Das Flüstern des Windes (German Edition)
rief er hinüber. Mehrere der anwesenden Männer hatten die Bemerkung verstanden und lachten nervös. Karem beachtete sie nicht.
»Essen schmeckt seltsam!«, war Croms einziger Kommentar.
»Dann iss es nicht! Nicht jeder mag die omrakische Küche mit ihren scharfen Gewürzen.«
»Nicht scharf, schmeckt süß. Wie Honig.«
»Ich denke, du magst Honig?«
»Honig? Ja! Trotzdem ...«
Crom warf die Keule in eine Ecke des Raumes und schob die Platte von sich.
Bevor sich Karem weiter Gedanken machen konnte, erklang von draußen das Fanfarensignal, das sie zum Kampf rief.
Der unaufhörliche Regen hatte den Sandboden der Arena in ein glitschiges Schlammloch verwandelt. Schon nach wenigen Schritten waren er und Crom bis auf die Haut durchnässt. Das Wasser lief über ihre Gesichter und in ihre Augen, so dass sie ihre Gegner erst erkennen konnten, als sie nur noch wenige Meter voneinander trennten. Die Zuschauer brüllten aus vollem Hals und schafften es sogar, das Prasseln des Regens zu übertönen.
Karem wandte kurz den Kopf zur einzigen Tribüne des Ovals, aber bis auf ein paar bunte Farbflecken konnte er hinter den grauen Schleiern nichts entdecken.
Irgendwo oben auf der Tribüne gab der vom Kaiser eingesetzte Stadthalter das Signal zum Kämpfen.
Drei Männer von unterschiedlicher Größe und Statur standen ihnen gegenüber. Sie schienen erfahrene Gladiatoren zu sein, denn ihre Gesichter und ihre Körper wiesen zahlreiche alte und neue Narben auf.
Sie hielten sich leicht vorgebeugt, die Füße fest in den Schlamm gegraben, um nicht den Halt zu verlieren. Zwei von ihnen trugen Schwerter, der Dritte hatte eine Waffe, wie sie Karem noch nie zuvor gesehen hatte. Sie ähnelte einem zwei Meter langen Speer, nur dass sie vollkommen aus Metall gearbeitet war und sich in drei bewegliche Teile gliederte. Der Mann hielt das Mittelteil mit beiden Fäusten umklammert und schwang die beiden anderen Teile wie Dreschflegel über seinen Kopf. Karem nahm sich vor, ihn besonders im Auge zu behalten.
Irgendetwas in ihrem Verhalten ließ ihn misstrauisch werden. Zuerst konnte er sich nicht erklären, was es war, aber dann traf ihn die Erkenntnis mit der Wucht eines Hammers. Ihre Gesichter zeigten keine Angst beim Anblick des Orks. Im Gegenteil, Zuversicht und Selbstvertrauen spiegelte sich in ihren Mienen.
Karem hatte schon gegen viele tapfere Männer in der Arena gestanden. Einige von ihnen hatten Crom todesmutig angegriffen, aber sie alle waren beim ersten Anblick dieses riesigen Wesens zusammengezuckt und waren beeindruckt gewesen. Diese Männer aber schienen weder verunsichert noch besonders beeindruckt.
Langsam rückten sie näher, hielten aber einen Abstand ein, der ihnen den Freiraum ließ, einer Attacke auszuweichen.
Warum griffen sie nicht an? Ihre zahlenmäßige Überlegenheit machte nur dann Sinn, wenn sie selbst die Initiative übernahmen.
»Karem ...«, grollte die Stimme des Orks neben ihm.
»Was?«, zischte er, ohne den Blick von ihren Gegnern zu wenden.
»Crom hat Schmerzen!«
Der Satz war kaum zu Ende gesprochen, als der Ork die Axt fallen ließ und auf die Knie sank. Sein riesiger Oberkörper schwankte hin und her und für einen kurzen Moment sah es aus, als würde er sich wieder erheben, aber dann fiel er mit dem Gesicht voraus in den Schlamm und bewegte sich nicht mehr.
Die Menschenmenge, die wegen des starken Regens die Kämpfer nur undeutlich erkennen konnte, jubelte auf. Anscheinend dachte man auf den Rängen, eine Waffe habe den Ork niedergestreckt.
Karems Kopf zuckte herum.
»Crom, was ist los? Steh auf!«, brüllte er verzweifelt. Aber ein kurzer Blick und er wusste, dass der Ork nicht aufstehen würde. Crom war entweder tot oder bewusstlos.
In Karems Geist wirbelten Bilder auf. Er sah Suladi den Geldwechsler, wie er dem Wächter etwas zugesteckt hatte, der ihnen später das Essen gebracht hatte. Croms Gesicht stand vor seinen Augen, wie er das Fleisch angestarrt hatte. Und nun war ihm auch klar, warum ihre Gegner keine Angst zeigten. Sie hatten etwas gewusst, was ihnen nur Suladi selbst hatte verraten können. Das Essen war vergiftet gewesen. Der Omrak hatte sie betrogen und vorgehabt, sie hilflos ihren Gegnern auszuliefern. Nur der Umstand, dass er wegen seines nervösen Magens nichts gegessen hatte, gab ihnen noch eine kleine Überlebenschance.
Die drei Männer grinsten selbstbewusst, als sie Karem umringten. Er ließ sein Schwert ein paar Mal durch kleine Handgelenksbewegungen wirbeln,
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