärgerlich. »Bindet mich los!«
Karem beugte sich über ihn. Auf seinem Gesicht stand ein warmes Lächeln. »Avetar und ich werden alles in deinem Sinne mit dem König regeln. Also mach dir keine Sorgen.«
»Du bist ein undankbarer Hundesohn!«, zischte Ronder wütend.
»Das mag sein, aber wenn ich zulasse, dass du mit uns reitest und du mir tot vom Pferd fällst ...« Karems Lächeln wurde zu einem Grinsen. »Ich glaube kaum, dass mir meine Schwester das verzeihen würde.«
Ohne weiter auf Ronders Proteste einzugehen, verließen er und die Generäle das Zelt.
Jawelar nutzte die Gelegenheit, um seinen Patienten etwas heiße Suppe anzubieten.
»Ich will jetzt nichts essen!«, brummte der Fürst.
Aus Jawelars Gesicht verschwanden die Falten, als er vergnügt einen Löffel füllte. »Entweder Ihr macht den Mund auf und esst, oder Ihr werdet in der Hühnerbrühe gebadet.«
Ronders Augen wurden zu schmalen Schlitzen. »Ich werde mir dein Verhalten gegenüber deinem Herrscher merken!«, drohte er.
Der Heiler kicherte leise. »Das will ich hoffen, denn ich erwarte eine reiche Belohnung für meine Bemühungen. Ihr seid ein äußerst schwieriger Patient und nun macht bitte den Mund auf.«
15.
Als sie den vereinbarten Ort, eine kleine Waldlichtung, erreichten und kein Verhandlungszelt und auch sonst keine Menschenseele sahen, beschlich die Gruppe eine düstere Vorahnung.
General Avetar, der ebenso wie sein Sohn Drewes neben Karem ritt, ließ anhalten.
»Irgendetwas stimmt hier nicht!«, raunte er.
»Vielleicht sind wir zu früh«, bemerkte Karem.
»Nein!« Die Augen des Generals schweiften über den nahen Waldrand. Er entdeckte eine Bewegung in den Schatten des Waldes und wollte die anderen warnen, aber da zischte ein Pfeil heran und durchschlug seine Kehle.
Sandor stürmte in
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