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Das Flüstern des Windes (German Edition)

Das Flüstern des Windes (German Edition)

Titel: Das Flüstern des Windes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wekwerth
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um sie auf Abstand zu halten.
    In ihm brandete unsagbarer Hass auf. Das einzige Wesen, für das er jemals so etwas wie Freundschaft empfunden hatte, lag hilflos im Dreck, während der Regen auf ihn niederprasselte. Jemand hatte beschlossen, dass ihr Gold mehr wert war als ihr Leben.
    Von Karems Lippen löste sich ein Schrei, der aus der Tiefe seiner geschundenen Seele kam.
    Die Männer starben in wenigen Augenblicken.
    Karem tötete sie einen nach dem anderen.
     
     

13.
     
    Sechs Legionäre waren notwendig gewesen, um den bewusstlosen Ork zurück in die Katakomben zu schleppen, in denen die kaiserliche Gladiatorenschule untergebracht war und in der sie Unterkunft gefunden hatten. Crom lag auf mehrere Decken gebettet auf dem Steinboden. Er war zu groß und zu schwer für jede Liege, mochte sie auch noch so stabil sein. Sein Atem ging flach und stoßweise.
    Harsius, der Leiter der Schule, war vor einer Stunde in die Altstadt gegangen, um einen Heiler herbeizuholen, der nach dem Ork sehen sollte. Nun kehrte er gerade zurück. In seinem Schlepptau trippelte ein kleiner, dürrer Mann von nicht schätzbarem Alter, der das blaue Gewand der Heilkundigen trug. Ohne Karem zu begrüßen, ging er zu Crom. Er hob die Augenlider an, lauschte mit dem Kopf auf der Brust des Orks nach dessen Atem und untersuchte seine Zunge.
    Wenige Minuten später stand er vor Karem. Seine mit braunen Altersflecken gesprenkelte Hand fuhr durch das graue Haar, während er sich nachdenklich am Schädel kratzte.
    Karem wagte aus Angst vor der möglichen Antwort nicht, eine Frage zu stellen.
    »Es sieht schlecht aus!«, meinte der Heiler ohne Umschweife. »Er zeigt alle Anzeichen einer schweren Vergiftung. Den Symptomen nach müsste er von einer Schlange gebissen worden sein. Seine Zunge ist gelb verfärbt und seine Glieder starr wie Eisen. Ich kenne die Schlange, von der dieses Gift stammt, es ist eine Pfeilotter. Ein sehr seltenes Tier in seiner Heimat, den Wüsten Omraks. Wie diese Schlange oder ihr Gift hierher gekommen ist, verstehe ich nicht, wohl aber die Wirkungsweise des Giftes. Als ich ein junger Mann war, diente ich unter dem Vater des jetzigen Imperators Gaius Cassius, der damals der befehlshabende General einer Strafexpedition gegen die Völker Omraks war. Der Anführer der Feinde, ein Mann namens Halif Sud wies seine Bogenschützen an, ihre Pfeile mit dem Gift dieser Otter zu tränken. Viele Legionäre starben hilflos in meinen Armen, bevor wir diesem Treiben ein Ende setzen konnten. Immer waren die Anzeichen die gleichen; Atemschwierigkeiten, Schweißausbrüche und Herzstillstand. Ich vermute, dass dieses Gift auf den Kreislauf des Blutes wirkt. Sobald das Blut ein Körperorgan oder ein Glied durchfließt, lähmt es dieses. Der Körper ist der Kreis, den die Götter um das Sein jedes einzelnen Menschen geschaffen haben. Unterbricht man diesen Kreis, stirbt der Mensch.«
    »Wird er sterben?«, fragte Karem leise.
    »Ich weiß es nicht. Ein Mensch wäre längst tot, aber dieses riesige Wesen? Wer ahnt auch nur, wie es geschaffen ist? Ich werde einen Sud aus Heilkräutern zubereiten, den du ihm einflößen musst. Während des Feldzuges habe ich diese Medizin entwickelt, aber das Gift war im Körper der verletzten Legionäre schon zu weit fortgeschritten, bis man sie mir vom Schlachtfeld brachte und so konnte ich nie feststellen, ob der Sud wirklich heilt. Auf jeden Fall lindert er die Schmerzen und hilft dem Vergifteten beim Atmen!«
    »Ich werde alles tun, was du sagst!«, versprach Karem.
     
    Zwei Tage lang schwebte Crom zwischen Leben und Tod, aber dann war es überstanden.
    Karem hatte bei ihm gewacht. Alle drei Stunden hatte er den Sud aufgekocht und Crom das bittere Getränk eingeflößt. Nun waren seine Augen gerötet und dunkle Ringe zeichneten sich darunter ab.
    Croms Blick richtete sich verständnislos auf ihn. Karem kniete neben ihm nieder. Seine Hand fuhr sanft über das breite Gesicht des Orks.
    »Es ist alles gut, mein Freund!«, flüsterte er.
    »Was ist gut? Warum wir nicht kämpfen? Warum Crom schlafen?«
    »Du bist krank gewesen.«
    »Krank?«
    Karem erzählte ihm, was geschehen war. In Croms roten Augen blitzte Grausamkeit auf, als er begriff, dass ihn Suladi hatte vergiften wollen.
    »Du hast Männer in Arena getötet?«
    »Ja, sie starben schnell!«
    »Du bist ein großer Kämpfer! Jetzt du brauchst nicht mehr Crom, den hässlichen Ork.«
    Der junge Mann lachte befreit auf. »Oh, Crom. Wir haben kein Geld mehr. Die

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