Das Flüstern des Windes (German Edition)
aber als sie sich umdrehte und ihn ansah, wandte er sich ab.
»Karem, ich muss mit dir reden«, sagte sie leise.
Sein Kopf ruckte hoch.
»Warum hast du mich Tiveritus abgekauft?«
Er zuckte die Schultern. »Das war ich dir schuldig.«
»Nein!«, entgegnete sie bestimmt. »Du warst mir nie etwas schuldig.«
Als sie sah, dass er sich wieder abwandte, stieg heiße Wut in ihr auf. Karem behandelte sie nicht anders als die wohlhabenden Römer, die für ihren Körper bezahlt hatten. Für diese Männer war sie kein lebendiges Wesen gewesen, das Gefühle besaß, sondern nur ein Stück Fleisch, an dem man sich vergnügte.
Sie sprang auf. Das Licht des Feuers spiegelte sich in ihren Augen. »Gut!«, zischte sie. »Du hast mich gekauft wie ein Stück Vieh. Ich bin dein! Nimm mich, wann immer dir danach ist. Ich bin deine Sklavin!«
Als Karem diese Worte hörte, verlor er die Beherrschung. Mit einem wilden Schrei warf er sich auf sie. Unter seinen groben Händen zerriss der dünne Stoff ihres Gewandes. Ihre Brüste schimmerten weiß, als er auch den Unterrock zerfetzte. Mit Gewalt spreizte er ihre Beine und drang schmerzhaft in sie ein. Lelina hielt die Augen geschlossen. Sie wehrte sich nicht. Sein Keuchen drang in ihr Ohr, während sie stumm weinte.
Es dauerte nicht lange. Karems angestaute Verzweiflung entlud sich in ihr.
Hastig wälzte er sich von ihr herunter. Sein Mund formte entschuldigende Worte, aber er sprach sie nicht aus. Hilflos stand er da und blickte auf ihren geschändeten Körper herab. Er sah die Demütigung, die sie erlitten hatte, als sie ihn stumm ansah. Sie war so unglaublich schön, so sanft, so zerbrechlich und er hatte ihr Vertrauen missbraucht.
Voller Hass auf sich selbst wickelte er sich in seine Decke. Der Schlaf kam und brachte ihm schreckliche Alpträume. Als Karem am nächsten Morgen erwachte, schmeckte er sein eigenes Blut. Er hatte sich im Schlaf die Lippen zerbissen.
Von dieser Nacht an sprachen sie überhaupt nicht mehr miteinander. Lelina war zu sehr verletzt und die enttäuschte Liebe brannte in ihrem Inneren. Karem war verzweifelt. Wie hatte er so etwas Schreckliches nur tun können? Er liebte Lelina. Er liebte sie so sehr.
In all den einsamen Stunden, in denen er mit Crom durch das Land gezogen war, um in den Arenen fremder Städte zu kämpfen, hatte er sich nach ihr gesehnt. Sein Verlangen nach ihrer Nähe hatte ihn fast in den Wahnsinn getrieben.
Nun, als das Leben zum ersten Mal seit langer Zeit etwas Raum für Hoffnung ließ, versank er in Bitterkeit. Der Verlust Croms hatte ihn mehr getroffen, als er es für möglich gehalten hätte und so sehr er auch Lelina liebte, er konnte ihr seine Gefühle nicht gestehen. Zu groß war die Angst, auch sie eines Tages zu verlieren, so wie er schon seine Familie und seine einzigen Freunde verloren hatte. In seiner Verzweiflung war er über sie hergefallen wie ein wildes Tier, und dafür begann er, sich zu hassen.
Er hatte alles zerstört, was jemals zwischen ihnen gewesen sein mochte.
2.
Lelina hatte den Namen des Ortes, in dem sie aufgewachsen war, nie vergessen. Farwen lag in der Nähe einer größeren Stadt, und eine bekannte Handelsstraße führte mitten durch das Dorf hindurch, so dass ihnen viele der Menschen, denen sie unterwegs begegneten, den Weg weisen konnten.
Die dunklen Wälder lagen hinter ihnen. Seit Tagen war es stetig bergauf gegangen, und nun lag eine weite, grüne Hochebene vor ihnen.
Ein kleiner, silbern schimmernder Fluss schlängelte sich durch sanfte Hügel, auf denen Rinder und Schafe weideten. Die Sonne schien weich auf diese friedliche Landschaft herab und ließ Lelina all die Schrecken vergessen, die hinter ihr lagen.
Das Haus ihres Vaters lag außerhalb des Ortes inmitten eines kleinen Birkenhaines. Das mit Holzschindeln bedeckte Dach wirkte verwahrlost, und die Hecke, die den Garten umschloss, war größer geworden, aber ansonsten hatte sich nichts verändert; alles war noch so, wie sie es in Erinnerung hatte.
Als sie den schmalen Pfad hinauf zum Haus gingen, sah Lelina ihren Vater zum ersten Mal seit über zehn Jahren. Er stand neben der Scheune. In seiner rechten Hand baumelte eine Axt, während er mit der linken ein großes Eichenscheit auf dem Holzklotz zurechtrückte. Die Axt funkelte im Licht, als er das Scheit spaltete.
Er hatte sie noch nicht entdeckt und fuhr unbeirrt in seiner Tätigkeit fort. Lelina betrachtete ihn liebevoll. Er war noch der gleiche groß gewachsene Mann,
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